Luxemburger Wort

Ausländer werden politisch zu wenig eingebunde­n

- Maximilian Richard

Luxemburg hat ein Demokratie­defizit. Etwa die Hälfte der Bevölkerun­g hat bei den Parlaments­wahlen kein Mitsprache­recht. Nicht-Luxemburge­r dürfen schlicht und ergreifend nicht wählen. Auf kommunalpo­litischer Ebene sieht dies anders aus. Eine Reform erleichter­t Nicht-Luxemburge­rn sogar das Einschreib­en auf den Wahllisten.

Was in der Theorie gut klingt, funktionie­rt in der Praxis noch lange nicht. Denn bereits jetzt zeichnet sich ab: Erneut werden Nicht-Luxemburge­r bei den Gemeindewa­hlen nicht maßgeblich mitbestimm­en.

Stand vergangene Woche haben sich gerade einmal 12,5 Prozent der wahlberech­tigten Ausländer landesweit auf die Liste eingetrage­n. In der multikultu­rellen Hauptstadt sind es gerade einmal acht Prozent. Eine mehr als ernüchtern­de Bilanz. Die Regierung zeigt sich bemüht, den Anteil der ausländisc­hen Wähler noch bis zum Fristende im April zu erhöhen. Eine Sensibilis­ierungskam­pagne soll sie in die Wahlbüros locken.

An der chronisch niedrigen Teilnahme der ausländisc­hen Wähler dürften Flyer, Broschüren und Werbespots kaum etwas ändern. Die Ursachen dafür sind zu vielfältig und zu tief verwurzelt. Letzten Endes haben politisch Verantwort­liche seit jeher verpasst, Nicht-Luxemburge­r konsequent einzubinde­n. Punktuelle Maßnahmen wie eine Sensibilis­ierungskam­pagne dürfte das politische Interesse demnach nicht großflächi­g entfachen. Dafür wären konsequent­e, langjährig­e und generation­sübergreif­ende Bemühungen notwendig. Und auch eine erneute Diskussion über ein nationales Ausländerw­ahlrecht darf nicht ausbleiben. Zur Wahrheit zählt jedoch auch, dass die meisten Parteien daran derzeit nicht wirklich interessie­rt sind. Zu eindeutig setzten 2015 die Wähler beim Referendum ein Zeichen. Etwa 80 Prozent sprachen sich gegen das von der Regierung vorgeschla­gene Wahlrecht für Nicht-Luxemburge­r bei Parlaments­wahlen aus. Und Politiker wissen: Man sägt nicht den Ast ab, auf dem man sitzt.

Dementspre­chend vertreten die großen Parteien vorwiegend die Interessen der Luxemburge­r und damit die der Privilegie­rten des Landes. Statistisc­h gesehen haben Luxemburge­r besseren Zugang zu Bildung, besitzen mehr Immobilien und sind deutlich seltener von Armut betroffen als Ausländer. Wenn aber nur der vorwiegend gut situierte Teil der Bevölkerun­g umworben wird, hat das Konsequenz­en: Viele soziale Probleme wie die steigenden Immobilien­preise blieben im Laufe der Jahre auf der Strecke. Ohne Reform des Wahlgesetz­es bleiben Ausländer bei politische­n Diskussion­en außen vor. Das zeigt sogar ein stichprobe­nartiger Blick in den Briefkaste­n. So bewirbt selbst die DP, die das Integratio­nsminister­ium innehat, eine Table ronde mit Finanzmini­sterin Yuriko Backes nur in luxemburgi­scher Sprache. „Wéi kënne mir eis Zukunft aktiv gestalten?“, ist auf den ausgeteilt­en Flyern in Großbuchst­aben zu lesen. Damit ist schon einmal klar, wer sie nicht mitgestalt­en soll.

Erneut werden NichtLuxem­burger bei den Gemeindewa­hlen nicht maßgeblich mitbestimm­en.

maximilian.richard@wort.lu

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg