Wahlkampf und Selbstbeweihräucherung
Samstagnacht war die Preisvergabe des 13. Luxfilmfestivals. Damit ging eine spannende Woche zuende, in der die Zuschauer nach der Covid-19-Pandemie endlich wieder unbeschwert ins Kino gehen konnten oder vielmehr unmaskiert. Denn das diesjährige Festival war doch überschattet von Ukraine-Krieg und den Entwicklungen im Iran. Jenseits davon gab es eine Auswahl, die sich sehen lassen konnte.
An der Preisverleihung, die durchaus Längen hatte, wurde der Präsident der internationalen Jury, Ashgar Farhadi, ausreichend für sein zu Recht gehyptes Werk gewürdigt. Dass der Regisseur in seinem eigenen Land einen Gerichtsprozess wegen Plagiats gegen eine seiner Studentinnen verloren hat, blieb in der Euphorie um seine Person gänzlich unerwähnt.
Was von dem Abend in Erinnerung bleibt ... ist der Sound von Claire Parsons’ Song, den sie eigens fürs Luxfilmfest komponiert hatte: er lief vor jedem Film und wir haben ihn noch immer im Ohr; die wunderbare Moderation von Céline Camara und schließlich das Video der beiden Macher von „De Humani Corporis Fabrica“: so weltfremd, genervt und bekifft wie Lucien Castaing-Taylor hat selten jemand in die Kamera gelunzt. Das war Slapstick pur! Und schließlich die Präsenz von jeder Menge Politiker. Man merkt, bald sind Wahlen. – Zum Glück überlegte es sich Franz Fayot, der in seiner Funktion als Minister für Entwicklungszusammenarbeit auftrat, dann doch noch anders und entschied sich dagegen, auf dem Foto mit der Jury des „2030 Award by Luxembourg aid & development“zu posieren.
Nichtsdestotrotz waren das ganz schön viele Jurys, zu viele? Allein die Dokumentarfilm-Jury war mit internationalen Expertinnen besetzt, dies rettete vor einem zu selbstbezogenen Charakter. Ihre Auswahl zeigt, dass objektive, filmästhetische Kriterien offenbar doch wichtiger sind als die politische Dimension der Filme. Leicht relativiert wurde dies durch die beiden Schul-Jurys, die unabhängig voneinander Sander Burgers „Totem“, eine Co-Produktion von Tarantula, auszeichneten. Und jetzt? Kommen erstmal die Oscars und vielleicht überrascht die 14. Auflage im nächsten Jahr durch frischeren Wind.