Luxemburger Wort

Elterngeld für Betreuung daheim bleibt Dauerbrenn­er

Nach etwas mehr als einem Jahr: Die Einführung eines Elterngeld­s wird erneut als Petition im Parlament debattiert

- Von Ines Kurschat

„Ich möchte, dass Familien selbst entscheide­n können, wie ihre Kinder erzogen werden.“So beschreibt der Petitionär Luc Firmin Martiny sein Motiv für die Petition 2512, die innerhalb weniger Tage das Quorum von 4.500 Unterschri­ften erreichte und die am heutigen Donnerstag in der Chamber diskutiert werden soll.

Eine „Ausgleichs­zahlung an Familien“, die der Staat aktuell an Einrichtun­gen überweist, solle die „Wahlfreihe­it“für Mütter und Väter gegenfinan­zieren, die ihr Kind lieber daheim betreuen. In Luxemburg können Eltern, die bei ihren Kindern bleiben wollen, entweder Vollzeit- oder Teilzeit-Elternurla­ub beantragen, oder aber das Kind in der Kinderkrip­pe abgeben und dort von ausgebilde­ten Erziehern betreuen lassen. Eine staatlich finanziert­e Anerkennun­g für die Erziehungs­arbeit von Vätern und Müttern, die außerhalb des Elternurla­ubs zu Hause bleiben, um nach ihrem Kind zu sehen, und dabei auf Einkommen verzichten, war in der Vergangenh­eit mehrfach gefordert worden, wurde aber nie Realität.

Setzt die Gratisbetr­euung falsche Anreize?

Die Petition ist beileibe nicht die erste ihrer Art: Bereits vergangene­s Jahr erreichte eine ähnlich gelagerte Petition (2061) mit dem Ziel, finanziell­e Entschädig­ungen für Eltern zu erlangen, das Quorum und wurde am 5. Mai 2022 öffentlich im Parlament diskutiert. Hinter der Petition stand ein Vater von zwei Kindern; für Reichweite sorgten, wie bei der aktuellen Elterngeld-Petition, teilweise organisier­te Facebook-Gruppen, wie beispielsw­eise Méi Elteren, manner Staat respektive Famill.lu.

Die CSV hatte die Idee 2016 aufgegriff­en und ein Konzept hierzu vorgelegt. Vergangene Woche wurde die „echte Wahlfreihe­it“erneut zum Fokus einer Aktualität­sstunde der Chamber: Martine Hansen, CSV-Abgeordnet­e und bildungspo­litische Sprecherin, wollte die Frage diskutiere­n, ob die Gratis-Kinderbetr­euung in Crèches und Maisons relais nicht „falsche Anreize“setze und Eltern von ihrer erzieheris­chen Verantwort­ung enthebe. Der zuständige Minister Claude Meisch (DP) entgegnete, doch „mit den Füßen auf dem Boden zu bleiben“und wehrte sich gegen die seiner Meinung nach „ideologisc­he Debatte“.

Den Eindruck, immer mehr Kleinkinde­r würden von morgens früh bis abends spät fremdbetre­ut werden, konterte Claude

Meisch mit Zahlen: Demnach liegt der Anteil der unter Einjährige­n, die in konvention­ierten Einrichtun­gen betreut werden, seit Einführung der Schecks unveränder­t bei knapp über 20 Prozent; nur jedes fünfte Kleinkind werde demnach fremdbetre­ut.

Kinder unter einem Jahr weniger oft fremdbetre­ut

Bei den Zweijährig­en (und älter) ist das Verhältnis andersheru­m: Dort sind rund 80 Prozent der Kinder fremdbetre­ut. In Statistike­n des Erziehungs­ministeriu­ms, die dem „Wort“vorliegen, präzisiert­e das Ministeriu­m überdies, dass ein Drittel der Kleinkinde­r durchschni­ttlich rund 30 Stunden in einer Crèche verweile. Der Anteil der Kinder unter einem Jahr, die mehr als 30 Stunden, also vollzeitli­ch in Krippen betreut wurde, ist seit 2012 mit rund 38 Prozent auf inzwischen 20 Prozent gesunken.

Die Trendwende, die der Minister auf den eingeführt­en flexibilis­ierten Elternurla­ub zurückführ­te und die damit verbundene Möglichkei­t, eine Erziehungs­auszeit daheim zu nehmen, dürfte der Popularitä­t der Elterngeld-Initiative indes kaum Abbruch tun. In Deutschlan­d gibt es das Elterngeld seit 2007, es wurde 2015 um ein Elterngeld-Plus ergänzt. Einer Umfrage im Auftrag des Bundesfami­lienminist­eriums zufolge gehört es zu den von der Bevölkerun­g am meisten geschätzte­n Familienle­istungen.

Wir sollten schauen, dass wir mit den Füßen am Boden bleiben, dass wir uns auf Fakten basieren (...). Erziehungs­minister Claude Meisch, DP

 ?? Foto: Getty Images ?? Wie viele Väter und Mütter würden ihre Kinder lieber daheim betreuen – wenn sie es sich leisten könnten?
Foto: Getty Images Wie viele Väter und Mütter würden ihre Kinder lieber daheim betreuen – wenn sie es sich leisten könnten?

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg