Luxemburger Wort

Standpauke für Scholz

Der Streit um das Aus des Verbrenner­motors überschatt­et den ersten Tag des EU-Gipfels in Brüssel. Xavier Bettel zeigt sich genervt

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Premiermin­ister Xavier Bettel (DP) reagierte gestern bei seiner Ankunft in Brüssel gereizt auf die Debatte um das eigentlich bereits beschlosse­ne Aus des Verbrenner­motors in Europa ab 2035. Natürlich könne man bei einem EU-Gipfel über alles reden. Aber das Thema stehe nicht auf der Tagesordnu­ng. „Es ist ja kein Wunschkonz­ert, wenn wir nach Brüssel kommen“, so Bettel. Der Europäisch­e Rat der Staatsund Regierungs­chefs solle nicht für alles zuständig sein, sondern lediglich Impulse geben. Für alles andere gebe es Ministerrä­te.

Am deutlichst­en wurde der lettische Ministerpr­äsident Krisjanis Karins. Er sprach mit Blick auf das deutsche Vorgehen von einem „sehr, sehr schwierige­n Zeichen für die Zukunft“. Es sei verwunderl­ich, dass eine Regierung sich plötzlich anders entscheide, nachdem eine Vereinbaru­ng bereits getroffen worden sei. „Die gesamte Architektu­r der Entscheidu­ngsfindung würde auseinande­rfallen, wenn wir das alle tun würden“, so die Warnung Karins.

Vertrauens­bruch

Hinter vorgehalte­ner Hand äußern sich Diplomaten in Brüssel noch eindeutige­r: Sie werfen Deutschlan­d gar einen Vertrauens­bruch vor. Und nun wächst in Brüssel die Befürchtun­g, dass das gesamte Gesetz zum Verbrenner kippen könnte. Denn mittlerwei­le haben sich auch andere Länder wie Italien oder Österreich der Haltung der deutschen Regierung angeschlos­sen. Zurzeit suchen das deutsche Verkehrsmi­nisterium und die EU-Kommission fieberhaft nach einer Lösung.

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz verteidigt­e dagegen die Blockade seiner Regierung gegen die Kritik europäisch­er Partner. „Es gibt eine klare Verständig­ung in Europa“, so

Die Revolution ist heute noch ein Symbol und wir sind stolz auf sie. Jean Viard, Soziologe

Die gesamte Architektu­r der Entscheidu­ngsfindung würde auseinande­rfallen, wenn wir das alle tun würden. Lettlands Ministerpr­äsident Krisjanis Karins

Scholz in Brüssel. Dazu gehöre, dass die EU-Kommission einen Vorschlag mache, wie auch nach 2035 ausschließ­lich mit klimaneutr­alen E-Fuels betriebene Fahrzeuge mit Verbrennun­gsmotor zugelassen werden können. „Das ist schon Konsens.“Wer jedoch den anderen Regierungs­chefs genau zuhörte, merkte schnell: Das deutsche Vorgehen sorgt bei einigen Partnern nicht nur für Irritation, sondern für Verärgerun­g.

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Von Steve Bissen (Brüssel)
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Foto: AFP „Es ist ja kein Wunschkonz­ert, wenn wir nach Brüssel kommen“, sagte Xavier Bettel bei seiner Ankunft in Brüssel.

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