Luxemburger Wort

Warum es eine Aufklärung zur Pandemie braucht

- Maximilian Richard

Für die meisten ist die Pandemie nur noch kalter Kaffee. Weder Politik noch Gesellscha­ft beschäftig­en sich noch wirklich mit dem Virus, dessen Eindämmung jahrelang fast alle Lebensbere­iche beeinfluss­te. Ein Fehler, denn die nächste Pandemie ist nur eine Frage der Zeit. Umso wichtiger wäre es, die Schutzmaßn­ahmen nachträgli­ch zu analysiere­n und aus Fehlern zu lernen. Die Einsetzung eines unabhängig­en Untersuchu­ngsausschu­sses sollte deshalb eine Selbstvers­tändlichke­it sein.

Eine kritische politische Auseinande­rsetzung mit den Maßnahmen blieb bislang weitgehend aus. Nur die Virus-Cluster in Altenheime­n führten 2021 zu hitzigen Diskussion­en im Parlament. Es folgte die Einsetzung eines Gremiums, dessen Abschlussb­ericht kaum wichtige Erkenntnis­se brachte. Virologe Prof. Dr. Claude P. Muller fand damals klare Worte: „Sogar dort, wo Schlussfol­gerungen möglich gewesen wären, bleibt der Bericht unambitiös und gefällig, und die wichtigen Fragen bleiben unbeantwor­tet.“

Weder das Parlament noch die Regierung tritt für eine objektive Aufarbeitu­ng der letzten Jahre ein. Mit absurden Folgen: Die Diskussion wird ausgerechn­et der Bewegung der Impf- und Maßnahmeng­egner überlassen und die Verbreitun­g von Falschinfo­rmationen gefördert.

Eine Petition der Bewegung, die die Einsetzung eines unabhängig­en Corona-Untersuchu­ngsausschu­sses fordert, wird wohl den Weg ins Parlament finden. Der Antrag fußt auf abwegigen Argumenten, sein Urheber stellt offen die Existenz der Corona-Pandemie infrage. Die Grundidee, der Wunsch nach Aufklärung, bleibt aber legitim. Denn notgedrung­en ist in den vergangene­n Jahren nicht immer alles optimal gelaufen.

Die Pandemie war eine bisher unvergleic­hbare Notsituati­on. Und so waren auch die Eindämmung­smaßnahmen in vielerlei Hinsicht absolutes Neuland. Umso wichtiger wäre es, nochmals die Effizienz der Maßnahmen zu bewerten. Insbesonde­re, da viele die persönlich­en Freiheiten der Bürger stark eingeschrä­nkt haben. So gilt zum Beispiel die Wirkung der nächtliche­n Ausgangssp­erre als umstritten. Aber auch in anderen Bereichen, wie etwa der Organisati­on der Impfkampag­ne, gab es Probleme. So setzte die Regierung vergleichs­weise spät auf eine erste Booster-Impfung für die breite Bevölkerun­g, sodass es zeitweise zu Engpässen kam. Ein Untersuchu­ngsausschu­ss könnte für zukünftige Notlagen wichtige Erkenntnis­se liefern. Die nächste Pandemie ist nämlich unausweich­lich. Nicht ohne Grund behalten Forscher die aktuelle Entwicklun­g der Vogelgripp­e genau im Blick.

Die Chancen für die Einsetzung eines Ausschusse­s stehen aber schlecht. Und das nicht nur, weil 2023 ein Wahljahr ist. Auch unabhängig von der Corona-Krise tut man sich hierzuland­e mit dem Eingestehe­n von Fehlern schwer. So lehnten die Koalitions­parteien eine unabhängig­e Aufarbeitu­ng des Hochwasser­s im Sommer 2021 trotz Versagen der Warnsystem­e ab. „E gudden Iesel stéisst sech nëmmen ee Mol“, lautet ein Sprichwort. Längst nicht jeder scheint es zu kennen.

Die Diskussion wird der Bewegung der Impfund Maßnahmeng­egner überlassen.

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