Imperium von Rupert Murdoch gerät ins Wanken
Eine Verleumdungsklage des Wahlmaschinen-Herstellers Dominion gegen Fox bringt den Medienmogul in die Bredouille. Sein zynischer Umgang mit Donald Trumps Lügen könnte ihn teuer zu stehen kommen
Suzanne Scott ahnt, was auf sie zukommt. Die Geschäftsführerin von Fox News Media bereitet sich innerlich bereits darauf vor, von ihrem einstigen Gönner im Stich gelassen zu werden. Nicht anders kann sie die Aussagen Rupert Murdochs in der Erkundungsphase des Verleumdungsprozesses gegen den TV-Sender verstehen. Er habe „Frau Scott“ernannt „und alles an sie delegiert“, erklärte der Medienmogul gegenüber den Anwälten der Kläger von Dominion. Diejenigen, die erlaubt hätten, auf Fox Lügen zu verbreiten, „sollten getadelt, vielleicht sogar gefeuert werden“.
Laut der bekannt gewordenen Gerichtsakten müsste sich der Australier dann wohl selbst zuerst feuern. Denn Murdoch mischte kräftig im Tagesgeschäft mit. Er erteilte Scott tägliche Ansagen am Telefon und nahm an den 15-Uhr-Konferenzen teil. An Gelegenheiten mangelte es also nicht für den 91-jährigen, Einfluss auf das Programm zu nehmen. Zumal er laut interner E-Mails und Textnachrichten von Anfang an wusste, dass an den Behauptungen Trumps von den angeblich gestohlenen Wahlen nichts dran war.
„Schrecklicher Mist, der allen schadet“
Als die Privatanwälte des Präsidenten, Rudi Giuliani und Sidney Powell, am 19. November vor der Presse wilde Theorien über mit „kommunistischem Geld“gehackte Wahlmaschinen streuten, textete Murdoch an Scott: „Schrecklicher Mist, der allen schadet.“Die Fox-Geschäftsführerin schrieb unter Hinweis auf ihre Starmoderatoren, Sean Hannity und Jeanine Pirro, zurück: „Sean und sogar Pirro sehen das auch so.“
Auch andere Moderatoren wussten, dass sie Lügen verbreiteten, die Dominion, dem Hersteller der Wahlmaschinen, Schaden zufügten. So erklärte Tucker Carlson, dessen Show jeden Abend um 20
Uhr die höchsten Einschaltquoten aller Nachrichtenkanäle in den USA erreicht, in einer E-Mail an seinen Produzenten: „Powell lügt“. Ähnlich äußerten sich Bret Baier, der „keinen Beweis für Betrug“ausmachte, Laura Ingraham, die Trumps Anwälte als „völlige Spinner“abkanzelte und Hannity, der zu Protokoll gab, die Behauptungen „nicht eine Sekunde lang geglaubt zu haben“.
Fox droht Niederlage vor Gericht
Der erste Teil der veröffentlichten Gerichtsakten lässt nach Ansicht von Experten wenig Zweifel daran, dass von den Machern bis Murdoch alle Bescheid wussten. Die Vorwürfe von den gestohlenen Wahlen seien „Bullshit“schrieb Murdoch an den Chefredakteur seines Boulevardblatts „New York Post“. Aber einträglicher „Bullshit“, wie andere interne Kommunikation offenbart.„Es kommt nicht häufig vor, dass sie einen 'rauchenden Colt' in Verfahren gegen Medienbetriebe finden“, bewertet der Rechtsprofessor Rondell Andersen Jones von der University of Utah die Aussichten von Dominion sich in der Hauptverhandlung durchzusetzen. Die Anwälte von Fox verteidigen den Sender damit, lediglich über die Anschuldigung „Dritter“berichtet und sich diese nicht zu eigen gemacht zu haben.
Das Problem sei die Menge an internen Schriftstücken, die das Gegenteil nahelegen, meint Medienanwalt Charles Harder.
Sofern sich Fox nicht auf einen Vergleich einlasse, werde die Hauptverhandlung am 17. April vor einer Jury beginnen. „Nach meiner Erfahrung haben Geschworene wenig Mitleid mit Medienbetrieben, die anderen wissentlich Schaden zufügen.“
Verloren hat der Australier bereits bei den Anhängern Trumps. „Murdoch, du hast wohl beschlossen, dass Trump nicht mehr Präsident wird“, wetterte Steve Bannon am Wochenende beim Jahrestreffen der Trump-nahen CPAC gegen den Medienmogul, der einst die Steigbügel für den Aufstieg des „America-First“-Präsidenten gehalten hatte. „Wir haben beschlossen, dass du keinen Sender mehr haben wirst“.
Nach meiner Erfahrung haben Geschworene wenig Mitleid mit Medienbetrieben, die anderen wissentlich Schaden zufügen. Medienanwalt Charles Harder