Dominik Eulberg rettet die Natur und bringt Menschen zum Tanzen
Der Musiker aus dem Westerwald führt ein Leben zwischen Stadt und Land, laut und leise, Beats und Biologie. In Luxemburg tritt er mit seiner „Biodiversitätsshow“auf
Dominik Eulberg führt ein Leben zwischen zwei Polen: Auf der einen Seite ist er der gefeierte Techno-DJ, der nachts durch die Clubs tingelt und Tanzflächen auf der ganzen Welt beschallt. Auf der anderen ist er studierter Biologe, dem die Themen Naturschutz und Artenvielfalt am Herzen liegen. In seinen Tracks, in die er Tier- und Naturgeräusche einfließen lässt, führt er beide Welten zusammen. Am 24. Februar macht er im Rahmen seiner neuen Show im Kulturzentrum Neimënster Station.
Dominik Eulberg, welche Leidenschaft hat Sie zuerst gepackt? Die für die Biologie oder die für die Musik?
Ich bin aufgewachsen ohne Medien, ohne Fernseher und tatsächlich auch ohne Musik. Die hat mich auch gar nicht interessiert, bis ich zum ersten Mal elektronische Musik gehört habe. Für mich war Mutter Natur schon immer die größte Künstlerin von allen. Diese Form- und Farbvielfalt, dieses Überbordende, das ist einfach unglaublich. Elektronische Musik bildet den Fluss des Lebens sehr gut ab, ein ewiger Strom, der einen mitreißt. 1993 habe ich angefangen, Synthesizer zu kaufen. Ich hatte zwei Kassettendecks, einmal mit Technoklängen, einmal mit Tierstimmen, die ich aufgenommen hatte. Da war es naheliegend, das Ganze miteinander zu verknüpfen.
Können Sie erklären, wie Ihre Alben entstehen?
Ich suche mir immer ein Thema aus der Natur aus, das ich gerne behandeln möchte. Auf „Avichrom“waren es zuletzt die Farben der Vögel. Zu elf Farben kann man namentlich eine heimische Vogelart finden, also sind es elf Tracks geworden. Das gibt mir einen wunderbaren roten Faden, ein Korsett, ohne das ich nicht gut klarkommen würde. Musikmachen ist ja nichts anderes wie die Selektion aus unendlich vielen Optionen und man kann auch schnell darin ertrinken. Das Entertainmentsystem Natur ist jeden Tag neu aufgestellt und man muss nur mit offenen Sinnen rausgehen. Ich schnappe mir dann mein Aufnahmegerät und nehme die Tierstimmen auf.
Sind Sie lieber im Club oder in der Natur?
Ich brauche beides. Zwei oder drei Mal pro Woche trete ich in der Regel mit unterschiedlichen Formaten auf. Wenn ich als Techno-DJ unterwegs bin, wissen viele Leute gar nicht, dass ich auch Biologe bin. Andererseits halte ich auch Vorträge auf Wissenschaftsfestivals oder in Museen, wo die Gäste nicht wissen, dass ich auch Techno-DJ bin. Das finde ich ganz spannend.
Für mich persönlich ist das ein Kreislauf der Energien. Mit der Musik kann ich die Leute glücklich machen, Brot für die Seele backen. Irgendwann ist es aber auch genug mit „Bumm, Bumm, Bumm“und mir steht der Sinn nach etwas Sinnhafterem. Dann halte ich einen Vortrag oder verziehe mich ins stille Kämmerlein oder gehe raus für eine tiefe Recherche. Irgendwann ist es dann aber wieder genug mit dem Gelaber und ich will wieder Musik machen. Unterm Strich finde ich das sehr heilsam, weil ich so verschiedene Bedürfnisse befriedige.
Was können Ihre Gäste beim Auftritt in der Abtei Neumünster erwarten?
Wie der Name schon sagt, ist es eine Biodiversitätsshow. Eine Kombination aus wissenschaftlichem Vortrag, Naturaufnahmen und Techno-Live-Set. Das Thema ist im Grunde genommen Naturschutz. Und Naturschutz ist Menschenschutz, Nachfahrenschutz. Die Natur braucht keinen Babysitter. Wenn ein Planet einmal mit Leben infiziert ist, geht das meist nicht mehr so schnell weg. Ich kann kilometertief bohren und finde da immer noch irgendwelche Mikroben, auch im dicksten Eispanzer steckt Leben. Wir sägen aber hier gerade den Ast ab, auf dem wir sitzen. Die habitable Zone für den Homo sapiens verkleinern wir selbst und drohen nun als Homo suicidalis zu enden.
Wir befinden uns gerade im sechsten Massenaussterben. Ich erkläre, was Biodiversität ist und zeige, dass ihr Verlust viel größere Auswirkungen auf unsere Lebensqualität haben wird als die Klimakrise.
Eine intakte Biodiversität ist eine Lebensversicherung für uns. Unser Weltbild ist sehr anthropozentrisch, wir leben aber in einem hoch elaborierten Netzwerk, in dem alles in feinster Balance voneinander abhängt. Man kann es mit einem Uhrwerk vergleichen. Wenn dort ein Zahnrad herausbricht, kann das zum Stillstand des ganzen Systems führen. Ich versuche den Leuten auch Handlungsanweisung und Werkzeuge an die Hand zu geben, mit denen man wirklich etwas bewirken kann.
Sehen Sie sich als eine Art Vermittler?
Ich überbringe diese wichtigen Fakten in einer niedrigschwelligen und lustvollen Art und Weise – mit Musik, Animationen und tollen Visuals. Und ich möchte auch die Bühne, die mir als arrivierter Künstler geboten wird, nutzen, um etwas zu bewirken. Ich erreiche ein anderes Publikum und was ich noch wichtiger finde: Ich kann das Kind beim Namen nennen. Mir sind Forschungs- oder Fördergelder schnurzpiepegal, weil ich mein Geld mit meiner Musik verdiene. Ich kann zum Beispiel sagen, dass ich es sehr bedenklich finde und für egoistisch halte, eine Hauskatze zu haben. Durch sie sterben alleine in Deutschland jedes Jahr bis zu 200 Millionen Singvögel. In Publikationen von Naturschutzorganisationen findet man darüber so gut wie keine Beiträge, weil sie eben auf finanzielle Zuwendungen angewiesen sind und oft nicht wollen, dass die Leute sich empören. Bei mir ist das anders.
Irgendwann ist es dann aber wieder genug mit dem Gelaber und ich will wieder Musik machen.