Ford setzt seinen erfolgreichen Transporter Transit unter Strom
Mit drei Radständen, zwei Dachhöhen und 25 Konfigurationsmöglichkeiten will das E-Nutzfahrzeug allen Ansprüchen von Gewerbekunden genügen
Nutzfahrzeuge sind seit jeher die Domäne von Ford. Bereits seit 1905 versorgt das USUnternehmen Gewerbekunden mit maßgeschneiderten Transportlösungen. Die Rolle eines Global Player spielt in diesem Bereich die Baureihe Transit, die seit 58 Jahren gebaut und heute weltweit in etwa 1 800 Kompetenzzentren des Unternehmens angeboten wird. Damit das auch so bleibt, lässt Ford den europaweit meistverkauften Transporter im Zwei-Tonnen-Segment nunmehr auch als vollelektrische Variante vorfahren.
„Der Übergang zu Nutzfahrzeugen mit Null-Emissionen, besonders im rasant wachsenden innerstädtischen Lieferverkehr, ist entscheidend, um unser Ziel zu erreichen, bis zum Jahr 2050 CO2-neutral zu sein“, sagt Jim Farley, Präsident und CEO der Ford Motor Company. Im Gegensatz zu elektrifizierten Personenwagen, wo sich das Unternehmen bislang noch nicht sonderlich hervorgetan hat, setzt der Konstrukteur hingegen die Elektrifizierung seiner Nutzfahrzeug-Baureihen konsequent fort, die mit dem preisgekrönten, im EinTonnen-Nutzlastbereich angesiedelten Transit Custom Plug-in-Hybrid und dem Transit EcoBlue Hybrid eingeleitet wurde. Zeitgemäße Software und vernetzte Lösungen, die sich nahtlos in den Betriebsalltag integrieren lassen, sollen dabei „den Gewerbekunden helfen, ihr Geschäft spürbar effizienter zu führen“, so Farley weiter.
Bei dem Neuling mit Heckantrieb handelt es sich um eine komplette Ford-Eigenentwicklung mit einer neu konstruierten Hinterachse und einer Heavy-Duty-Einzelradaufhängung. Die Lithium-Ionen-Akkus haben eine Kapazität von 68 Kilowattstunden. In der Basis-Version mobilisiert der Elektromotor eine Leistung von 135 kW (184 PS), ist aber auch als Performance-Variante mit 198 kW (269 PS) im Angebot. Beide Antriebe haben aber ein maximales Drehmoment von 430 Nm. Diese Werte machen den E-Transit Ford zufolge zum europaweit leistungsstärksten Transporter im entsprechenden Segment der vollelektrischen Nutzfahrzeuge.
Viele Ladelösungen
Ausgestattet ist der Elektro-Transporter mit einer Vielzahl an Ladelösungen für zu Hause, im Betrieb oder für unterwegs auf der Straße. Dabei verfügt er sowohl über eine Wechselstrom- als auch über eine Gleichstrom-Ladefunktion. Dank einer Kapazität von 11,3 kW kann das Bord-Ladegerät (Wechselstrom) die Batterie innerhalb von acht Stunden vollständig aufladen. Besonders leistungsfähig soll die Gleichstrom-Schnellladefunktion sein, deren Kapazität von bis zu 115 kW ein Aufladen des Batterie-Packs in rund 34 Minuten von 15 auf 80 Prozent ermöglicht.
Keine Abstriche gibt es beim Ladevolumen. Ford zufolge schluckt der E-Transit ebenso viel wie die vergleichbaren Dieselversionen (zwischen 9,5 und 15,1 Kubikmeter). Hierfür haben die Ingenieure insbesondere das Fahrwerk im Heck überarbeitet, infolgedessen außerdem die Lenkpräzision, das Handling und die Traktion sowohl im beladenen Zustand als auch bei Leerfahrten verbessert wurden.
Beim neuen E-Transit haben die Kunden die Auswahl aus insgesamt 25 Konfigurationsmöglichkeiten, basierend auf drei
Radständen und zwei Dachhöhen – je nach Bedarf als Kastenwagen, als Kastenwagen mit Doppelkabine für bis zu sechs Personen oder als Fahrgestell (Basisfahrzeug) für maßgeschneiderte Aufbauten. Die angestrebte Nutzlast beträgt bei den Kastenwagenmodellen bis zu 1 616 Kilogramm und bei den Fahrgestellen bis zu 1 967 Kilogramm. Das maximal zulässige Gesamtgewicht liegt bei 4,25 Tonnen.
Bordeigene Energieversorgung
Auf Wunsch kann der im Ford-Otosan-Gölcük-Werk im türkischen Kocaeli gebaute ETransit mit einem On-Board-Generator ausgestattet werden, der auf die Batterie zugreift und maximal 2,3 kW leistet. Dieses System kann zum Beispiel für die Kühlung der Ladung genutzt werden oder für den Betrieb von Geräten und Werkzeugen, für die sonst ein eigenes Stromaggregat erforderlich wäre. Als weiteres Feature lässt sich der E-Transit vor Fahrtantritt vortemperieren – also noch im Stand während des Ladevorgangs
an der Steckdose heizen oder kühlen. Der Fahrer startet somit mit der vorgewählten Temperatur und mit voller Batterie – „eine sinnvolle Funktion zur Maximierung der Reichweite“, wie es bei Ford heißt.
Wie die vom Konstrukteur in seiner Werbung versprochene kombinierte Reichweite von bis zu 317 Kilometern gemäß WLTP-Fahrzyklus indes erreicht werden soll, ist aber nur schwer nachzuvollziehen. Bei voll aufgeladener Batterie stellt der Bordcomputer unseres Testwagens mit Einzelkabine, mittlerem Radstand und mittelhohem Dach nämlich lediglich knapp 200 Kilometer Autonomie in Aussicht. Obwohl wir meistens innerorts und auf Landstraßen kurzzeitig höchstens 90 km/h schnell sowie zudem ohne Ladung unterwegs sind, liegt unser durchschnittlicher Verbrauch schon bei 29 kWh/100 km, was knapp der Hälfte der Batteriereserve entspricht. Dass die Rekuperation die Reichweite etwas vergrößern vermag, ist wohl gewusst – aber keinesfalls in dem Ausmaß!
Realistischer sind dagegen die Angaben im Datenblatt, denen zufolge der E-Transit zwischen 237 und 263 Kilometer schaffen soll. Gestört hat uns zudem, dass der Platz für das ausreichend lange Ladekabel unter dem Mittelsitz sehr eng bemessen ist.
Unter den vielen Assistenzsystemen sind hingegen besonders die vier Kameras hervorzuheben, die eine 360-Grad-Rundumsicht ermöglichen. Von Vorteil ist auch der Assistent, der das Fahrzeug beim rückwärts aus einer Lücke Herausfahren abbremst, sollte sich von der Seite ein Verkehrsteilnehmer nähern. Trotz seiner eher unvorteilhaften Karosserieform halten sich Abroll- und Windgeräusche in Grenzen. Auch wenn er nicht primär fürs Reisen konzipiert wurde, ist der Ford E-Transit dennoch ein überaus komfortables Arbeitsgerät, das dank seines Antriebs zudem stets rasch Fahrt aufnimmt. Je nach Motorleistung beginnen die Preise für den nur in der Ausstattungsvariante Trend erhältlichen Ford E-Transit bei 66 485 bzw. 68 971 Euro.