Radio 100,7 startet Klassikkanal „opus“
Große Ziele gibt es für das Streaming: mehr Platz für die klassische Musik, mehr Platz für exklusives Material und regionale Kulturschaffende
Das Geheimnis ist gelüftet, das Programm ist ab dem 24. März online: „opus 100,7“heißt der neue Spartenkanal von radio 100,7, der über internetfähige Radioempfänger, die eigens eingerichtete Internetseite oder auch über die App „Radioplayer“aufgerufen werden kann.
Das Ziel: Mehr Platz für die Klassik-Szene und die, die sich für sie begeistern lassen. Oder wie es 100,7-Direktor Jean-Lou Siweck sagt: „opus 100,7 ist die Gelegenheit, den Freunden der klassischen Musik wieder mehr Entfaltungsraum im Haus 100,7 zu geben. Im Spagat zwischen dem Kultursender der Anfangsjahre und dem heutigen Flächensender mit starkem Informationsangebot stand diese Musikrichtung zugegebenermaßen nicht immer im Fokus. Die Dynamik in der hiesigen Klassikszene rechtfertigt aber, hier ein komplettes Angebot zu schaffen, auch wenn wir nicht das gleiche Budget einsetzen können, wie bei radio 100,7.“
Aber bietet das nicht auch eine Möglichkeit, gleich ganz die Sparte aus dem Hauptprogramm zu streichen? „Ganz und gar nicht“, sagt Luc Boentges, der spartenverantwortliche Redakteur. „Hinter diesem Kanal stecken zwei Überlegungen: Auf der einen Seite reagieren wir damit darauf, dass Luxemburg wirklich sehr lebendig ist, was die Klassikszene angeht. Der Sektor arbeitet zudem immer professioneller oder stellt sich immer professioneller auf. Und da gibt es einfach eine Dynamik. Das gibt die Basis für den Kanal – und komplett verschwinden wird die klassische Musik damit im gewohnten Angebot von 100,7 sicher nicht.“
Dynamik entwickelt vielleicht auch das recht junge Team selbst, das hinter dem Kanal steckt. Die Sparte soll sich Zug um Zug entwickeln. Ein großes eigenes Budget, mit dem das Angebot stark werden könnte, gibt es nicht. Ein Wermutstropfen: die Redakteurinnen und Redakteure müssen zudem auf die Expertise und das Netzwerk des langjährigen Kulturexperten des sozio-kulturellen Radios, Guy Engels, verzichten – er hat inzwischen seine Rente angetreten.
So bleibt das Projekt an den Mustern des „Hauptprogramms“orientiert. Die Nachrichten werden auch im neuen Kanal eine Grundkonstante sein. Zunächst soll opus 100,7 insbesondere viel Musik bereitstellen. Eine speziell kuratierte Playlist liegt bereit: Sie soll angepasst an die Tageszeit unterhalten und bereichern, so Boentges. Lange Werke mit dem Umfang von Stunden seien eher die Ausnahme. Einerseits greifen die Radiomacher dann auf Material des internationalen Verbundes European Broadcasting Union zurück und – ganz bewusst – auf die vielen eigenen Aufnahmen, die im Großherzogtum zusammengetragen wurden und werden. Angepeilt sind 20 Prozent Programmzeit für die Musik lokaler Kulturschaffenden. „Im Testbetrieb waren es sogar mehr“, sagt Boentges.
Dass es eine Nachfrage generell auch jenseits von Luxemburg gibt, unterstreicht vielleicht auch die geplante Einführung einer eigenen Klassik-Musik-App von Apple. Sollte sich der Luxemburger Kanal, der sich im Wirrwarr der heutigen Streamingangebote behaupten, werden dann auch andere Sparten von 100,7 mit so einem Angebot bedacht werden? Ein Kanal den Bereich Pop/Rock/Jazz/Electro zum Beispiel? Oder ein Literatur-Kanal? „Wir haben derzeit keine konkreten Pläne für weitere Angebote“, sagt 100,7-Direktor JeanLou Siweck. „Aber mit opus 100,7 hat sich das Haus schon ein Fachwissen angeeignet, was solche Angebote vorstellbar macht, ohne dafür gleich riesige Geldsummen zu benötigen. Die nächste Etappe ist für uns erst einmal der digitale Rundfunk für unsere beiden Sender sowie der Ausbau der Moderation auf opus 100,7.“
Mit „digitalem Rundfunk“meint Siweck die Einrichtung der digitalen Norm DAB+, die in vielen anderen Ländern schon eingeführt ist. „Der politische Wille, auf Basis der Norm DAB+, digitalen Rundfunk in Luxemburg einzuführen, ist gegeben. Das Rundfunkgesetz muss allerdings noch diesbezüglich angepasst werden. Wir hoffen in einem Jahr, spätestens in 18 Monaten, radio 100,7 und opus 100,7 auch über ein landesweites DAB+-Netz verbreiten zu können.“