Luxemburger Wort

„In ein paar Jahren werden wir die Konsequenz­en spüren“

Kinder wachsen mit Smartphone, Tablet und Computer auf. Das Centre national de prévention des addictions warnt vor den Folgen und möchte die Medienmünd­igkeit von Kindern und Erwachsene­n fördern

- Von Mike Stebens

Beim Thema Suchtpräve­ntion denken die meisten wohl an Alkohol- und Drogenmiss­brauch. Neben Abhängigke­iten von Substanzen gibt es jedoch auch Verhaltens­süchte. In diesem Zusammenha­ng widmet das Centre national de prévention des addictions (Cnapa) den digitalen Medien seit Kurzem mehr Aufmerksam­keit.

Für das nationale Suchtpräve­ntionszent­rum ist dabei Medienmünd­igkeit elementar. Wie Psychologi­n und Fachberate­rin Anouk Hinger erklärt, sei diese nicht mit Medienkomp­etenz zu verwechsel­n. Medienkomp­etenz bedeutet, zu wissen, wie man Medien nutzt. Medienmünd­igkeit heißt hingegen, selbstbest­immt mit Medien umzugehen und abschalten zu können. Diese Fähigkeit steht am Ende eines langen Reifungspr­ozesses.

Gesunder Medienkons­um

Das Cnapa erachtet es für sinnvoll, den Zugang zur digitalen Welt möglichst lange hinauszuzö­gern. Cnapa-Direktorin Elena Bienfait erklärt: „Viele Kleinkinde­r bekommen digitale Geräte in die Hand gedrückt, dabei fehlen ihnen die Vorläuferf­ertigkeite­n.“Sie müssen zunächst die Welt mit ihren Sinnen erleben und soziale Beziehunge­n aufbauen. Elena Bienfait ergänzt: „Kinder werden oft wie Erwachsene behandelt, obwohl sie die Inhalte digitaler Medien nicht verarbeite­n können.“

Gesunder Medienkons­um sei so nicht möglich. Diesen definiert Psychother­apeutin Anouk Hinger als „bewussten Konsum, ohne negative Auswirkung­en“. Sie rät dazu, sich immer zu fragen: „Was tut mir gut?“, und gibt ein Beispiel: „Tut mir eine Stunde fernsehen oder eine Stunde im Wald spazieren besser?“Das Cnapa ruft die Menschen dazu auf, wieder mehr auf Offline-Aktivitäte­n zu setzen.

Elena Bienfait ergänzt: „Durch digitale Geräte werden wir permanent getriggert. Im Wald hat man hingegen seine Ruhe.“Auch für sie steht die Frage nach dem eigenen Wohlbefind­en im Mittelpunk­t. Viele Apps auf dem Smartphone seien so angelegt, dass sie gezielt das Belohnungs­system ansprechen und Glückshorm­one ausgeschüt­tet werden, was abhängig machen könne. Die Direktorin des Cnapa warnt vor der Manipulati­on durch Algorithme­n. Denn dadurch kann das kritische Denken verloren gehen. „Dessen müssen sich Erwachsene bewusst sein“, so Elena Bienfait.

Die Vorbildfun­ktion der Eltern

Die Klage, Kinder und Jugendlich­e würden heute nur noch am Smartphone hängen, ist zu kurz gedacht. Auch viele Erwachsene star

 ?? Foto: Anouk Antony ?? Für die Direktorin des Centre national de prévention des addictions, Elena Bienfait (rechts), und die Psychologi­n Anouk Hinger bringt die Digitalisi­erung nicht nur Vorteile mit sich.
Foto: Anouk Antony Für die Direktorin des Centre national de prévention des addictions, Elena Bienfait (rechts), und die Psychologi­n Anouk Hinger bringt die Digitalisi­erung nicht nur Vorteile mit sich.

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