EU-Komplex in Kirchberg steht praktisch leer
Das Konrad-Adenauer-Gebäude des EU-Parlaments ist 30 Mal so groß wie das Nationalstadion – allerdings werden die Büros kaum genutzt
Ein Jahrzehnt nach Baubeginn sind die glänzenden Türme, die eines Tages alle Mitarbeiter des Europäischen Parlaments in Luxemburg unter einem Dach beherbergen werden, immer noch im Bau. Nach der Fertigstellung wird jeder Mitarbeiter eine Fläche von 80 Quadratmetern zur Verfügung haben – so viel wie eine mittelgroße Zweizimmerwohnung.
Bislang gleicht das riesige Konrad-Adenauer-Gebäude jedoch einem Geisterdorf, sagen einige EU-Abgeordnete. Die Mitarbeiter wurden angewiesen, zur Begrüßung von Besuchern auf der 400 Millionen Euro teuren Baustelle zu erscheinen. Das Projekt hat sein ursprüngliches Budget indes bereits um ein Drittel überschritten.
Das Gebäude sei eine „Verschwendung von EU-Steuergeldern“, sagt der tschechische Europadeputierte Mikuláš Peksa.
Er vergleicht den Komplex mit einem „Potemkinschen Dorf“– eine Anspielung auf die gefälschten Siedlungen, die der russische Adlige Grigori Alexandrowitsch Potjomkin gebaut haben soll, um seine ehemalige Geliebte, die Zarin Katharina II., während einer Reise auf die Krim im 18. Jahrhundert zu beeindrucken.
Etwa 2 300 Mitarbeiter zogen bereits vor der offiziellen Eröffnung im Mai vergangenen Jahres auf das Gelände um. Bis Endes Jahres soll ein letzter Anbau fertiggestellt sein. Dann werden weitere 700 Mitarbeiter erwartet. Nach der Fertigstellung bietet das Gebäude 30 Mal mehr Fläche als das Stade de Luxembourg.
Bei voller Auslastung werden auf dem rund 240 000 Quadratmeter großen Gelände – einschließlich Außenflächen und Besprechungsräumen – 3 000 Arbeitsplätze mit jeweils 80 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Das bedeutet, dass jeder Mitarbeiter so viel Platz hat wie eine durchschnittliche Zweizimmerwohnung in der Hauptstadt, für die ein Käufer leicht eine Million Euro oder weit über 2 000 Euro Monatsmiete locker machen muss.
Dennoch stehen derzeit große Teile der Büroflächen leer, wie die Abgeordneten des Haushaltskontrollausschusses kürzlich in einem Bericht feststellten. „Die größte und teuerste Gebäudeinvestition des Parlaments in den vergangenen Jahren ist heute aufgrund einer sehr niedrigen Belegungsrate ungenutzt“, heißt es in dem Bericht.
Die Finanzaufsichtsbehörde der EU, der Europäische Rechnungshof, warnte, dass das Budget 2019 gegenüber den ursprünglichen
Prognosen bereits um mehr als ein Drittel auf über 400 Millionen Euro gestiegen war.
Von den einstigen Ambitionen Luxemburgs, ständiger Gastgeber der Plenarsitzungen des Europäischen Parlaments zu sein, ist nur noch das riesige Konrad-Adenauer-Gelände übrig geblieben, das die Mitarbeiter des Sekretariats beherbergt – mit einem sechsstöckigen Säulengang, der zu einem monumentalen Platz führt. Außerdem eine Straßenbahnhaltestelle, die auf Luxemburgisch Europaparlament heißt.
Das neue Konrad-Adenauer-Gebäude steht auf einem Grundstück, das der EU gehört. In den neuen Büros soll Personal zusammengezogen werden, das bisher auf sechs Standorte in der Stadt verteilt war. Eine erste Ausschreibung wurde 2011 veröffentlicht, um das Projekt innerhalb von sechs Jahren zu entwickeln.
Doch von Anfang an kam es zu Verzögerungen, als zwei Angebote von Auftragnehmern das Budget überstiegen, was 2012 zur Einstellung der Arbeiten führte. 2013 wurde der Grundstein gelegt, doch durch weitere Verzögerungen verschob sich der Fertigstellungstermin um vier Jahre auf 2022. Und auch jetzt gehen die Arbeiten am letzten Teil an der Südwestseite des Gebäudes noch weiter.
Parlamentarier, die das Gebäude kürzlich besichtigten, bezweifeln jedoch, dass es jemals seinen Zweck voll erfüllen wird. Selbst wenn man die Abwesenheit der Mitarbeiter, die Telearbeit leisten, außer Acht lässt – jeder Angestellte des Parlaments hat das Recht, mindestens einen Tag pro Woche von zu Hause aus zu arbeiten -, ist die Baustelle nach allen Maßstäben riesig.
„Man sah viele leere Räume und Büros“, sagte Peksa der „Luxembourg Times“über seinen Besuch im vergangenen Oktober als Teil einer Delegation des Europäischen Parlaments. „Ich halte das für ein großes Versäumnis. Es hat sich in ein Geistergebäude verwandelt.“
Man habe versucht, für die besuchenden Abgeordneten den Anschein eines geschäftigen Arbeitsplatzes zu erwecken, so Peksa, und die Mitarbeiter per E-Mail aufgefordert, sich im Büro einzufinden. „Wir wurden vor dem Besuch darüber informiert, dass die Mitarbeiter angewiesen wurden, bei der Ankunft der Abgeordneten anwesend zu sein“, sagte Peksa in einem Interview.
„Die Erweiterung des Gebäudes zu stoppen, weil es eine Verschwendung von EU