Warum es eine Aufklärung zur Pandemie braucht
Für die meisten ist die Pandemie nur noch kalter Kaffee. Weder Politik noch Gesellschaft beschäftigen sich noch wirklich mit dem Virus, dessen Eindämmung jahrelang fast alle Lebensbereiche beeinflusste. Ein Fehler, denn die nächste Pandemie ist nur eine Frage der Zeit. Umso wichtiger wäre es, die Schutzmaßnahmen nachträglich zu analysieren und aus Fehlern zu lernen. Die Einsetzung eines unabhängigen Untersuchungsausschusses sollte deshalb eine Selbstverständlichkeit sein.
Eine kritische politische Auseinandersetzung mit den Maßnahmen blieb bislang weitgehend aus. Nur die Virus-Cluster in Altenheimen führten 2021 zu hitzigen Diskussionen im Parlament. Es folgte die Einsetzung eines Gremiums, dessen Abschlussbericht kaum wichtige Erkenntnisse brachte. Virologe Prof. Dr. Claude P. Muller fand damals klare Worte: „Sogar dort, wo Schlussfolgerungen möglich gewesen wären, bleibt der Bericht unambitiös und gefällig, und die wichtigen Fragen bleiben unbeantwortet.“
Weder das Parlament noch die Regierung tritt für eine objektive Aufarbeitung der letzten Jahre ein. Mit absurden Folgen: Die Diskussion wird ausgerechnet der Bewegung der Impf- und Maßnahmengegner überlassen und die Verbreitung von Falschinformationen gefördert.
Eine Petition der Bewegung, die die Einsetzung eines unabhängigen Corona-Untersuchungsausschusses fordert, wird wohl den Weg ins Parlament finden. Der Antrag fußt auf abwegigen Argumenten, sein Urheber stellt offen die Existenz der Corona-Pandemie infrage. Die Grundidee, der Wunsch nach Aufklärung, bleibt aber legitim. Denn notgedrungen ist in den vergangenen Jahren nicht immer alles optimal gelaufen.
Die Pandemie war eine bisher unvergleichbare Notsituation. Und so waren auch die Eindämmungsmaßnahmen in vielerlei Hinsicht absolutes Neuland. Umso wichtiger wäre es, nochmals die Effizienz der Maßnahmen zu bewerten. Insbesondere, da viele die persönlichen Freiheiten der Bürger stark eingeschränkt haben. So gilt zum Beispiel die Wirkung der nächtlichen Ausgangssperre als umstritten. Aber auch in anderen Bereichen, wie etwa der Organisation der Impfkampagne, gab es Probleme. So setzte die Regierung vergleichsweise spät auf eine erste Booster-Impfung für die breite Bevölkerung, sodass es zeitweise zu Engpässen kam. Ein Untersuchungsausschuss könnte für zukünftige Notlagen wichtige Erkenntnisse liefern. Die nächste Pandemie ist nämlich unausweichlich. Nicht ohne Grund behalten Forscher die aktuelle Entwicklung der Vogelgrippe genau im Blick.
Die Chancen für die Einsetzung eines Ausschusses stehen aber schlecht. Und das nicht nur, weil 2023 ein Wahljahr ist. Auch unabhängig von der Corona-Krise tut man sich hierzulande mit dem Eingestehen von Fehlern schwer. So lehnten die Koalitionsparteien eine unabhängige Aufarbeitung des Hochwassers im Sommer 2021 trotz Versagen der Warnsysteme ab. „E gudden Iesel stéisst sech nëmmen ee Mol“, lautet ein Sprichwort. Längst nicht jeder scheint es zu kennen.
Die Diskussion wird der Bewegung der Impfund Maßnahmengegner überlassen.