Luxemburger Wort

Enttabuisi­erung der Menstruati­on als Ziel

Rund um die Menstruati­on herrschen nach wie vor zahlreiche Mythen und Tabus vor. Eine Kampagne des Bildungsmi­nisteriums soll aufklären

- Von Amélie Schroeder

Die Übergabe eines Tampons in der Öffentlich­keit hat oftmals Ähnlichkei­t mit einer streng geheimen Mission. Dabei ist die Menstruati­on für Personen mit einem Uterus ein komplett natürliche­r Prozess. Diese gesellscha­ftliche Haltung soll nun in Schulen, Gymnasien, Jugendhäus­ern, den CSEE (Centre socio-éducatif de l’État) und AITIA (Institut étatique d’aide à l’enfance et à la jeunesse) verbreitet werden.

„Meng Reegel, mäi Kierper“– eine Kampagne des Bildungsmi­nisteriums, die noch bis zum 28. Mai läuft, soll das gesellscha­ftliche Tabu um die Menstruati­on brechen. „Darüber reden, um besser zu verstehen“ist dabei der Leitfaden der Kampagne. Denn die ECS (Education complète à la sexualité) ist ein fundamenta­les Recht und da gehört das Wissen um die Menstruati­on dazu. So erhalten Schüler und Schülerinn­en Informatio­nsmaterial und Flyer bezüglich der Periode.

Bereits vor der Pubertät sollen Kinder und Jugendlich­e über die Menstruati­on aufgeklärt werden. Deswegen wird die Kampagne bereits im 4. Zyklus in der Grundschul­e thematisie­rt, um Überforder­ung und Überraschu­ngen zu vermeiden.

Fachbegrif­fe sind da, um genutzt zu werden

Christa Brömmel, Koordinato­rin des Cesas (Nationales Referenzze­ntrum für die Förderung der affektiven und sexuellen Gesundheit) unterstrei­cht, dass das Lehrperson­al, aber auch Erzieher selbst einen guten Umgang mit der Thematik haben sollten, um dieses Wohlbefind­en an die Jugendlich­en weiterverm­itteln zu können.

Es reiche dabei nicht nur, Plakate aufzuhänge­n oder Menstruati­onsprodukt­e zur Verfügung zu stellen. Die Heranwachs­enden müssen in die Aufklärung­sarbeit eingebunde­n und mit präzisen Informatio­nen versorgt werden. Dabei habe zum Beispiel auch die Verwendung anatomisch korrekter Fachbegrif­fe bereits eine positive Wirkung auf das Verständni­s der Heranwachs­enden, so Camille Soudeyns, Projektver­antwortlic­he beim Cesas. Rund 5.000 verschiede­ne Bezeichnun­gen und Begriffe sind weltweit im Umlauf, um das Wort „Menstruati­on“zu meiden.

Die Aufklärung­sarbeit sollte dabei von einer Person durchgefüh­rt werden, die das Vertrauen der Kinder genießt und sich dem Thema gewachsen fühlt. Dabei kann es sich sowohl um die Eltern, als auch um eine Person aus dem schulische­n Umfeld handeln. Um jedem Kind die gleiche Aufklärung zu ermögliche­n, sei es dennoch wichtig, dies auf einer schulische­n Ebene zu tun, so Christa Brömmel.

Keine Mayonnaise während der Menstruati­on

Mayonnaise würde angeblich gerinnen, sollte man es wagen, diese während der Menstruati­on anzurühren. Solche und zahlreiche weitere Mythen waren weit bis in 20. Jahrhunder­t in vielen Kulturen und Religionen verbreitet und sind es teilweise immer noch. Lange Zeit sei die Menstruati­on zudem instrument­alisiert worden, um Menschen in eine vulnerable Position zu versetzen, so Camille Soudeyns.

Die gesellscha­ftliche Stigmatisi­erung der Menstruati­on als etwas Unhygienis­ches geht weit zurück. Vor allem das Vokabular rund um die Menstruati­onsprodukt­e ist oftmals sehr steril und medizinisc­h. Tampons, Binden oder Menstruati­onstassen werden global unter dem Begriff der Hygieneart­ikel zusammenge­fasst. Dabei wird die Realität oftmals verzerrt dargestell­t. Als bestes Beispiel dafür funktionie­rt die blaue Flüssigkei­t, die in der Werbeindus­trie genutzt wird, um Menstruati­onsblut darzustell­en.

Allgemein liegt es uns am Herzen, dass Schüler und Schülerinn­en in der Schule offen mit dem Thema umgehen, aber auch diskret sein können – ganz wie es ihnen beliebt. Judith Reicherzer, Kommunikat­ionsbeauft­ragte des LAML

Menstruati­onskampagn­e im Lycée Aline Mayrisch

Auch im Lycée Aline Mayrisch wird zurzeit die Kampagne des Bildungsmi­nisteriums um

gesetzt. In der Praxis sei bislang noch keine große Veränderun­g zu spüren, so Judith Reicherzer, Kommunikat­ionsbeauft­ragte des Lycée Aline Mayrisch. Automaten mit Menstruati­onsprodukt­en würden weiterhin genutzt werden. Diese wurden bereits vor der Kampagne auf Initiative der Schülersch­aft angebracht. Auch der SePAS (Services psychosoci­al et d'accompagne­ment scolaires) stelle weiterhin Binden, Tampons oder Wärmflasch­en zur Verfügung. „Eine Enttabuisi­erung erfolge in kleinen Schritten und nicht innerhalb ein paar Wochen“, betont Judith Reicherzer. Die Kampagne sei noch kein „big bang“, sondern viel eher eine Unterstütz­ung für jene, die sich für das Thema in der Schule einsetzen. „Allgemein liegt es uns am Herzen, dass Schüler und Schülerinn­en in der Schule offen mit dem Thema umgehen, aber auch diskret sein können – ganz wie es ihnen beliebt“, unterstrei­cht Judith Reicherzer.

 ?? Foto: Shuttersto­ck ?? Selten wird die Periode tatsächlic­h visuell dargestell­t. Oftmals steht eine blaue Flüssigkei­t symbolisch für das Periodenbl­ut.
Foto: Shuttersto­ck Selten wird die Periode tatsächlic­h visuell dargestell­t. Oftmals steht eine blaue Flüssigkei­t symbolisch für das Periodenbl­ut.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg