Biden beschwört in Polen die Stärke der NATO
In Warschau versichert der US-Präsident der Ukraine nicht nur die Unterstützung des Westens – er spricht auch eine Warnung an Putin aus
US-Präsident Joe Biden hat Russland bei einer Rede in Warschau vor einem Angriff auf die NATO gewarnt und die Stärke des Verteidigungsbündnisses beschworen. „Jedes Mitglied der NATO weiß es, und Russland weiß es auch: Ein Angriff gegen einen ist ein Angriff gegen alle. Es ist ein heiliger Eid, jeden Zoll NATO-Gebiet zu verteidigen“, sagte Biden gestern Abend am Warschauer Königsschloss anlässlich des bevorstehenden ersten Jahrestags des Kriegsbeginns in der Ukraine. Kremlchef Präsident Wladimir Putin habe bezweifelt, dass die NATO nach dem russischen Angriff auf die Ukraine vereint bleiben könne. „Aber es sollte kein Zweifel bestehen, dass unsere Unterstützung für die Ukraine nicht wanken wird. Die NATO wird nicht gespalten, und wir werden nicht müde“, sagte der US-Präsident.
Das Warschauer Königsschloss gilt als Symbol der im Zweiten Weltkrieg einst großteils zerstörten und später wiederaufgebauten Stadt. Nur wenige Stunden zuvor hatte Kremlchef Putin in Moskau eine Rede zur Lage seiner Nation gehalten und die Aussetzung des letzten großen Atom-Abrüstungsvertrags angekündigt.
Biden machte nun erneut deutlich, dass das Bekenntnis der Vereinigten Staaten zum NATO-Bündnis und zu Artikel Fünf felsenfest sei. In Artikel Fünf ist geregelt, dass sich die Bündnispartner verpflichten, bei einem bewaffneten Angriff gegen einen oder mehrere von ihnen Beistand zu leisten. Die Unterstützung für Kiew werde nicht versiegen, betonte Biden. Der Krieg habe den Westen gestärkt und zudem auch Finnland und Schweden in die Arme der NATO getrieben, sagte er. „Die Ukraine wird niemals ein Sieg für Russland sein.“
„Stolz“, „aufrecht“und „frei“
Biden kündigte außerdem neue Sanktionen noch in dieser Woche an, „die alle Verantwortlichen dieses Kriegs zur Rechenschaft ziehen“. Es gehe darum, Gerechtigkeit für die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit herzustellen, die von den Russen weiterhin begangen würden.
Der US-Präsident wandte sich in seiner Rede schließlich an die Menschen in Russland. „Die Vereinigten Staaten und die europäischen Nationen wollen Russland nicht kon
trollieren oder zerstören“, sagte er an sie gerichtet. Der Westen habe vor Kriegsbeginn nicht vorgehabt, Russland anzugreifen, wie Putin behaupte. „Jeder Tag, an dem der Krieg weitergeht, ist seine Entscheidung. Er könnte den Krieg mit einem Wort beenden. Es ist ganz einfach.“
Die angegriffene Ukraine schwor Biden darauf ein, dass es weiterhin „harte und sehr bittere Tage, Siege und Tragödien“geben werde. Der 80-Jährige kam auch auf seine Reise nach Kiew am Montag zu sprechen. „Vor einem Jahr bereitete sich die Welt auf den Fall von Kiew vor“, betonte er. Er habe sich aber nun vor Ort davon überzeugen können, dass Kiew stark sei. Die ukrainische Hauptstadt stehe „stolz“, „aufrecht“und „frei“. Biden war unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen
nach Kiew gereist und hatte gemeinsam mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj symbolträchtige Orte in der Millionenmetropole besucht.
US-Präsenz als Element der Sicherheit
Es ist bereits Bidens zweite Rede vor der historischen Schlosskulisse in Warschau. Der USPräsident hatte das Nachbarland der Ukraine zuletzt Ende März 2022 besucht, rund einen Monat nach Ausbruch des Kriegs. Schon damals hatte der Ukraine Beistand versichert und Kremlchef Putin scharf angegriffen.
Polens Präsident Andrzej Duda hatte zuvor betont, er sehe die Anwesenheit von US-Truppen als wichtiges Element der Sicherheit seines Landes. In dem östlichen NATO- und EUMitgliedsland befinden sich nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Washington bereits etwa 11 000 US-Soldaten, die meisten auf Rotationsbasis. Die Regierung in Warschau hofft auf eine noch größere US-Militärpräsenz. dpa
Die Ukraine wird niemals ein Sieg für Russland sein. US-Präsident Joe Biden