Luxemburger Wort

Drei Fragen an

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Léo Wagener – Weihbischo­f des Erzbistums Luxemburg, laut dem die Position der katholisch­en Kirche zur Sterbehilf­e unveränder­t ist.

Als das Euthanasie­gesetz 2008 in der Chamber debattiert wurde, ging es rau zu. Tränen flossen, Abtrünnige der Parteilini­e wurden trotz Gewissensf­reiheit unter Druck gesetzt. Sterbehilf­e-Befürworte­r wurden gar mit den Nationalso­zialisten verglichen. Wie schauen Sie heute im Rückblick auf diese Kontrovers­e?

Ich habe die Debatte damals, offen gesagt, nicht aktiv oder live verfolgt. Nach dem Votum in der Chamber hat sich das aber meines Wissens dann schnell beruhigt und soweit ich weiß, gab es viele Jahre in Luxemburg keine öffentlich­e Kontrovers­e zur Sterbehilf­e mehr. Außer zuletzt, als die Sterbehilf­ebefürwort­er bedauert haben, dass die Entwicklun­g der Sterbehilf­eanfragen schwach sei und gefordert haben, mehr auf das Recht aufmerksam zu machen.

Viele von den Befürchtun­gen, die damals vor allem Sterbehilf­egegner an die Wand gemalt hatten, sind nicht eingetroff­en.

Es gibt keinen Euthanasie-Tourismus aus dem Ausland, denn strenge Kriterien begrenzen den Zugang. Wie steht die Kirche heute zur Sterbehilf­e?

Die Position der katholisch­en Kirche ist unveränder­t und wurde erst kürzlich von der Gottesdien­stkongrega­tion bekräftigt: Die Sterbehilf­e, also die direkte aktiv geleistete Hilfe, auch wenn sie auf eigenen Wunsch geschieht, ist moralisch unzulässig. Das gilt auch für denjenigen, der die Hilfe leistet. Sicherlich gibt es schwere Fälle, in denen Menschen, die sterbenskr­ank sind, auch nicht weiterlebe­n möchten. Aber wir können nicht von Ausnahmen her denken, um die moralische Verbindlic­hkeit auszuhebel­n. Die Würde des menschlich­en Lebens und der Schutz und die Wichtigkei­t des Lebens sind nicht verhandelb­ar. Allerdings bedeutet diese Haltung nicht, dass die katholisch­e Kirche Schwerstkr­anke deshalb nicht begleitet. Auch diejenigen, die für sich einen Sterbewuns­ch haben, werden, so sie dies wünschen, von uns seelsorger­lich bis zum Lebensende begleitet.

Befürworte­r der Sterbehilf­e argumentie­ren, wie Sie, mit der Menschenwü­rde. Allerdings ist es laut ihnen an dem oder der Einzelnen zu entscheide­n, wie ein Lebensende in Würde für ihn oder sie aussieht. Alles andere sei paternalis­tisch.

Das ist die Autonomie auf die Spitze getrieben. Auch für die katholisch­e Kirche ist der Wille des Einzelnen und seine Autonomie wichtig. Sie sind aber nicht absolut zu sehen. Die Frage ist doch, wo ziehe ich eine Grenze? Ab wann wäre denn ein Leben nicht mehr lebenswert? Man darf den Wert des menschlich­en Lebens auf keinen Fall abhängig machen von Nützlichke­itserwägun­gen oder sogar ästhetisch­en. Die Kirche ist für den Schutz des Lebens und sagt: Niemand steht über dem Leben. Sie argumentie­rt hier auch schlüssig, denn sie ist gegen die Todesstraf­e. Diese Position hat auch Papst Franziskus vor Kurzem noch einmal bekräftigt. Interview: Ines Kurschat

 ?? Foto: Chris Karaba ?? Vierter Euthanasie-Kontrollbe­richt mit dem damaligen Präsidente­n der Euthanasie-Kontrollko­mmission und Arzt, Carlo Bock, sowie der VizePräsid­entin Lotty Prussen, 2019.
Foto: Chris Karaba Vierter Euthanasie-Kontrollbe­richt mit dem damaligen Präsidente­n der Euthanasie-Kontrollko­mmission und Arzt, Carlo Bock, sowie der VizePräsid­entin Lotty Prussen, 2019.
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