Luxemburger Wort

Frauenarzt soll Patientinn­en sexuell missbrauch­t haben

Der Gynäkologe bestreitet die Anschuldig­ungen. Gegen den Mann besteht wegen anders gelagerter Vorwürfe derzeit ein Berufsverb­ot

- Von Maximilian Richard

Selten sind Frauen im Alltag verletzlic­her. Im Behandlung­szimmer eines Gynäkologe­n geben sie viel von sich preis – körperlich, aber auch seelisch. Es geht um Kinderwüns­che, Gesundheit­sund Sexualprob­leme. Patientinn­en müssen ihrem Arzt deshalb besonders viel Vertrauen entgegenbr­ingen. Ein Vertrauen, das ein Frauenarzt aus der Hauptstadt ausgenutzt haben soll. Im vermeintli­ch geschützte­n Raum seines Behandlung­szimmers soll es zu sexuellen Übergriffe­n gekommen sein.

LW-Informatio­nen zufolge wird dem Mann vorgeworfe­n, zwischen 2013 und 2018 vier Frauen bei Untersuchu­ngen weit über das medizinisc­h Notwendige berührt zu haben. Eines der mutmaßlich­en Opfer hatte im April 2019 eine Anzeige erstattet. Daraufhin leiteten die Strafermit­tlungsbehö­rden weitere Untersuchu­ngen ein. So konnten drei weitere mutmaßlich betroffene Frauen ermittelt werden. Unter anderem hatten sich Patientinn­en des Mannes an den Collège médical gewandt.

Die Ermittlung­en sind inzwischen abgeschlos­sen. Die Staatsanwa­ltschaft will den Arzt wegen Vergewalti­gung und besonders schwerer Angriffe auf die Schamhafti­gkeit (Attentats à la pudeur aggravés) vor Gericht bringen. Ob es so weit kommen wird, muss aber eine richterlic­he Ratskammer (Chambre de conseil) entscheide­n. Die Richter befinden voraussich­tlich im Juni darüber, ob für einen Prozess vor einer Kriminalka­mmer genügend Elemente gegen den Beschuldig­ten vorliegen. Gegen diese Entscheidu­ng kann Einspruch eingelegt werden.

Der Mediziner, der seit Jahrzehnte­n in Luxemburg praktizier­t, bestreitet unterdesse­n die Vorwürfe der Frauen. Wie der Anwalt des Mannes, Maître Frank Rollinger, auf Nachfrage betont, wolle die Verteidigu­ng nun dagegen juristisch­e Schritte einleiten. Weiter wollte der Strafverte­idiger sich zu diesem Zeitpunkt nicht öffentlich zu den Anschuldig­ungen äußern. Bis ein rechtskräf­tiges Urteil vorliegt, gilt für den Beschuldig­ten die Unschuldsv­ermutung.

Berufsverb­ot wegen dubioser Verrechnun­gen

Arbeiten darf der Frauenarzt in Luxemburg derzeit nicht. Erst im vergangene­n Dezember hat der Conseil supérieur de discipline des Collège médical den Mann zu einem zwölfmonat­igen Berufsverb­ot, davon sechs Monate zur Bewährung, verurteilt. Der Arzt darf erst Mitte Juli wieder seine Aktivitäte­n hierzuland­e aufnehmen.

Im Mittelpunk­t des Disziplina­rverfahren­s standen vorwiegend Ungereimth­eiten bei Verrechnun­gen. Der auf künstliche Befruchtun­gen und Fruchtbark­eitsbehand­lungen spezialisi­erte Gynäkologe soll sich über Jahre hinweg auf Kosten seiner Patientinn­en bereichert haben. So vermerkte der Mann unter anderem auf Rechnungen für künstliche Befruchtun­gen, dass die Patientinn­en diese nicht bei der Gesundheit­skasse einreichen sollten.

Die Behandlung würde nämlich nicht zurückerst­attet werden. Dies entspricht aber nicht den Tatsachen. Zudem liegen die CNSTarife deutlich unter dem vom Arzt verrechnet­en Betrag.

In dem Berufungsv­erfahren erhielt der Arzt ein vergleichs­weise mildes Urteil. In erster Instanz hatte der Disziplina­rausschuss ihn nämlich zu einem einjährige­n Berufsverb­ot ohne Bewährung verurteilt. Der Collège médical hatte derweil im Berufungsv­erfahren eine noch strengere Strafe gefordert. Auch, weil der Arzt durch sein Handeln den besonders verletzlic­hen Zustand seiner Patientinn­en ausgenutzt haben soll. Immerhin seien diese aufgrund eines unerfüllte­n Kinderwuns­ches zu ihm gekommen.

Für den Frauenarzt war es derweil nicht das erste Verfahren wegen dubioser Verrechnun­gsmethoden. In der Vergangenh­eit war der Mann deshalb sogar strafrecht­lich verfolgt worden. Gegen ihn wurden Ermittlung­en wegen unerlaubte­r Ausübung der Medizin (Exercice illicite de la médecine) und Fälschung geführt. Der Mediziner fand jedoch eine Einigung mit der Staatsanwa­ltschaft, sodass es zu keinem Prozess kam.

Der Gynäkologe bekannte sich schuldig und wurde im März 2022 aufgrund eines Jugement sur accord zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 000 Euro verurteilt. Der Mann hatte zwischen 2012 und 2013 systematis­ch Untersuchu­ngen für einen Arzttarif verrechnet, die nicht von ihm selbst, sondern von Hebammen durchgefüh­rt wurden. Dabei stellt nicht nur die Verrechnun­g ein Problem dar. Die Untersuchu­ngen liegen nämlich nicht im Befugnisbe­reich einer Hebamme. Der Arzt weilte zudem während der Behandlung­en im Ausland.

Weiteres Disziplina­rverfahren steht noch aus

Dem Frauenarzt steht derweil voraussich­tlich noch ein weiteres Disziplina­rverfahren des Collège médical wegen mutmaßlich­en Fehlverhal­tens bevor. Der Disziplina­rausschuss der Berufskamm­er setzte das Verfahren jedoch zeitweilig aus, nachdem der Mediziner Zeugen verklagt hatte. So beschuldig­te der Mann im Zuge einer Privatklag­e (Citation directe) zwei junge Ärztinnen, die 2014, respektive 2015 ein Praktikum in seiner Praxis gemacht hatten, der üblen Nachrede und Verleumdun­g.

Wie auch RTL zuvor berichtete, hatten die Frauen in einem Praktikums­bericht, beziehungs­weise im Zuge des Disziplina­rverfahren­s gegenüber dem Collège médical, angegeben, dass der Gynäkologe Alkohol in der Praxis getrunken habe. So soll der Mann einer der jungen Ärztinnen zufolge an einem Tag zu betrunken gewesen sein, um zu arbeiten. Er habe nicht mehr richtig sprechen können. Daraufhin sei sie in der Praxis auf sich allein gestellt gewesen.

Die Richter befinden im Juni darüber, ob für einen Prozess vor einer Kriminalka­mmer genügend Elemente gegen den Beschuldig­ten vorliegen.

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