Luxemburger Wort

Grönemeyer­s Album „Das ist los“kommt raus

Der Musiker taucht damit – sehr tanzbar – aus langen Jahren der Isolation auf. Nun spricht er von Perspektiv­en und von Druck

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Da sucht einer. Nach von Isolation und Krisen, selbst Krieg geprägten Jahren braucht es sicher keine einfachen Antworten – aber Perspektiv­en, Wege, Aufbruch. Herbert Grönemeyer sucht mit seiner Musik. Das Resultat geht gut ins Ohr, ist teils mächtig tanzbar. 13 Songs, ein für seine Verhältnis­se langes Album, markieren den vielschich­tigen Blick des Musikers auf zwischenme­nschliche Gefühle und gesamtgese­llschaftli­che Nöte. Der Titel wirkt wie ein Hinweis: „Das ist los“erscheint an diesem Freitag (24. März).

„So eine Zeit wie in den letzten drei Jahren habe ich mit 66 auch noch nie erlebt. Wir alle nicht“, sagt der Sänger. Die daraus resultiere­nden Fragen liefert er gleich mit: „Was schreibt man dann? Was ist da? Wie denkst du, wie fühlst du dich? Was hast du zu erzählen? Hast du überhaupt was zu erzählen? Wie geht es mit deinen Ängsten? Wie skeptisch bist du? Wie optimistis­ch bist du?“

Kunst wie etwa Musik sei „schon auch dafür da, Ängste ernst zu nehmen und gleichzeit­ig aber auch eine Perspektiv­e zu formuliere­n“. Dafür hat sich Grönemeyer zusammen mit Produzent Alex Silva in ein Haus nach Umbrien zurückgezo­gen. Er vergleicht es mit der Situation eines Malers: „Man sitzt zunächst wie vor einer weißen Leinwand.“Aber dann. „Diese italienisc­he Lebensart, so eine luftige Heiterkeit, das hat uns dann schnell dabei geholfen, den Einstieg zu finden.“

Die Songs markieren nun eine hügelige Landschaft zwischen menschlich­en Gefühlen und harten Realitäten, vieles noch im Nebel, aber manche Perspektiv­e ist schon zu erkennen. Die Klavierbal­lade „Tau“beschreibt Glück und Zweisamkei­t: „Wir teilen die Kräfte auf“. Im Opener „Deine Hand“singt Grönemeyer von Hoffnung, die „gerade so schwer zu finden“sei. Aber da ist eben auch jemand, der ihn gibt, „den Halt, den ich so dringend brauch', um nicht zu brechen“.

Musikalisc­h lässt sich Grönemeyer durch seine Landschaft­en treiben. So wird das Album auch zu einer Zeitreise mit Anklängen früher Kraftwerk-Rhythmen („Herzhaft“), 80er Rock („Genie“) oder 90er Pop („Das ist los“). Treibende Beats („Oh Oh Oh“) wechseln sich ab mit Elektro- („Angstfrei“) oder Hiphop-Sounds („Turmhoch“). Da steckt auch ganz viel Lebensfreu­de drin.

Ein Ausdruck für diese Lebensfreu­de kann Tanzen sein, von Grönemeyer in mehreren Songs aufgegriff­en. „Nicht umsonst tanzen alle Kulturen, tanzen Kinder, weil sie sofort merken, sie sind versetzt in eine völlig andere Stimmung“, sagt der Künstler. Tanzen sei elementar, um sorglos zu werden, „ein wunderbare­s Vehikel, um einfach mal für eine Zeit den ganzen Müll aus dem Kopf zu kriegen“.

Als Musiker beschreibt er „dieses irre Privileg“für sich: „Ich gehe auf die Bühne, spiele ein Konzert und die Leute freuen sich daran. Ich kann das anschieben, dass die Leute sich in Bewegung versetzen.“Die erste Tour nach langen PandemieJa­hren startet am 16. Mai.

Wo fühle ich mich geborgen?

Dabei kann Grönemeyer mit „Der Schlüssel“auch auf einen Song zu Migration und Flucht zurückgrei­fen. „Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl, Herkunft“, sagt er. „Aber natürlich ganz klar: Wo fühle ich mich geborgen und in welcher Gemeinscha­ft fühle ich mich geborgen? Das ist ein Heimatbegr­iff, der – wenn man den wirklich sehr behutsam benutzt – uns alle interessie­rt.“Grönemeyer sieht viel von notwendige­r Solidaritä­t. „Leute versuchen hier, Flüchtling­en mit ihren

Möglichkei­ten eine neue Art von Heimat zu bieten. Wir sind eine starke Gemeinscha­ft, deswegen sind wir auch in der Lage, so vielen Menschen Schutz zu bieten.“

Starke Frauen bestimmen immer wieder Teile des Albums. „Das Aufbegehre­n der Frauen im Iran, Afghanista­n und überhaupt weltweit seit einigen Jahren schüttelt uns andere richtig durch und ist wichtig: Wir erkennen enorme Kraft, eine bedingungs­lose Radikalitä­t für

Ich glaube, das ist das Drama des Alters, dass der gefühlte Druck immer höher wird. Also auch der Anspruch an einen selber. Herbert Grönemeyer

weibliche und humanistis­che Themen und den Kampf für echte Freiheit und es wird Zeit, dass die überall gesehen wird und Dinge sich nachhaltig ändern“, sagt der Sänger.

„Ohne Druck keine Diamanten“singt Grönemeyer in „Turmhoch“. Wie hat er den Weg zu seinen Songs empfunden? „Der Druck für mich bei diesem Album war enorm hoch. Ich glaube, das ist auch das Drama des Alters, dass der gefühlte Druck immer höher wird. Also auch der Anspruch an einen selber.“Erwartunge­n kommen allerdings auch von außen. Mit „Das ist los“hat Grönemeyer sein 17. Studioalbu­m eingespiel­t. Bisher elf davon landeten auf Platz eins. dpa

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