„Die Wahrheit für Alle zu reden“
Jede Generation von Journalisten in der Redaktion des „Luxemburger Wort“blickt mit Bewunderung auf den Mut und die Weitsicht der Gründerväter in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die heutige macht da keine Ausnahme. Man kann sich die Genugtuung jener Männer vorstellen, als sie am 23. März 1848 die erste Ausgabe ihrer neuen Zeitung in den Händen hielten. „Probe-Blatt“stand im Seitenkopf, wohl weil sich keiner sicher sein konnte, dass das Experiment gelingen würde.
Heute wissen wir, dass die Macher von damals richtig lagen. Ihr „Luxemburger Wort“wurde zur meistgelesenen Tageszeitung des Landes. Diese herausragende Stellung in der Luxemburger Medienlandschaft zu erhalten, ist eine Aufgabe, die immer wieder neu angegangen werden musste. Eine Erfolgsgarantie dafür gibt es heute ebenso wenig wie damals.
Das „Luxemburger Wort“ist ein Kind der Presseund Meinungsfreiheit. Die Zeitung entstand in den wilden Märztagen des Jahres 1848, als in ganz Europa, auch in Luxemburg, Menschen für Demokratie und Freiheit auf die Straße gingen. Nur wenige Tage nach Bekanntgabe des neuen, liberalen Pressegesetzes erschien das erste „Luxemburger Wort“.
In der ersten redaktionellen Richtlinie, dem Acht-Punkte-Programm, versprachen die katholisch motivierten Gründerväter, „nach bestem Wissen und Können die Wahrheit für Alle zu reden“. Es ist eine wunderbare Definition von Journalismus. Kann es eine noblere Aufgabe geben für Redakteure und Reporter, als Informationen zu sammeln, zu gewichten und jenen eine Stimme zu geben, die überhört werden?
Doch auch in diesem Jubiläumsjahr dürfen tiefgreifende Veränderungen nicht übersehen werden, denen sich der moderne Journalismus, und mit ihm traditionelle Medien wie das „Luxemburger Wort“, konfrontiert sehen. Die Demokratisierung des Wissens, die man von dem Technologie-Schub durch die Verbreitung des Internets zur Jahrtausendwende erwarten konnte, hat sich bisher nicht erfüllt. Im Gegenteil. Journalisten arbeiten heute in einem individualisierten Umfeld, in dem jede noch so exzentrische Meinung sich ihre eigene Öffentlichkeit sucht und, vor allem über die sozialen Netzwerke, findet. Sie kämpfen mitunter gegen eine verzerrte Darstellung der Wirklichkeit, in der Emotionen und selbst Lügen mehr Gewicht zu haben scheinen als Fakten. Und wie die Verbreitung von künstlicher Intelligenz den Journalismus verändern wird, ist heute noch gar nicht abzusehen.
Wachsamkeit ist daher geboten. Dort, wo die gesellschaftliche Gesprächsbasis zerfällt, gerät letzten Endes die Demokratie selbst in Gefahr, denn sie lebt von der Konsensbildung durch öffentliche Debatte. Für die Presse sind die digitalen Verbreitungswege und Darstellungsformen Chance und Herausforderung zugleich. Der Auftrag für Journalisten, als Wächter und Mittler „die Wahrheit für Alle zu reden“, ist aber heute so unverzichtbar wie vor 175 Jahren.
Der Auftrag für Journalisten ist heute so aktuell wie vor 175 Jahren.
Kontakt: roland.arens@wort.lu