Ausländer werden politisch zu wenig eingebunden
Luxemburg hat ein Demokratiedefizit. Etwa die Hälfte der Bevölkerung hat bei den Parlamentswahlen kein Mitspracherecht. Nicht-Luxemburger dürfen schlicht und ergreifend nicht wählen. Auf kommunalpolitischer Ebene sieht dies anders aus. Eine Reform erleichtert Nicht-Luxemburgern sogar das Einschreiben auf den Wahllisten.
Was in der Theorie gut klingt, funktioniert in der Praxis noch lange nicht. Denn bereits jetzt zeichnet sich ab: Erneut werden Nicht-Luxemburger bei den Gemeindewahlen nicht maßgeblich mitbestimmen.
Stand vergangene Woche haben sich gerade einmal 12,5 Prozent der wahlberechtigten Ausländer landesweit auf die Liste eingetragen. In der multikulturellen Hauptstadt sind es gerade einmal acht Prozent. Eine mehr als ernüchternde Bilanz. Die Regierung zeigt sich bemüht, den Anteil der ausländischen Wähler noch bis zum Fristende im April zu erhöhen. Eine Sensibilisierungskampagne soll sie in die Wahlbüros locken.
An der chronisch niedrigen Teilnahme der ausländischen Wähler dürften Flyer, Broschüren und Werbespots kaum etwas ändern. Die Ursachen dafür sind zu vielfältig und zu tief verwurzelt. Letzten Endes haben politisch Verantwortliche seit jeher verpasst, Nicht-Luxemburger konsequent einzubinden. Punktuelle Maßnahmen wie eine Sensibilisierungskampagne dürfte das politische Interesse demnach nicht großflächig entfachen. Dafür wären konsequente, langjährige und generationsübergreifende Bemühungen notwendig. Und auch eine erneute Diskussion über ein nationales Ausländerwahlrecht darf nicht ausbleiben. Zur Wahrheit zählt jedoch auch, dass die meisten Parteien daran derzeit nicht wirklich interessiert sind. Zu eindeutig setzten 2015 die Wähler beim Referendum ein Zeichen. Etwa 80 Prozent sprachen sich gegen das von der Regierung vorgeschlagene Wahlrecht für Nicht-Luxemburger bei Parlamentswahlen aus. Und Politiker wissen: Man sägt nicht den Ast ab, auf dem man sitzt.
Dementsprechend vertreten die großen Parteien vorwiegend die Interessen der Luxemburger und damit die der Privilegierten des Landes. Statistisch gesehen haben Luxemburger besseren Zugang zu Bildung, besitzen mehr Immobilien und sind deutlich seltener von Armut betroffen als Ausländer. Wenn aber nur der vorwiegend gut situierte Teil der Bevölkerung umworben wird, hat das Konsequenzen: Viele soziale Probleme wie die steigenden Immobilienpreise blieben im Laufe der Jahre auf der Strecke. Ohne Reform des Wahlgesetzes bleiben Ausländer bei politischen Diskussionen außen vor. Das zeigt sogar ein stichprobenartiger Blick in den Briefkasten. So bewirbt selbst die DP, die das Integrationsministerium innehat, eine Table ronde mit Finanzministerin Yuriko Backes nur in luxemburgischer Sprache. „Wéi kënne mir eis Zukunft aktiv gestalten?“, ist auf den ausgeteilten Flyern in Großbuchstaben zu lesen. Damit ist schon einmal klar, wer sie nicht mitgestalten soll.
Erneut werden NichtLuxemburger bei den Gemeindewahlen nicht maßgeblich mitbestimmen.
maximilian.richard@wort.lu