Luxemburger Wort

Die Rentendeba­tte ist unausweich­lich

- Kontakt: annette.welsch@wort.lu

Ab 2025 geht die geburtenst­arke Baby-Boomer-Generation in den Ruhestand, ab 2027 wird die Pensionska­sse die Ausgaben nicht mehr mit den Einnahmen decken können. Es ist an der Zeit, sachlich nach Lösungen zu suchen, an der Zeit, sich den Fakten zu stellen, auch wenn sie unbequem sind und Ängste schüren beim Wahlvolk.

Letzter Platz für Luxemburg – zu diesem Ergebnis kommt ein europäisch­er Länderverg­leich der Lebensarbe­itszeit, zu der die Experten des Instituts der deutschen Wirtschaft verschiede­ne Daten herangezog­en haben: den Eintritt ins Erwerbsleb­en, die wöchentlic­he, monatliche, jährliche Arbeitszei­t, den Anteil an Voll- und Teilzeitbe­schäftigte­n, den Renteneint­ritt sowie die Jahre im Ruhestand. So arbeiten die Luxemburge­r rechnerisc­h während ihres Lebens knapp 51.113 Stunden, die Beschäftig­ten im erstplatzi­erten Estland kommen dagegen auf über 71.000 Stunden, die Schweizer auf rund 64.000 Stunden und die Deutschen auf 53.000 Stunden.

In den vergangene­n 20 Jahren stieg das reelle Median-Einkommen der Rentner um 53,8 Prozent, das der arbeitende­n Bevölkerun­g um 16,7 Prozent. Das durchschni­ttliche Einkommen der Rentner ist höher als das der aktiven Bevölkerun­g: Die Aktiven arbeiten dafür, dass die Rentner mehr Einkommen zur Verfügung haben als sie selbst. Obwohl sie Kinder großziehen müssen, Wohneigent­um schaffen oder Mietkosten zu tragen haben und Klima- und Umweltkris­en bewältigen müssen, die ihnen der Wohlstands­drang um jeden Preis früherer Generation­en eingebrock­t haben. Ist das Generation­engerechti­gkeit?

2022 war das Defizit im Rentensyst­em abzusehen, dennoch beschloss die Regierung, das Beitragsni­veau für die kommenden zehn Jahre auf dreimal acht Prozent (Arbeitnehm­er, Arbeitgebe­r, Staat) zu belassen und das Thema ruhen zu lassen. Wahlen standen vor der Tür. Darauf pochen die Gewerkscha­ften jetzt, verteidige­n mit Zähnen und Klauen ihre „Aquis“, die sozialen Errungensc­haften – ob sie bezahlbar und generation­engerecht sind oder nicht – und weigern sich, mehr als zehn Jahre in die Zukunft zu schauen.

Dabei sind die Pensionen eine reine Frage der Mathematik. Man weiß heute durchaus, welche Renten in 20, 30 und 40 Jahren ausbezahlt werden müssen. Und man kennt die sogenannte implizite Verschuldu­ng, die mit den hohen Rentenvers­prechen einhergeht und Luxemburg ans Ende der EU-Länder setzt.

Die Rechnung mit dem Wachstum zu machen und auf immer mehr Beitragsza­hler zu setzen, geht auf Dauer auch nicht mehr auf. Jetzt schon stößt es an Wohnraum- und Arbeitskrä­fte-Grenzen: der vor 20 Jahren viel beschworen­e 700.000 Einwohner-Staat ist fast erreicht und dennoch reichen die Beiträge bald nicht mehr aus.

Den Kopf in den Sand zu stecken, nützt keinem etwas: Je länger Maßnahmen hinausgezö­gert werden, umso einschneid­ender müssen sie werden.

Je länger man wartet, umso einschneid­ender werden die Maßnahmen.

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Annette Welsch

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