Erschütternde Bilder aus dem Iran der 1980er-Jahre
Berlin. Was bedeutet es, in einem autoritären Staat wie dem Iran aufzuwachsen? Wie lebt es sich als Jugendlicher in einem Land, das in einen blutigen Krieg involviert ist? Und vor allem, was macht dieser unaufhaltsame Terror mit den Menschen? Diesen Fragen nähert sich der Animationsfilm „La Sirène“(engl. Titel „The Siren“) auf bewegende und zugleich erschütternde Weise an.
Die luxemburgische Koproduktion (BAC Cinéma) eröffnete am Donnerstag die Kategorie „Panorama“– Guy Daleiden posierte für die Weltpremiere zusammen mit der iranischen Regisseurin Sepideh Farsi auf dem roten Teppich der Berlinale. Der Film, der sich keineswegs nur an ein junges Publikum richtet, sondern vielmehr als Erwachsenenfilm gesehen werden kann, wird zusätzlich in der Sektion „Generation“gezeigt.
„La Sirène“entpuppt sich als eine Mischung aus Coming-ofAge-Story und historischem Kriegsdrama. Der ca. 100 minütige Film erzählt die Geschichte des 14-jährigen Omids, dessen Heimatstadt – die iranische Ölmetropole Abadan – unter Raketenbeschuss vonseiten Iraks steht. Viele flüchten schnellstmöglich aus der Stadt, andere leisten Widerstand und gehen sogar an die Front. Darunter auch Omid und sein Bruder.
Hintergrund ist der Erste Golfkrieg. Diesen wollte die Regisseurin, wie sie in einem Interview mit dem „Luxemburger Wort“erzählt, bewusst in den Fokus setzten. Dabei sind die Szenen, die sich in Abadan der 1980er-Jahre in „La Sirène“abspielen, keineswegs reine Fiktion. Vieles beruht auf realhistorischen Fakten, selbst einige der Figuren, so Sepideh Farsi.
Dass ein Animationsfilm derart erschütternde Bilder aufgreift und damit so unter die Haut geht, das erlebt man selten. Selbst die wenigen eingebauten Märchenelemente ändern daran nichts. Als Zuschauer steht man, ähnlich wie die Figuren im Film, ständig unter Strom: Wann geht die nächste Rakete nieder? Wo wird sie einschlagen? Wen wird sie diesmal treffen?
Mit „La Sirène“setzt die Berlinale nach einem unpolitischen Eröffnungsfilms nun ein deutliches politisches Zeichen, aber auch ein weiteres Augenmerk auf eine Produktion einer iranischen Regisseurin und die Geschichte ihres Herkunftslandes. Damit rücken die aktuellen Geschehnisse im Iran in den Blick. nos