Luxemburger Wort

Armee stellt Skandal-Arzt ein

Notfallmed­iziner ist in Belgien wegen Betrugs vorbestraf­t und angeklagt, Covid-Zertifikat­e gefälscht zu haben

- Von Annette Welsch

Wer im Privatsekt­or durch die Bewerbungs­prozedur kommt, muss spätestens zum Erhalt des Arbeitsver­trags ein Führungsze­ugnis vorlegen. Strenger noch müsste es im öffentlich­en Dienst zugehen. Nach „Wort“-Informatio­nen fiel im vergangene­n Herbst bei der Anstellung eines Arztes für die Luxemburge­r Armee allerdings erst dem Collège médical (s. Info-Box unten) bei der Genehmigun­gsprozedur auf, dass der Beschäftig­te in Belgien vorbestraf­t ist und weitere Verfahren anhängig sind. Da hatte der Arzt seine Arbeit bereits aufgenomme­n.

Dr. Mouhamadou Diagne ist Notfallmed­iziner. Der gebürtige Senegalese sorgte mehrmals für Schlagzeil­en in belgischen Medien. So flog im November 2021 auf, dass er in Wallonien, Flandern und Brüssel in 2 020 Fällen gegen Entgelt falsche Covid-Zertifikat­e für Personen ausgestell­t hatte, die nie geimpft worden waren. Zwischen 200 und 1 000 Euro hatte er dafür verlangt. Ein „wahrer Gesundheit­sskandal“, wie die wallonisch­e Gesundheit­sministeri­n Christie Morreale sich damals ausdrückte. Nach zwei Monaten Präventivh­aft wurde er mit einer elektronis­chen Fußfessel entlassen und unter Hausarrest gestellt. Dieses Verfahren gegen den geständige­n Arzt läuft derzeit noch.

Auffällig geworden war er aber bereits 2018, als er Bekannte um Geld betrog. Im Mai 2022 wurde er deswegen vom Strafgeric­ht in Lüttich wegen Fälschung, Betrugs und Steuerbetr­ugs zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt: Er soll von mehreren seiner Bekannten einige Tausend Euro geliehen haben, die er nie zurückzahl­te und mit denen er seine Spielsucht befriedigt­e. Mindestens drei seiner Opfer erstattete­n Anzeige. Er soll zudem Geld mit Sextapes erpresst haben, meldete „L'Avenir“im April 2022. Seine Approbatio­n als Arzt wurde ihm damals nicht entzogen; er sollte sich allerdings auch einer Therapie unterziehe­n, um seine Spielsucht in den Griff zu bekommen.

Die Direction de la Défense dementiert die Anstellung nicht, sie mauert aber bei Nachfrage. So kam zunächst auf die „Wort“-Anfrage hin, ob, ab wann und unter welchem Statut Dr. Diagne angestellt wurde, die Antwort, dass aus Datenschut­zgründen im Detail geprüft werden müsse, ob diese Daten veröffentl­icht werden dürfen. Die Anfrage beinhalte Fragen zu sensiblen oder persönlich­en Daten. Zwei Tage später hieß es: „Aktuell ist Dr. Diagne in keiner Form für die Armee aktiv. Aus rechtliche­n Gründen können wir nicht mehr dazu sagen.“

Mit den Informatio­nen über die kriminelle Energie und dass diese erst nach der Einstellun­g auffiel, konfrontie­rt, kam auf diverse weitere Detailfrag­en wiederum die Antwort aus der Verteidigu­ngsdirekti­on: „Wie bereits in meinen vorherigen Antworten erklärt, kann ich Ihnen aus Datenschut­z- und Vertraulic­hkeitsgrün­den nicht auf Ihre Fragen antworten.“

Welche rechtliche­n Gründe gegen eine Antwort sprechen, wurde nicht erklärt. Genauso wenig, welche Art Arbeitsver­trag Dr. Diagne bekam, denn medizinisc­hes Personal kann bei der Armee als verbeamtet­er Armeearzt, als Angestellt­er oder als Dienstleis­ter angestellt werden, der nach Stundenloh­n vergütet wird. Auch die Fragen, ob er kein Führungsze­ugnis vorlegen musste, ob er jemals in Luxemburg praktizier­t hat, ob er seine kriminelle Vergangenh­eit verschwieg­en hat und ob der Vertrag Gegenstand einer juristisch­en Auseinande­rsetzung ist, bleiben im Raum stehen.

Dabei musste sich Dr. Diagne beim Interview in der ersten Novemberwo­che 2022 den Fragen der Rekrutieru­ngsjury stellen, dem führende Offiziere sowie Vertreter der Armee-Personalab­teilung und der medizinisc­hen Abteilung angehörten. Kurz danach nahm er die Arbeit auf. Nach „Wort“-Informatio­nen wurde er in der zweiten Woche Dezember nach dem Hinweis seitens des Collège médical aus seinem Büro auf dem Herrenberg abgeholt, musste seine Zutrittska­rte zur Kaserne abgeben und seine E-Mailadress­e wurde gesperrt. Das sei „sehr schnell und ohne Krach“über die Bühne gegangen.

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Foto: Shuttersto­ck Manchmal hilft schon googeln, wenn man keine böse Überraschu­ngen beim Rekrutiere­n erleben will.

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