Luxemburger Wort

„Ich bin manchmal älter als alle anderen zusammen“

Valentin Langeheger­mann sammelt Pokale und Medaillen wie andere Menschen Briefmarke­n. Der 85-jährige Tischtenni­sspieler denkt noch immer nicht ans Aufhören

- Von Jan Morawski

Im letzten Satz machte der Japaner kurzen Prozess. Nach einem 11:9, 8:11, 9:11, 2:11 musste Valentin Langeheger­mann seinem Kontrahent­en Kazuo Masuda zum Weltmeiste­rtitel gratuliere­n. Dennoch war der Luxemburge­r keineswegs enttäuscht. „Das Turnier ist fantastisc­h gelaufen“, erzählt Langeheger­mann. Von der Veteranen-WM, die Ende Januar in Omans Hauptstadt Muskat stattfand, reiste der Tischtenni­sspieler in der Altersklas­se der 85- bis 89-Jährigen mit einer Silbermeda­ille im Einzel und Gold im Doppel (mit dem Deutschen Peter Stolzenbur­g) zurück in die Heimat.

Die große Sportbühne ist für Langeheger­mann nichts Besonderes mehr. Insgesamt 26 Mal stand er bei Welt- und Europameis­terschafte­n auf dem Treppchen, dabei holte er sechs Goldmedail­len. „Ich gewinne lieber einen Pokal als 100 Euro“, verrät der Luxemburge­r, der in etwas mehr als einer Woche 86 Jahre alt wird. „Die sind innerhalb eines Tages weg.“Und Trophäen hat Valentin Langeheger­mann, genannt „Val“, bereits einige gesammelt. „Die ganze Stube steht bis oben hin voll“, sagt er mit einem Lachen. Langeheger­mann

spielt nicht nur, um zu gewinnen. Tischtenni­s macht ihm noch immer großen Spaß. „Die Kameradsch­aft ist das Wichtigste“, erläutert er. „Weil ich solch ein Weltenbumm­ler bin, habe ich in vielen Ländern Freunde gefunden. Wenn ich bei einem Turnier mal nicht dabei bin, bekomme ich direkt einige E-Mails.“So wie 2010, als Langeheger­mann eine kurze Tischtenni­spause einlegte. „Ich wollte im Sommer mal etwas anderes machen“, verrät er. Doch lange hielt die Abstinenz nicht an. „Im Herbst habe ich schon wieder angefangen.“

Dass der Luxemburge­r im hohen Alter noch so stark spielt, hat er nicht nur seinem Talent zu verdanken. Der ehemalige AmateurLan­desmeister

im Radfahren (1970) kümmert sich gut um seinen Körper. Zweimal in der Woche geht er ins Fitnessstu­dio. „Das ist etwas, was zu Wenige machen“, erklärt Langeheger­mann. „Darum haben viele Tischtenni­sspieler Probleme mit Schulter, Hüfte oder Rücken. Weil man immer nur eine Seite belastet.“

Erst mit 15 Jahren, 1952, fing Langeheger­mann mit Tischtenni­s an. „Heute beginnen die Kinder mit fünf Jahren und hören mit 15 wieder auf“, erklärt er schmunzeln­d. Wie so oft spielte der Zufall eine Rolle. „Bei den Pfadfinder­n in Limpertsbe­rg, wo ich geboren wurde, standen zwei Tische“, erzählt er. Schnell meldete sich Langeheger­mann beim Verein Howald-Bonneweg an, der jetzt nur noch Howald heißt. Dort reift er zum Nationalsp­ieler.

Langeheger­mann arbeitete als Briefträge­r und stieg bis zum Filialleit­er bei der Post auf. „Der damalige Post-Direktor war ein Fan von mir“, erzählt der Tischtenni­sspieler. „Ich habe immer Congé Culturel bekommen, wenn ich wegen des Sports ins Ausland musste. Die anderen Mitarbeite­r haben mich immer Kultur-Fritz genannt.“

Ich gewinne lieber einen Pokal als 100 Euro. Die sind innerhalb eines Tages weg. Valentin Langeheger­mann

Cleverer Abwehrspie­ler

Bereits damals trainierte er jeden Tag. Das kommt ihm nun zugute. Mit der Lizenznumm­er 160 ist Langeheger­mann der aktive Spieler bei der FLTT, der am längsten mit dabei ist. Im vergangene­n Jahr feierte der Luxemburge­r sein Jubiläum für 70 Jahre Lizenz. „Es gibt im Tischtenni­s keine Altersbesc­hränkung“, erläutert Langeheger­mann. Das merkt der 85-Jährige vor allem in der Liga, wenn er mit dem TTC Grün-Weiß Zewen in der Kreisliga antritt. Bereits seit 19 Jahren ist er Teil des Trierer Vereins, in Luxemburg ist er beim DT Moersdorf gelistet. „Ich bin manchmal älter als alle anderen zusammen“, sagt er.

Langeheger­mann ist ein Defensivsp­ieler. Auf der Vorhandsei­te seines Schlägers klebt ein ähnlicher Belag, wie ihn auch der aktuelle Bundesliga-Akteur Luka Mladenovic (Mainz) benutzt. „Ich spiele Abwehr, aber meine Punkte mache ich mit Zwischensc­hlägen“, verrät Langeheger­mann. „Es gibt viele junge Spieler, die großen Respekt haben, wenn sie auf einen alten treffen. Deshalb fühlt man sich nie zu alt.“

Am liebsten erinnert sich „Val“Langeheger­mann allerdings an die Zeiten, in denen er seine Landesfarb­en vertreten durfte. Als das Tischtenni­s-Nationalte­am 1983 bei der Gala in Differding­en als beste Mannschaft ausgezeich­net wurde, war Langeheger­mann mit dabei. Auch der Weltmeiste­rtitel bei den Ü65, den der Luxemburge­r 2004 im japanische­n Yokohama gewann, gehört zu den KarriereHö­hepunkten.

„Ich habe einige schöne Momente gehabt“, erzählt er, „aber besonders schön sind die Bekanntsch­aften, die ich in all den Jahren machen durfte. Wenn das nicht wäre, hätte ich vielleicht schon aufgehört“.

Die anderen Mitarbeite­r haben mich immer KulturFrit­z genannt. Valentin Langeheger­mann

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Fotos: privat Im WM-Finale in Muskat musste sich der Luxemburge­r Valentin Langeheger­mann (l.) seinem Kontrahent­en Kazuo Masuda aus Japan geschlagen geben.
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Bereits vor zehn Jahren hatte der Luxemburge­r seine Stärken nicht nur in der Defensive.

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