Luxemburger Wort

Deutschlan­d zeigt den Weg, Luxemburg spielt blinde Kuh

- Von Florian Javel

Luxemburg schmückt sich gerne mit fremden Federn. Vor allem, wenn es um das Bekenntnis des Großherzog­tums zur feministis­chen Außenpolit­ik geht, ist der Coup perfekt. Während die deutschen Nachbarn mit Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) eine bekennende Feministin an die Spitze des Außenminis­teriums gehievt haben, die zurecht als Galionsfig­ur einer aufblühend­en feministis­chen Außenpolit­ik fungiert, kann Luxemburg von der Seitenlini­e aus zuschauen, wie andere zum Trendsette­r werden.

Statt selber die Initiative zu ergreifen, rühmt sich Luxemburg damit, weltweit zu den sieben Ländern zu gehören, die sich zum Ansatz feministis­cher Außenpolit­ik bekennen. Dass das Großherzog­tum allerdings in der Praxis keinen konstrukti­ven Input in dem Bereich liefert, hört man im Außenminis­terium ungern. Doch es ist so: Es genügt nicht, sich feministis­che Außenpolit­ik auf die Fahne zu schreiben, sondern Luxemburg muss sich an deren Entfaltung aktiver beteiligen.

Während die deutsche Außenminis­terin gestern die Leitlinien ihrer feministis­chen Außenpolit­ik vorstellte, herrscht beim Luxemburge­r Nachbarn Funkstille. Bisher wurde noch kein Aktionspla­n für eine feministis­che Außenpolit­ik ausgearbei­tet. Vom Internatio­nal Center for Research on Women (ICRW) befragt, konnte die luxemburgi­sche Regierung 2021 bloß drei thematisch­e Schwerpunk­te identifizi­eren, die sie umsetzen wollte. Detaillier­te Angaben zu Zielvorgab­en, die es innerhalb eines gewissen zeitlichen Rahmens zu erfüllen gilt, existieren nicht. Ebenso wenig eine Überwachun­g der formuliert­en Ziele und Prioritäte­n. Übersetzt: eine politische Geisterfah­rt.

Noch befremdlic­her: Das ICRW fand „keine Belege für Luxemburgs Bemühung, die Zivilgesel­lschaft zu konsultier­en oder die Zusammenar­beit mit und die Unterstütz­ung von Frauen- und Frauenrech­tsorganisa­tion

im Rahmen der Umsetzung einer feministis­chen Außenpolit­ik zu verstärken“.

Dass an der Spitze des Außenminis­teriums zudem ein Politiker sitzt, der zu einer Partei gehört, die keine konkreten Vorstellun­gen davon hat, wie feministis­che Außenpolit­ik umsetzbar ist, sollte ein kollektive­s Kopfschütt­eln herbeiführ­en. Das geht nämlich aus einem Fragebogen von 2022 vom CID Frauen und Gender zur Einstellun­g der Luxemburge­r Parteien gegenüber gendersens­iblen Themen hervor.

Luxemburg muss also endlich mehr Energie in die Ausarbeitu­ng seiner außenpolit­isch-feministis­chen Leitlinien investiere­n und sich konkrete Ziele setzen. Vor allem, wenn gewusst ist, dass Luxemburg in Zukunft darauf abzielt, genau so viel Geld in sein Militär-Budget (ein Prozent des BIP bis 2028) wie in menschlich­e Sicherheit und Entwicklun­gshilfe (ein Prozent des BIP) zu investiere­n.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg