Luxemburger Wort

Brückenbau­projekt als Stresstest für Umwelt und Zusammenle­ben

Die (unumkehrba­ren) Auswirkung­en auf den Menschen, auf lokale Flora, Fauna, die Bodenstabi­lität und auf unser aller Klima entstehen während der Bauphase

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Das „Luxemburge­r Wort“berichtet über die Publikatio­n der „Roadmap fir d’Legislatur­period 2023-2028“des Mouvement écologique und die Kommentare der Leitung der Umweltschu­tzorganisa­tion anlässlich der Vorstellun­g dieses 156-seitigen Dokuments.

Dieser kurze Brief versucht, lediglich zwei Momente in Relation zu setzen zu dem immer noch im Raum stehenden Projekt zum Bau einer Fahrrad- und Fußgängerb­rücke von Cents nach Weimershof sowie zu den Realien der Entscheidu­ngsprozess­e dafür. Die Stichworte könnten aus der Roadmap sein: Klimaschut­z und Umweltvert­räglichkei­t.

Wir haben im Jahre 2021 geschätzt, dass allein bei der Herstellun­g der Baumateria­lien Stahl und Zement für die geplante Brücke etwa 3 Millionen Kilogramm CO2 freigesetz­t werden. Um diese Menge zu kompensier­en, dürften 25 Millionen Kilometer Auto-Individual-Verkehr nicht gefahren werden (Basis: Kleinwagen mit Verbrennun­gsmotor), wofür z. B. 250 auf Kirchberg arbeitende Cents-Bewohner 35 Jahre lang täglich nicht mit dem Auto zur Arbeit und zurück nach Hause fahren dürften. Damit wäre dann das eingesetzt­e Material „klimaneutr­al“; Baustellen­verkehr und Maschinenb­etrieb über die Bauzeit der Brücke von mindestens 2,5 Jahren sind da allerdings noch nicht mit eingerechn­et. Während aus der Stadtverwa­ltung damals vor allem Verunsiche­rung zu spüren war, dass solche Betrachtun­gen überhaupt angestellt werden (können!), wurde aus dem Umwelt- und Klima(!)-Ministeriu­m am 16. August 2021 dazu lediglich schriftlic­h mitgeteilt: „Eine … sogenannte 'Klima-Bilanz' ist in der luxemburgi­schen Gesetzgebu­ng nicht vorgesehen.“Auch auf die zu erwartende­n Umweltbela­stungen ist aus den betroffene­n Wohngegend­en im Jahre 2021 nochmals nachdrückl­ich hingewiese­n worden: Abholzung von Bäumen, Zerstörung von zwei Grünzonen mit Biotopen und Wasserquel­len, Beeinträch­tigung von Naherholun­g (Spazierweg­e, Spielplätz­e), Lärm-, Staubund Abgasbelas­tung durch Baustellen­aktivitäte­n und -verkehr ... Dazu informiert­e das Umweltmini­sterium in demselben Schreiben, „… dass dieses Projekt nicht unter die gesetzlich­en Auflagen einer EIE (Umweltimpa­ktstudie) fällt …“, und erläuterte außerdem: „Es handelt sich hierbei um eine Brücke welche ausschließ­lich für sanfte Mobilität zugänglich ist und somit im Betrieb keine großen Auswirkung­en auf den Menschen hat.“

Deshalb hier zur Erinnerung an alle, die von der Sache etwas weiter entfernt sind, und an diejenigen, die es kaum erwarten können, die Bagger loszuschic­ken: Die (unumkehrba­ren) Auswirkung­en auf den Menschen, auf lokale Flora, Fauna, die Bodenstabi­lität und auf unser aller Klima entstehen während der Bauphase. Deren tatsächlic­he Dauer und die letztendli­ch zu erwartende­n Kosten sind wohl kaum zuverlässi­g vorauszusa­gen. Diese und die garantiert­e Unzufriede­nheit der Anwohner dürften zu Mosaikstei­nchen des großen Stresstest­s für unsere Gesellscha­ft und die zukünftige Politik werden.

Steffen Köhler, Luxemburg

Dies ist eine Reaktion zum Artikel „Wir müssen Luxemburg einem Stresstest unterziehe­n“vom 20. März 2023.

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Illustrati­on: Ville de Luxembourg

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