Aussagen aus der Mottenkiste
Mit Erstaunen und Bestürzung habe ich den Leserbrief von Herrn Schaack (Luxemburger Wort, 15. Februar 2023) gelesen. Er nimmt darin auf das Interview mit der Psychologin und Psychotherapeutin Susanne Stroppel Bezug und leitet daraus ab, dass Eltern, die Kinder unter vier Jahren in die Krippe schicken, das Kindeswohl gefährden und dafür verantwortlich sind, dass eine Generation von verhaltensauffälligen Kindern heranwächst. Er stellt berufstätige Mütter, die Krippen in Anspruch nehmen, sogar auf eine Stufe mit der Mutter von Bianca Bisdorff, die kürzlich wegen Totschlags verurteilt wurde.
Solche Schlussfolgerungen lassen sich keinesfalls aus dem besagten Interview ziehen, in dem es vor allem um die Bindung der Kinder, den Betreuungsschlüssel in den Krippen und um die Qualifikationen des Personals ging. Die befragte Expertin äußerte allenfalls die Meinung, dass es besser sei, Kinder unter 12 Monaten zu Hause zu betreuen. Umso erstaunlicher ist es, dass das Luxemburger Wort die irreführenden Aussagen von Herrn Schaack unkommentiert stehenlässt. (Anm. der Redaktion: Leserbriefe stellen keine redaktionelle Meinungsäußerung dar. Mit dem Abdruck von Leserbriefen wollen wir den gesellschaftlichen Diskurs über Themen unterstützen.)
Doch damit nicht genug. Die Schlussfolgerung von Herrn Schaack ist, Mütter müssten ihre natürliche und seit Tausenden von Jahren etablierte Aufgabe erfüllen und sich zu Hause um die Kinder kümmern. Väter seien hierzu nicht in der Lage. Solche Aussagen kommen direkt aus der Mottenkiste der 30er- bis 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts und sollten auch dortbleiben. Oder, um Frau Stroppel zu zitieren: „Nicht das alte traditionelle Familienmodell – da will niemand mehr hin, sondern etwas Modernes, das der Vielfalt von Familie gerecht wird“.
Jan Weisser, Sandweiler
Dies ist eine Reaktion zum Leserbrief „Des enfants perturbés, qui auront de graves difficultés à s’intégrer“vom 15. Februar 2023, die selbst eine Reaktion zum Artikel „Das ist staatlich organisierte Kindeswohlgefährdung“vom 11. Februar 2022 war.