Jongbaueren schließen Straßenblockaden in Luxemburg nicht aus
Die deutschen Bauern legen mit Protesten halb Deutschland lahm. Subventionen für Landwirte sollen gestrichen werden. Eine solche Aktion könnte in Zukunft auch Luxemburg blühen
Fast hätten die Luxemburger Bauern das halbe Land lahmgelegt – und das noch vor ihren deutschen Nachbarn. Doch es ist damals anders gekommen. Unzufrieden mit dem neuen Agrargesetz und der Kommunikation des Landwirtschaftsministeriums platzierten die Jongbaueren a Landjugend im Dezember 2022 300 bis 400 grüne Kreuze mit roten Stiefeln entlang der Straße. Als Ausdruck der Existenzangst der Bauern. Daraufhin demonstrierten die Landwirte vor der Chamber. Ein Streik stand intern damals zur Diskussion, sagt Luc Emering, der ehemalige Präsident der Jongbaueren a Landjugend, selber Landwirt und heutige DP-Abgeordnete dem „Luxemburger Wort“. „Ich war gegen den Streik. Hätte man uns damals nach der Aktion mit den grünen Kreuzen ignoriert, wären Streik und Blockaden der nächste Schritt gewesen.“
Doch dazu ist es nicht gekommen. Nachdem ein Agrargipfel einberufen und Änderungen am neuen Agrargesetz vorgenommen wurden, kehrte in der Bauernschaft wieder Ruhe ein. Im Gegensatz zu Deutschland, wo am Montag die Bauern fast das ganze Land mit Blockaden von Autobahnausfahrten und Straßen lahmlegten. Auch in der Trierer Region, wo Luxemburger Grenzpendler vom Verkehrschaos, das durch die Aktion ausgelöst wurde, betroffen waren. Und das alles, obwohl die deutsche Bundesregierung nach der Einigung eines Sparpakets im Dezember vorige Woche eigentlich zurückgerudert war. Statt die Subventionen auf Agrardiesel dieses Jahr zu streichen, sollen diese nun bis 2026 schrittweise entfallen. Die KfzSteuer auf Traktoren und Mähdrescher bleibt für Landwirte zudem weiterhin aus.
In Luxemburg liegt die Gefahr, diese Privilegien zu verlieren, in weiter Ferne. Eine Kfz-Steuer auf Traktoren existiert nicht und Landwirte profitieren vom verbilligten roten Diesel für landwirtschaftliche Aktivitäten. Kein Grund also, um selbst auf die Barrikaden zu gehen – oder? Während Luc Emering behauptet, mit den Änderungen am Agrargesetz gäbe es aktuell für die heimischen Landwirte keinen Grund zu protestieren, schließt sein Nachfolger bei den Jongbaueren a Landjugend, Charel Ferring, nichts aus. „Es ist nicht unmöglich, dass wir irgendwann mal eine solche Aktion in die Wege leiten.“Im Umweltministerium laufe aktuell nicht alles so ab, wie man es sich erhofft hat, gibt Ferring an. Die neue Regierung würde weiter so verfahren wie bisher. „Bei verschiedenen Dossiers ist hierzulande unter den Bauern der Unmut groß.“
Budgetloch der Bundesregierung „nicht die Schuld der Landwirtschaft“
Zu den Protesten in Deutschland haben sich die Jungbauern nicht offiziell geäußert. Ferring habe bei einer Versammlung am Wochenende seine Mitglieder jedoch davor gewarnt, „mit dem Traktor mitzufahren und sich in Sachen einzumischen, wo wir nichts zu suchen haben“. Er habe seine Mitglieder nicht abgehalten teilzunehmen, habe aber auch nicht dazu aufgerufen, sich zu beteiligen.
Wer sich dazu entschieden hat, vor Ort mit dem Traktor zu fahren, solle jedoch kein Symbol der Jongbaueren zur Schau stellen, so die Anweisung. Obwohl die Jongbaueren klar hinter den deutschen Landwirten stehen, gibt Ferring an: „Sie protestieren nicht, weil sie etwas mehr wollen, sondern weil sie etwas verlieren. Das Budgetloch der Bundesregierung ist nicht die Schuld der Landwirtschaft, die Bauern aber die ersten Opfer.“
Tatsächlich sind der Grund für den Ärger der Landwirte die angekündigten Sparpläne der Ampel-Regierung. Die war Ende vorigen Jahres nach einem
Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe unter Druck geraten. Nicht verbrauchte Corona-Staatsschulden aus dem Jahr 2021 in der Höhe von 60 Milliarden Euro, die als Ausgaben im Klima- und Transformationsfonds gedacht waren, stehen nach dem Urteil nicht mehr zur Verfügung. Also: Deutschland muss sparen.
Die deutsche Regierung hatte sich im Dezember auf Einsparungen von fast einer Milliarde in der Landwirtschaft geeinigt.
Bauernproteste und die Angst vor der Instrumentalisierung durch Extreme
Der Abgeordnete Emering zeigt Verständnis für die deutschen Bauern. „Ich stehe hinter ihnen und gebe ihnen recht.“Die gekürzten Subventionen auf Agrardiesel bis 2026 seien nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Hinter den
Protesten stecke eine generelle Unzufriedenheit. „Die Bauern in Deutschland sind extrem unzufrieden mit ihrer Regierung und dem, was sie für ihren Berufsstand die letzten Jahre gemacht hat. Sie wissen sich nicht anders zu helfen, weil sie sonst nicht gehört werden“, findet Emering. Die Bauern würden die Unterstützung der Zivilgesellschaft genießen, doch sei die Gefahr prä
sent, dass rechts- und linksextremistische Gruppierungen die Aktion der Bauern instrumentalisieren. „Wenn der Streik aber konstruktiv bleibt, nichts kaputt gemacht wird, sollte das dem Image der Bauernschaft nicht schaden.“
Dass aufgrund der Proteste das Image der Landwirte angekratzt sei, will Emering nicht einsehen. Im Gegenteil. Während sogenannte Klimakleber der Letzten Generation verpönt und in den sozialen Medien Autofahrer, die junge Aktivisten mit Gewalt von der Straße entfernen, gefeiert werden, soll die Bauernschaft mit ihrer Aktion auf große Zustimmung der Gesellschaft stoßen, so Emering weiter. Doch warum eigentlich? „Klimakleber sind junge Menschen, die teils in die Schule gehen oder auf der Uni studieren. Menschen, die also noch nicht mal ein Jahr in ihrem Leben gearbeitet haben und arbeitende Menschen auf dem Weg zur Arbeit blockieren. Bei Bauern ist das anders. Sie sind arbeitende Menschen, die sich für ihr Anliegen einsetzen. Deswegen ist die Unterstützung groß.“
Es ist nicht unmöglich, dass wir irgendwann mal eine solche Aktion in die Wege leiten. Charel Ferring, Präsident der Jongbaueren a Landjugend, über mögliche, zukünftige Straßenblockaden in Luxemburg