Bewährungsstrafen für Ex-Bordellmitarbeiter
Über Jahre hinweg bot ein Club in Trier illegale Hausbesuche in Luxemburg an. Ein Gerichtsprozess endete nun mit sechs Schuldsprüchen
Zuhälterei, Menschenhandel und Geldwäsche: So lauten die Vorwürfe gegen sechs Personen, die sich im Januar vor dem Bezirksgericht Luxemburg verantworten mussten. Sie sollen eine entscheidende Rolle in der Organisation eines in Luxemburg illegalen Escort-Dienstes gespielt haben. Über Jahre hinweg bot ein Bordell in Trier, der Pearls Club, solche Hausbesuche in Luxemburg an.
Die Richter der zwölften Strafkammer fällten nun ihr Urteil. Sie verurteilten zwei Frauen in Führungspositionen, darunter die heutige Besitzerin des Bordells zu einer 18-monatigen Bewährungsstrafe. Gegen eine frühere leitende Empfangsdame sprachen die Richter derweil zwölf Monate Haft zur Bewährung. Die drei Frauen müssen zudem eine Geldbuße von 1.000 Euro zahlen. Zusätzlich dürfen sie während fünf Jahren nicht in einem Schankgewerbe in Luxemburg tätig sein. Die drei angeklagten Fahrer verurteilten die Richter derweil zu sechsmonatigen Haftstrafen, ebenfalls zur Bewährung. Gegen das Urteil können alle Parteien in den nächsten 40 Tagen Einspruch einlegen.
Der mutmaßlich eigentliche Hauptverantwortliche, der frühere Besitzer des Etablissements, Rigo Wendt, zählte indes nicht zu den Angeklagten. Dies ist jedoch nicht auf einen mangelnden Willen der Strafermittlungsbehörden zurückzuführen. Immerhin setzten sie den 52-Jährigen im September 2022 auf die Liste von Europas meistgesuchten Verbrechern, kurz nachdem die deutsche Justiz sich geweigert hatte, ihn auszuliefern. Seit Ende Januar befindet sich Rigo Wendt nicht mehr auf der Fahndungsliste. Gegen ihn besteht jedoch weiterhin ein europäischer Haftbefehl.
Angeklagte reden von Unwissen
Die sechs Angeklagten gaben im Zuge der Gerichtsverhandlung im Januar an, sich nicht der Illegalität des Escort-Dienstes bewusst gewesen zu sein. So erklärte etwa die heutige Bordellbetreiberin Nina C., dass es dafür keine Anhaltspunkte gegeben habe. Als sie 2015 angefangen habe, zunächst als Geschäftsführerin in einem anderen Bordell von Wendt in Trierweiler, zu arbeiten, sei der Escort-Dienst bereits etabliert gewesen. Die Hausbesuche seien offiziell angeboten worden. Darüber, dass das Angebot in Luxemburg illegal sein könnte, sei nie gesprochen worden, so die 44-Jährige.
Die Ermittlungsergebnisse sprechen derweil gegen eine Ahnungslosigkeit über die Gesetzeslage in Luxemburg. Wie ein leitender Ermittler im Januar vor Gericht unter anderem betonte, sei die damalige Geschäftsleiterin, die ebenfalls angeklagte Delia R., bereits 2013 von Polizisten über die Gesetzeslage in Luxemburg aufgeklärt worden. Ausdrücklich sei auch auf das Werbeverbot für Prostitution hingewiesen worden. Am Verhalten der Bordellbetreiber änderte dies nichts.
In den darauffolgenden Monaten und Jahren wurden immer wieder Fahrzeuge, darunter auch ein Lastwagen mit Werbeaufschriften, in Luxemburg angetroffen, so der leitende Ermittler. Der Club Pearls habe sogar den Fußballverein RM Benfica Hamm gesponsert. Für insgesamt rund 600.000 Euro sei Werbung im Anzeigenblatt Luxbazar und bei RTL Radio geschaltet worden.
Bis zu 15 Prozent des Umsatzes
Im Zuge einer polizeilichen Telefonüberwachung konnten derweil zwischen Juni und November 2018 in 41 Fällen nachgewiesen werden, wie Sexarbeiterinnen aus dem Club Pearls zu Freiern nach Luxemburg gebracht wurden. Wie eine Kriminalpolizistin im Januar anmerkte, dürfte die Dunkelziffer weitaus höher sein.
Wie viele Fahrten letzten Endes ins Großherzogtum führten, konnte demnach im Zuge der Ermittlungen nicht festgestellt werden. Der Escort-Dienst soll jedoch für das Bordell einen bedeutenden Geschäftszweig ausgemacht haben. Zehn bis 15 Prozent der Einnahmen sollen auf die Hausbesuche zurückgegangen sein.
Ludwig Ring-Eifel, Papst Franziskus hat den Luxemburger Erzbischof Jean-Claude Hollerich in den Kardinalsrat berufen. Hat Sie das überrascht?
Nein, es hat mich nicht wirklich überrascht, weil Hollerich jetzt schon bei mehreren kniffligen Fragen immer derjenige war, den der Papst gerufen hat. Bei der Europa-Etappe der Weltsynode in Prag war er einer der Schlüsselfiguren. Er war bei den anderen kontinentalen Etappen fast überall dabei, sowohl in Asien als auch in Afrika. Er ist im Moment eigentlich überall ziemlich weit im Vordergrund – eben durch seine Rolle als Berichterstatter bei der Weltsynode. Es war klar, dass in dem Moment, wo er sich langsam vom Präsidium der Kommission der Europäischen Bischofskonferenzen COMECE verabschiedet – seine Amtszeit läuft bald aus – er einen neuen, wichtigen Job kriegen würde – über die Luxemburger Rolle hinaus.
Dort wurde er ja dadurch entlastet, dass es erstmals in der Luxemburger Geschichte einen Weihbischof gegeben hat.
Genau.
Wie ist diese Ernennung erklärbar? Können der Papst und Kardinal Hollerich einfach gut miteinander? Oder hat das darüber hinausgehende Gründe?
Ich glaube, die beiden können wirklich sehr gut miteinander, weil sie ganz ähnlich ticken. Das hat natürlich zu tun mit dem Hintergrund, dass sie beide Jesuiten sind. Und da ist dieses Entscheidungsprinzip des „discernimento“, die Unterscheidung der Geister, das der Papst versucht, der gesamten Kirche nach und nach einzubläuen. Das braucht er Hollerich nicht erst beizubringen, der weiß als Jesuit genau, wie das geht. Das ist ein anderes Entscheidungsverfahren, als man es einerseits aus der Demokratie kennt und andererseits, als man es aus einer Hierarchie kennt.
Es ist ein Entscheidungsweg ganz eigener Art, der mit Beratung, mit Beten, mit Meditieren, damit, die Dinge auch mal stehen zu lassen und einmal zu überschlafen, zu tun hat. Das ist eine Form der Weisheit, die die Jesuiten entwickelt haben; da ticken Bergoglio und Hollerich ganz ähnlich. Zudem haben sie beide dieses Faible für Asien. Der Papst hat immer davon geträumt, einmal als Missionar nach Japan zu gehen oder nach China. Hollerich ist für ihn ein bisschen der, der das gemacht hat, was er sich selber gewünscht hat.
Wie wichtig ist dieser Kardinalsrat?
Das ist jetzt eine völlig neue Situation. Der Kardinalsrat war ja zum ersten Mal 2013 einberufen worden, um die Kurienreform auf den Weg zu bringen. Seitdem hat er mehr als 30 Mal getagt und am Ende die Kurienreform hervorgebracht. Die Kurie ist jetzt ziemlich stark umgebaut worden, es gibt keine Kardinalskongregationen mehr, es gibt nur noch Dikasterien. Es gibt keine päpstlichen Räte mehr. Da ist etliches auf den Weg gebracht worden, aber dieser Job ist jetzt erledigt. Was die neue Aufgabe des Kardinalsrats sein soll, ist noch nicht formuliert.
Es kann aber in der derzeitigen Situation nur eines sein, nämlich die Verfassungsreform der katholischen Kirche weltweit auf den Weg zu bringen. Das ist es, was im Moment mit der sogenannten Weltsynode im Gange ist, nämlich der Umbau der Kirche von einer hierarchisch verfassten Pyramidenkonstruktion zu einer synodal verfassten Kirche, wo auf allen Ebenen die Gläubigen, also auch die Laien, Mitspracherechte haben. Diesen Umbau auch kirchenrechtlich abzusichern, organisatorisch zu ermöglichen und dogmatisch zu durchdenken, das könnte wohl die erste Aufgabe dieses Kardinalsrats sein.
Bei der Kurienreform hat man ja auch hohe Verwaltungsämter für Frauen geöffnet. Ist bei diesem synodalen Umbau absehbar, dass für die Frauen ein Stück mehr vom Kuchen abfällt?
Es geht um Möglichkeiten der Mitwirkung, und das ist etwas, was Hollerich unbedingt will. Ich habe ja schon etwa 20 Bischofssynoden im Vatikan mitverfolgt, da waren Frauen bestenfalls am Rande als Beraterinnen zugelassen, aber nie mit Stimmund Rederecht. Nun steht im Raum, dass Laien, darunter auch Frauen, bei der Weltsynode Mitberatungs- und Stimmrecht haben sollen. Wenn man die Bischofssynode als zweithöchstes Entscheidungsorgan nach dem Konzil begreift, dann ist das eine kleine Revolution.
Es geht um Möglichkeiten der Mitwirkung, und das ist etwas, was Hollerich unbedingt will. Ludwig Ring-Eifel, Chefreporter KNA Rom