Vom Hydrohub in Völklingen profitiert auch Luxemburg
Ein Elektrolyseur für mehrere Tausend Tonnen Wasserstoff ist geplant – am grenzüberschreitenden Verteilernetz beteiligt sich ebenfalls Encevo
Schreckensnachrichten und Freudenbotschaften wechseln derzeit im Saarland einander ab. So schließt Ford seine große Autofabrik in Saarlouis; auch die Stahlindustrie und zuletzt der große Autozulieferer ZF Getriebe haben jeweils einen deutlichen Stellenabbau angekündigt. Auf der anderen Seite wurde im vergangenen Monat verkündet, dass eine große Fabrik für Computerchips ins Saarland kommen wird.
Vor dem Hintergrund dieses Großprojekts ging fast etwas unter: Nicht nur Luxemburg plant die Produktion von „grünem“Wasserstoff. Auch jenseits der Mosel wird eine große Anlage errichtet. Im benachbarten Saarland soll ein sogenannter „Hydrohub Völklingen-Fenne“entstehen. Die geplanten Investitionen lagen ursprünglich bei 50 Millionen Euro. Aber aktuell heißt es, dass deutlich mehr Geld eingesetzt werden wird: Inzwischen wird von rund 125 Millionen Euro gesprochen. Zum Vergleich: Im Rahmen des europäischen „Hydrogen Valley“-Vorhabens soll in Niederkerschen für rund 105 Millionen Euro ein Elektrolyseur entstehen. Im klammen Saarland wird also noch etwas mehr in grünen Wasserstoff investiert.
Dabei hängen die neuen Chancen unmittelbar von den untergehenden Industrien ab. Weil alte Kraftwerke und andere Industrieanlagen vorhanden, gut erschlossen und groß genug sind, hat das Saarland Chancen, schnell wieder bedeutende Ansiedlungen auch im Bereich der Zukunftstechnologien zu generieren. Dennoch geht es darum, den Strukturwandel zu organisieren – nicht darum, zu wachsen.
Im Gegenteil verliert das Saarland immer noch Einwohner, im Gegensatz zu Luxemburg – und auch wenn es zur Realisierung der in den aktuellen Erfolgsmeldungen angekündigten Projekte kommt, wird das Land seine Industrie-Arbeitsplätze gerade mal so erhalten können. Zurzeit arbeiten im Saarland noch deutlich mehr Menschen in der Stahl- und der Automotive-Industrie als in jedem anderen deutschen Bundesland. Wenn alles gut geht, handelt es sich also um ein Nullsummenspiel. Aber gleichzeitig wird das Land dann auch wieder etwas zukunftsfähiger.
Dennoch, es sind nicht nur die alten Industrieflächen und die gut ausgebildeten Arbeiter, die es hier gibt. Es benötigt auch große Investitionen, samt Förderung durch die öffentliche Hand. Wieso kann im klammen Saarland so viel Geld investiert werden? Finanzminister Jakob von Weizsäcker hat einen sogenannten „Transformationsfonds“initiiert, um den Umbau der Industrie zu ermöglichen – letztlich also einen Schuldenfonds. Er beträgt drei Milliarden Euro, steigert also die Pro-Kopf-Verschuldung der Saarländer um mehr als 3 000 Euro. Das Problem: Das Grundgesetz, die deutsche Verfassung, verbietet eigentlich, weitere Schulden einzugehen – außer im Fall von Notlagen.
Von Weizsäcker gelang es, dass der Landtag die Schuldenbremse außer Kraft setzte, mit der Begründung, das Land befinde sich in einer außergewöhnlichen Notsituation. Von Weizsäcker ist sich auch bewusst, „dass wir dies nur ein einziges Mal so machen können“. Aber: Mit Geldern aus diesem „Zukunftsfonds“werden nun die Industrieflächen für die Neuansiedlungen finanziert. Ein riskantes Unterfangen, und es ist nicht ausgemacht, dass es letztlich erfolgreich sein wird. Jedoch: „Nichts zu tun wäre noch viel riskanter“, so von Weizsäcker.
Grenzübergreifendes Netz
Immerhin ist nun neben der Ansiedlung der Fabrik für Computerchips ein zweiter wichtiger Erfolg zu verzeichnen. In VölklingenFenne soll in den nächsten Jahren eine Anlage zur Wasserstoff-Elektrolyse entstehen.
In Völklingen existiert bereits ein bedeutender Energieknotenpunkt mit Anlagen zur Erzeugung von Fernwärme und Strom. Der Name deutet es bereits an: Mithilfe des „Hydrohubs“sollen verschiedene Wirtschaftsbereiche, insbesondere natürlich die Industrie im Land mit dem Schwerpunkt „Saarstahl“, mit grünem Wasserstoff versorgt werden.
Ab 2026 soll die Elektrolyse jährlich 8 200 Tonnen Wasserstoff produzieren. Das wären deutlich mehr als der eingangs erwähnte Elektrolyseur in Niederkerschen, an dem sich 18 luxemburgische Unternehmen und öffentliche Einrichtungen beteiligen, der 500 bis 600 Tonnen Wasserstoff jährlich herstellen wird. Die Kapazität des Elektrolyseurs in Völklingen beträgt rund 53 Megawatt.
Federführend sind die Steag in Essen, der das Gelände in Völklingen-Fenne gehört, sowie Siemens Energy, aber das Projekt soll mit Partnern aus der gesamten Großregion hochgezogen werden. Es wurde dazu auch einen Verbund namens „Grande Region Hydrogen“gegründet, an der auch Partner aus Lothringen und Luxemburg beteiligt sind. Und so wird auch Luxemburg von der neuen Investition im Saarland profitieren, denn über ein grenzüberschreitendes Wasserstoffnetz, das den etwas gewollt klingenden Namen „mosaHYc“trägt, wird das Großherzogtum an den Völklinger „Hydrohub“angebunden.
Encevo beteiligt
Encevo ist eines der Gründungsmitglieder der Grande Region Hydrogen. „Ziel der Initiative ist es“, erklärt das Unternehmen, „ein Wasserstoff-Ökosystem in der Großregion Saarland, Lothringen und dem Großherzogtum zu entwickeln und zu unterstützen.“Die Initiative biete ein Forum, um Wasserstoff-Projekte in der Großregion zu verzahnen und gemeinsam Synergien zu heben. „Auf lange Sicht soll so eine Wasserstoffwirtschaft in der Großregion etabliert werden.“Konkret ist unter anderem geplant, dass die Verteilernetzbetreiber Creos (Deutschland) und GRTgaz (Frankreich) in Kooperation mit dem Energiekonzern Encevo (Luxemburg) eine rund 100 Kilometer lange Wasserstoff-Pipeline in der Großregion etablieren. Dafür sollen mit dem Infrastrukturprojekt „mosaHYc“rund 70 Kilometer bestehende und zum Teil außer Betrieb befindliche Gas-Leitungen in Wasserstoff-Leitungen umgewandelt werden. Rund 30 Kilometern Wasserstoff-Leitungen werden neu gebaut. Die Investitionssumme wird derzeit auf etwa 85 Millionen Euro geschätzt. Beihilfen auf nationaler und europäischer Ebene wurden beantragt. Die Inbetriebnahme des Leitungsnetzes soll 2027 erfolgen. Für 2030 rechnen die Unternehmen mit einem Transport von rund 60 000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr.
Nichts zu tun wäre noch viel riskanter. Jakob von Weizsäcker, Saarländischer Finanzminister
„Biogas ist nicht immer die günstigste Lösung, aber für die Energiewende ist es unerlässlich“, sagt Camille Hierzig, Direktor der luxemburgischen Regulierungsbehörde (ILR). Dass Biogas in der Produktion in der Tat teurer ist als Solar- oder Windstrom, ist den Menschen im Raum durchaus bewusst. Und dass es aber dennoch, wie Hierzig sagt, für die Energiewende unerlässlich ist, hören sie nur zu gern. Denn das Publikum, zu dem der ILR-Direktor in einem Saal in Mersch spricht, besteht fast ausschließlich aus Biogasanlagen-Betreibern. Und die meisten von Ihnen machen sich Gedanken über die Zukunft ihrer Betriebe.
Biogasproduktion soll sich verdreifachen
Laut Jérôme Fries, Attaché des Energieministeriums, sind derzeit in Luxemburg 17 Biogasanlagen in Betrieb. Drei dieser Anlagen produzieren Biomethan, das dann ins öffentliche Gasnetz eingespeist wird, die übrigen Anlagen wandeln das erzeuge Biogas in Strom um, der ebenfalls im Netz landet. In beiden Fällen wird die Bezahlung der gelieferten Energie über die Einspeisevergütung festgelegt. Bei einem Großteil der Anlagen laufen diese Einspeiseverträge in den kommenden Jahren aus. Weil sich die Regierung aber zum Ziel gesetzt hat, die Biogasproduktion im Land deutlich zu erhöhen – von derzeit rund 100 Gigawattstunden pro Jahr auf zukünftig 300 Gigawattstunden – , arbeiten das Landwirtschaftsministerium und das Ministerium für Umwelt, Klima und nachhaltige Entwicklung an der einer Strategie zum Ausbau der Biogasproduktion.
Um dieses Ziel zu erreichen, soll nach Aussage von Fries zukünftig die Hälfte der im Land vorhandenen Gülle für die Biogasproduktion zum Einsatz kommen. Ebenfalls geplant ist im Gegenzug die Begrenzung der Anbaufläche für Energiepflanzen wie beispielsweise Mais auf maximal 1 500 Hektar, was 1,1 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche entspricht. Weiterer Bestandteil des Konzepts ist zudem die Verwertung von Bioabfällen und Grünschnitt zu 75 Prozent.
Die forcierte Ausweitung der Biogasproduktion ist für Luc Watgen, Betreiber einer großen Biogasanlage in Itzig, grundsätzlich eine gute Nachricht. Was ihn aber ärgert, ist die nach wie vor fehlende Flexibilität beziehungsweise Anpassung der Einspeisevergütung an die sich ändernden Rahmenbedingungen. Der Betrieb in Itzig gehört zu den drei Anlagen, die keinen Strom verkaufen, sondern Gas. Gefüttert wird die Anlage dabei überwiegend aus Bioabfall und Lebensmittelresten. Jeden Tag wird das Zeug tonnenweise kostenpflichtig angeliefert. Dazu gehören auch abgelaufene Lebensmittel aus Super