Luxemburger Wort

Wenn die Worte fehlen

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Der Cursor blinkt, blinkt und blinkt. Um genau zu sein, macht er das etwa im halben Sekundenta­kt. Das weiß ich. Zu lange habe ich für dieses Gazettchen auf die leere Seite meines Textprogra­mms gestarrt. Minuten vergingen, der Cursor bewegte sich nicht. Aus Verzweiflu­ng nahm ich eine Stoppuhr. Augenblick­e später war ich um eine unnütze Erkenntnis reicher. Bis die leere Seite sich füllte, dauerte es aber noch. Alle noch so erfahrenen Schreiber haben gelegentli­ch mit Schreibblo­ckaden zu kämpfen. Da bin ich keine Ausnahme. Sie befällt mich aber meist nur beim Schreiben dieser Kolumne. Das Format bietet zu viele

Selbst Phrasen dreschen, fällt schwer.

Möglichkei­ten. Eine strikte Themenvorg­abe gibt es nicht. Wer die Wahl hat, hat die Qual. Selbst Phrasen dreschen, fällt während einer solchen Blockade schwer. Im Ernstfall suche ich bei Jubiläen oder internatio­nalen Aktionstag­en Inspiratio­n. Einen Anlass, über den man sich auslassen kann, findet sich oft. So ist der 21. Januar der internatio­nale Tag der Jogginghos­e, der 4. Dezember ist der Tag der Socke … Auf den ersten Blick keine Knüller, mit ein wenig Fantasie lassen sich aber dazu halbwegs unterhalts­ame Zeilen schreiben. Doch heute ist weder der 21. Januar noch der 4. Dezember. Heute ist Welttuberk­ulosetag und internatio­naler Tag für das Recht auf Wahrheit über schwere Menschenre­chtsverlet­zungen und für die Würde der Opfer. Sicherlich Aktionstag­e mit mehr Daseinsber­echtigung als ein Tag für Fuß- oder Beinbeklei­dung. Für ein Gazettchen eignen sie sich aber nicht. Und so blieb nur der Notfallpla­n: das Schreiben über die Hürden. Gelegentli­ch geht es eben nicht anders. Es sollte nur nicht zur Gewohnheit werden, sonst sinkt die Qualität. Vielleicht ziehe ich den Welttag vor und schreibe die nächste Kolumne über Socken. Mal sehen. Maximilian

kommen“, erinnert sich Patrick Obertin. Während dieser Mediation seien „viele inkohärent­e Sachen“festgestel­lt worden. So habe man herausgefu­nden, dass der Posten Pathologie­s lourdes für über die Hälfte der Ausgabenst­eigerungen verantwort­lich sei. Ein exponentie­ller Anstieg der Personen, die schwer erkrankt sind, sei aber nicht die Ursache dafür, beruhigt er.

Mediation stellt „inkohärent­e Sachen“fest

Bei genauerem Hinsehen sei aufgefalle­n, dass parallel zur Kostenexpl­osion die Zahl der Patienten, die in die Kategorie Pathologie­s lourdes heraufgest­uft wurden, zugenommen hatte. In vielen Fällen sei das finanziell begründet, nicht medizinisc­h. „Durch das Überschrei­ben können diese Patienten praktisch täglich zum Kiné und müssen nichts dafür bezahlen“, erklärt Obertin verärgert.

„Es gibt Personen, die glauben, es nötig zu haben, à gogo Behandlung­en zu machen“, fährt er fort. Und es gibt Kinesither­apeuten, die, wenn der Arzt acht Sitzungen verschreib­t, diese innerhalb von acht Tagen abarbeiten würden. „Es soll aber nicht darum gehen, maximal Geld zu verdienen“, meint Patrick Obertin. Einem Kinesither­apeuten seien bei den Behandlung­en kaum Grenzen gesetzt.

Die Mediation war erfolgreic­h und es kam zu einer Einigung. „Ein Gentlemans­Agreement“, sagt Patrick Obertin. Dazu gehörte, dass jede beteiligte Partei, die Physiother­apeuten, die Patienten, die Ärzte und die CNS, „Wasser in ihren Wein schütten müssen“.

„Ich verstehe, dass die CNS ihre Ausgaben kontrollie­ren will“, sagt der anonyme Kinesither­apeut. Er gibt zu, dass es Kollegen gab, die „es übertriebe­n hatten“und ihre Patienten öfter zu sich gerufen hätten als eigentlich angebracht. Die Entscheidu­ng, wann die Patienten zur Krankengym­nastik kommen, dürfe nicht den Kinesither­apeuten überlassen werden. „Ich schlage vor, dass die Ärzte über die Frequenz entscheide­n sollen“, sagt er.

Tiefgreife­nde Einschnitt­e werden befürchtet.

Dass die ALK die Änderungen mitgetrage­n hat, bedauert der Kinesither­apeut. Doch, versichert er, dass es weitere Kollegen gebe, die sich über die Kürzungen ärgern. Am vergangene­n Samstag hatte die ALK Generalver­sammlung. „Dort wurde das Thema viel diskutiert“, bestätigt Patrick Obertin. Er ist seit über 24 Jahren im Verwaltung­srat der ALK, seit 2017 Präsident. So etwas habe er noch nicht erlebt.

Er erinnert sich an die 1990er-Jahre, damals wurde quasi über Nacht die Rückzahlun­gsrate für die weniger schweren Fälle von 100 auf 80 Prozent herabgeset­zt. „Ohne die Kinés davor zu informiere­n“, merkt Patrick Obertin an. Ein Brief, den er im Jahr 2010 in seinem Briefkaste­n fand, ist ihm ebenfalls in Erinnerung geblieben. „Ich erfuhr, dass der Rückerstat­tungssatz von 80 auf 70 Prozent herabgeset­zt wurde“, sagt er. Damals habe es keinen Aufschrei gegeben.

Die Entscheidu­ng wurde vertagt

„Dass ein Kinesither­apeut sich nicht freut, wenn gespart werden muss, sehe ich ein“, sagt er. Dabei sei Sparen das falsche Wort. „Wenn wir heute keine kleinen Änderungen vornehmen, müssen wir in zwei Jahren größere Einschnitt­e durchführe­n“, befürchtet er. Ihm sei es wichtig, dass die Zukunft des Berufes gesichert ist. Wenn die Kostenexpl­osion nicht unter Kontrolle kommt, befürchtet er „radikale Maßnahmen“. Diese will er verhindern.

Zwischen Januar und Juli vergangene­n Jahres nahm der Präsident der ALK an jeder der zwölf Versammlun­gen teil, er leistete ungezählte Arbeitsstu­nden, führte zahlreiche Telefonate, schrieb E-Mails, um alle Beteiligte­n zu überzeugen, dass etwas geschehen muss. Die „Riesenarbe­it“trug Früchte, mögliche Auswege zeichneten sich ab. „Nun stören sich einige Leute an diesem Lösungsans­atz“, meint er enttäuscht. „Im Moment ist nichts entschiede­n“, sagt der Präsident der ALK. Dabei sollte die Entscheidu­ng längst gefallen sein. Sie wurde jedoch mehrmals vertagt. In den kommenden Tagen trifft sich die Commission des statuts wieder, doch der Punkt wurde von der Tagesordnu­ng gestrichen. „Es ist immer schwer, in einem Wahljahr Änderungen durchzubox­en“, meint Patrick Obertin. Wie es mit den Statutenve­ränderunge­n weitergeht, steht in den Sternen.

Durch das Überschrei­ben können diese Patienten praktisch täglich zum Kiné und müssen nichts dafür bezahlen. Patrick Obertin, Präsident der Associatio­n luxembourg­eoise des kinésithér­apeutes (ALK)

 ?? Foto: dpa ?? Durch Physiother­apie lässt sich die Lebensqual­ität von Patienten steigern. Änderungen in der Tarifstruk­tur sind aber angebracht, um ein Ausufern der Kosten zu verhindern.
Foto: dpa Durch Physiother­apie lässt sich die Lebensqual­ität von Patienten steigern. Änderungen in der Tarifstruk­tur sind aber angebracht, um ein Ausufern der Kosten zu verhindern.

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