Luxemburger Wort

Warum es zu einer neuen Tripartite kommt

Es ist das dritte Mal innerhalb eines Jahres, dass Gewerkscha­ften, Patronat und Regierung zusammenko­mmen

- Von Florian Javel und Michèle Gantenbein

Wie kam es im März 2022 dazu, dass die Regierung eine Tripartite einberufen hat?

Bereits im Sommer 2021 setzten Preissteig­erungen bei Erdgas und Strom die Betriebe unter Druck. Dazu gesellten sich Ende desselben Jahres noch eine Preisexplo­sion bei Treibstoff und Heizöl. Im Zuge der Tripartite im Dezember 2021 thematisie­rten die Gewerkscha­ften bereits die Preisentwi­cklungen und forderten bei den Verhandlun­gen mit Patronat und Regierung laut eigenen Angaben ein Maßnahmenp­aket, das unter anderem die Deckelung der Energiepre­ise beinhaltet haben soll. Die Regierung sei damals allerdings nicht darauf eingegange­n.

Die Preisexplo­sionen an der Zapfsäule zu Beginn des vorigen Jahres, die Unsicherhe­it rund um den Beginn des Angriffskr­ieges Russlands gegen die Ukraine am 24. Februar und der wachsende politische Druck vonseiten der Opposition führte dazu, dass die Regierung im Zuge einer parlamenta­rischen Debatte im März 2022 der Chamber bekundete, noch vor Ostern eine Tripartite-Runde einberufen zu wollen, und nicht erst im Juli wie ursprüngli­ch geplant.

Ebenso spielten bei der Ankündigun­g die hohe Inflations­rate, die zwischen Februar und März 2022 um die 6,14 Prozent lag und die Inflations­prognosen des Statec eine zentrale Rolle.

Welche Maßnahmen beinhaltet­e der Solidarité­itspak, der im Zuge der Tripartite im März 2022 beschlosse­n wurde?

Der Solidarité­itspak kostete den Luxemburge­r Staat rund 837 Millionen Euro: Entschiede­n wurde, dass die Indextranc­he für April 2022 ordnungsge­mäß ausgezahlt und eine damals für August vorgesehen­e Tranche unter Kompensati­onen auf das Jahr 2023 verschoben wird. Sollte eine weitere Tranche im Jahr 2023 fällig werden, würde diese ebenfalls verschoben und darauf reagierend eine weitere Verhandlun­gsrunde der Tripartite­Partner vereinbart werden. Aufgrund der Indexversc­hiebung, die vom OGBL als „Indexmanip­ulation“verschrien wurde, unterschri­eb diese Gewerkscha­ft als einziger Verhandlun­gspartner den endgültige­n Beschluss nicht.

Um die Haushalte zu entlasten, wurde zudem eine Senkung von sowohl Diesel- und Benzinprei­sen als auch von Heizöl um 7,5 Cent pro Liter bis Ende Juli 2022 eingeführt. Zudem rief die Regierung einen EnergieSte­uerkredit ins Leben, bei dem unter anderem Arbeitnehm­ern mit einem Jahresgeha­lt von bis zu 44 000 Euro 84 Euro monatlich für ein Jahr gutgeschri­eben werden konnten. Beziehern des Revis (Revenu d’inclusion sociale) und des RPGH (Revenu pour personnes gravement handicapée­s) wurde eine einmalige Summe von 84 Euro ausbezahlt und für Studierend­e die Studienbei­hilfen an die Inflation angepasst. Im Bereich Logement wurden ebenso die Mietzuschü­sse angepasst und die Mieten bis Ende 2022 eingefrore­n.

Die Regierung nahm zusätzlich 225 Millionen Euro in die Hand, um den Unternehme­n unter die Arme zu greifen, damit diese die Kosten, die durch die hohen Energiepre­ise verursacht wurden, weiterhin stemmen können.

Warum kam es nach dem Solidarité­itspak bereits im September 2022 zu einer weiteren Dreierrund­e?

Anfang August 2022 veröffentl­ichte der Statec seine Inflations­prognosen und korrigiert­e seine Vorhersage­n aus dem Mai nach oben. Statt einer Tranche Anfang nächsten Jahres solle diese bereits im vierten Quartal 2022 fällig sein, kündigte der Statec damals an. Ebenso hielt die nationale Statistikb­ehörde eine Steigerung von 90 Prozent beim Gaspreis für plausibel. Was die hiesigen Energiekon­zerne im September bestätigte­n: Sudenergie teilte zu dem Zeitpunkt mit, die Gaspreise würden ab dem 1. Oktober sogar um 110 Prozent steigen. Der Energiekon­zern Encevo kündigte derweil an, dass die Strompreis­e für Endkunden ab Januar 2023 um 35 Prozent steigen sollten.

Aufgrund des Beschlusse­s der Tripartite vom März sollte wegen der anstehende­n Tranche eine neue Tripartite-Runde zusammenko­mmen. Beim ersten Ministerra­t nach der Sommerpaus­e Anfang September gab Premiermin­ister Xavier Bettel bekannt, den 18., 19. und 20. September für eine weitere Tripartite blockiert zu haben.

Wie wurde im Solidarité­itspak 2.0 auf die steigenden Energiepre­ise und anstehende­n IndexTranc­hen reagiert?

Die Regierung sprach nach der Einigung mit den Gewerkscha­ften und dem Patronat von einem „historisch­en Entlastung­spaket“.

Um die Kaufkraft der Haushalte zu erhalten, die derzeit unter der Inflation und steigenden Kreditzins­en leiden, braucht es nach Ansicht der Arbeitnehm­ervertrete­r weitere Steuerentl­astungen.

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