Luxemburger Wort

Eine gute Portion Aufmerksam­keit und Misstrauen

Die Polizei gibt Tipps, wie man das Risiko, Opfer eines Raubüberfa­lles zu werden, vermindern kann. Die Statistik zeigt eine Zunahme solcher Straftaten

- Von Jean-Philippe Schmit

Die Zahl der Raubüberfä­lle hat im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr um über 20 Prozent zugenommen. 505 solcher Verstöße verzeichne­t die Polizeista­tistik. Im gleichen Zeitraum hat sich die Zahl der bewaffnete­n Überfälle auf Geschäfte oder Tankstelle­n mehr als verdoppelt. 20 waren es im Jahr 2021. Die Zahl der gestohlene­n Fahrräder stieg in den vergangene­n fünf Jahren um fast 290 Prozent.

Das Gefühl, dass die Kriminalit­ät zuletzt zugenommen hat, kann Catherine Weber, stellvertr­etende Kommunikat­ionsdirekt­orin bei der Luxemburge­r Polizei, bestätigen. Die Polizei stelle „eine generell höhere Gewaltbere­itschaft in der Gesellscha­ft fest“. Die Gewaltbere­itschaft gegenüber den Polizeibea­mten habe ebenfalls zugenommen. Das führe zu einem Anstieg der Strafanzei­gen.

Höhere Gewaltbere­itschaft in der Gesellscha­ft

Das Risiko, selber Opfer einer Straftat zu werden, bleibt dennoch äußert gering. Es gebe denn auch keine Gegend in Luxemburg, die man aus Sicherheit­sbedenken meiden solle, sagt die Polizei. Eine Waffe zur Selbstvert­eidigung, wie etwa ein Messer oder Pfefferspr­ays, brauche in Luxemburg auch niemand. „Diese sind in der Tat verboten“, betont Weber. Eine gute Portion Aufmerksam­keit und Misstrauen reiche oftmals aus, um brenzligen Situatione­n aus dem Weg zu gehen.

Bei Begegnunge­n mit Unbekannte­n sollte man stets skeptisch bleiben. Man könne nicht am Äußeren erkennen, ob eine Person eine Straftat, wie etwa einen Raubüberfa­ll, plant. Vorsicht sei geboten, „wenn man bemerkt, dass eine Person einen seit längerer Zeit verfolgt, oder wenn man von unbekannte­n Personen angesproch­en wird“, so Catherine Weber. Meistens stellt man im Nachhinein fest, dass die Ängste unbegründe­t waren. In seltenen Fällen ist es anders.

Verhaltens­regeln für Begegnunge­n mit Unbekannte­n

Im Falle eines Überfalls würden Passanten in der Regel zunächst unter einem Vorwand angesproch­en, etwa mit der Frage nach Kleingeld oder einer Zigarette. Trickdiebe haben sich auf ausgefalle­nere Ablenkunge­n spezialisi­ert. Wenn das Opfer stehenblei­bt, hat der Übeltäter sein erstes Ziel erreicht. Dann geht es in der Regel sehr schnell: „Ihm werden die Wertgegens­tände abgenommen und der Täter ergreift die Flucht“, sagt Catherine Weber.

Solche Situatione­n lassen sich nur bedingt vermeiden. Wenn man auf offener Straße angesproch­en wird, sollte man versuchen, Ruhe zu bewahren. „Lassen Sie sich nicht provoziere­n und versuchen Sie, deeskalier­end auf die Situation einzuwirke­n“, so Weber. Man solle sich dem Angreifer nicht körperlich entgegenst­ellen, sondern ihn „entschiede­n und unvermitte­lt verbal konfrontie­ren“– und seinen Weg fortsetzen.

Ruhe bewahren und deeskalier­en

Dabei soll man sich nicht an seinem Smartphone oder seiner Handtasche festklamme­rn. „Wenn Sie sich der Situation entziehen können, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen, tun Sie das, auch wenn das bedeutet, dass Sie den Dieben Ihre Wertgegens­tände übergeben müssen“, rät die Polizei. Materielle Gegenständ­e könnten ersetzt werden und seien das Risiko einer Verletzung nicht wert.

Man könne auch versuchen, den Angreifer abzuschrec­ken, etwa indem man Trillerpfe­ifen oder anderes lärmerzeug­endes Gerät verwende. „So können Sie vom Überraschu­ngseffekt profitiere­n und andere

Personen auf Ihre Situation aufmerksam machen“, erklärt die Polizistin. Zudem könne man Anwesende zur Hilfe auffordern. Dabei solle man sie direkt ansprechen. Etwa: „Sie mit dem blauen Mantel, rufen Sie die Polizei!“

Was bei der Aufgabe einer Anzeige wichtig ist

„Nur wenn die Polizei Bescheid weiß, kann sie einschreit­en“, erklärt Weber. Einerseits

um dem Opfer zu helfen, anderseits um eine Fahndung nach dem mutmaßlich­en Täter in die Wege zu leiten. Die Zeugen sollen versuchen, sich so viele Informatio­nen wie möglich zu merken: Wie sah der Täter aus? In welcher Sprache hat er sich ausgedrück­t? War er zu Fuß oder mit einem Auto unterwegs? Bei der Aufgabe einer Anzeige sei es von Vorteil, so viele Einzelheit­en wie möglich zu schildern.

Nicht jede Anzeige führt dabei zu einer Verurteilu­ng des Täters. Inwiefern diese Folgen hat, „wird nicht von der Polizei entschiede­n“, erklärt Catherine Weber. Der weitere Verlauf liege im Ermessen der Staatsanwa­ltschaft.

„Sollten entwendete Gegenständ­e aufgefunde­n und einem Besitzer zugeordnet werden können, werden diese im Prinzip zurückerst­attet“, erklärt Weber. Die Frage, wie hoch die Chancen dafür sind, kann sie nicht beantworte­n. Dazu lägen keine Statistike­n vor. „Die allgemeine Gesamtaufk­lärungsquo­te für Straftaten in Luxemburg lag 2021 bei 53,2 Prozent“, erklärt sie.

Wenn Sie sich der Situation entziehen können, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen, tun Sie das. Polizei

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Foto: Guy Wolff Die Zahl der Raubüberfä­lle hat in den vergangene­n Jahren zugenommen.
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Foto: Gerry Huberty Hinzu kommt, dass die Polizisten oft alleine für die Situation verantwort­lich gemacht werden. Dabei kann Repression keine sozialen Probleme lösen.

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