Immobilienentwickler leiden unter der Bürokratie
Während Wohnungsknappheit die Mieten in den europäischen Großstädten in die Höhe treibt, würden Investoren gerne mehr Geld für neue Wohnungen mobilisieren
Es ist nicht nur in Luxemburg ein Problem, sondern in ganz Europa: mangelnder Wohnraum. Doch auch Büro- und Einzelhandelsimmobilien leiden – unter dem Trend zu Telearbeit und Online-Shopping. Immobilieninvestoren wollen einer Studie des Britischen Immobiliendienstleisters Savills zufolge bis 2025 rund 82 Milliarden Euro in Wohnprojekte in Europa stecken. Aber ein Dickicht aus Regeln, Vorschriften und Bürokratie steht ihnen und ihrem Vorhaben im Weg.
Von Mietkontrollen bis Planungshindernissen — die Hürden sind überall unterschiedlich. Staatliche Maßnahmen und gesetzliche Änderungen wären notwendig, um Investitionen freizusetzen.
Kapital will nach Europa
„Es gibt so viel Kapital, das nach Europa will“, wird Mark Allnutt, Executive Director bei Greystar Real Estate Partners, einem auf Mietobjekte spezialisierten Finanzinvestor, zitiert. „Es kommt wenig dazu und es gibt zu wenig Bestand, aber dennoch gibt es auch Hindernisse.“Die Wohnungsfrage sei in ganz Europa zu einem heiklen politischen Problem geworden, das soziale Spannungen anheizt und zur Frustration der Wähler beitrage. Aber es gibt keine schnelle Lösung.
Die Luxemburger Handelskammer fordert Maßnahmen zur Förderung von Investitionen in die private Wohnraumvermietung. Dies wäre unter anderem möglich durch die Stärkung der beschleunigten Abschreibung oder Mietverträge, die mehr Anreize für Investoren böten. Die vorherige Regierung habe richtungsweisende Projekte auf den Weg gebracht, wie zum Beispiel den „Pacte Logement 2.0“.
Durch diesen werde bei jeder neuen Siedlung erschwinglicher Wohnraum geschaffen und der Immobilienbestand im Besitz der öffentlichen Hand systematisch ausgebaut, wie es von der DP heißt. Schließlich habe die (letzte) Regierung die budgetären Mittel des Spezialfonds auch über die Jahre konsequent erhöht: von knapp 50 auf voraussichtlich über 300 Millionen. Bis 2027 könnten so fast 4.000 Wohnungen gebaut werden.
Geringe Eigentumsquote in Deutschland
Bei den Luxemburger Nachbarn in Deutschland wird vergleichsweise häufig zur Miete gewohnt — die Eigentumsquote gehört mit weniger als der Hälfte zu den niedrigsten in Europa. Daraus ergeben sich zwar große Investitionschancen im Mietsektor, doch andererseits ist das Risiko hoher Renovierungskosten hoch. Ein erheblicher Teil des Mietwohnungsbestands ist „sehr alt und nicht zweckmäßig“, so Bob Faith, CEO von Greystar.
Die Ampelkoalition war mit dem Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr angetreten, hat dies jedoch nicht erreicht. Im Herbst wurden geplante strengere Heizungsregeln für Neubauten ausgesetzt, um den Neubau zu fördern, doch das hilft wenig gegen die hohen Zinsen und die steigenden Baukosten. Investoren bleiben auch verunsichert darüber, wann die Vorschriften wieder in Kraft treten.
„Der Wohnungsbau braucht dringend und schnell einen Schub und keine weitere Verunsicherung“, sagt Felix Pakleppa, Geschäftsführer des Zentralverbands der Deutschen Bauindustrie (ZDB).
Auch der Mieterschutz schrecke Investoren ebenfalls ab. Pläne der Bundesregierung, Mieterhöhungen schwieriger zu machen, würden „eher zu weniger als zu mehr Neubau führen“, sagt Rolf Buch, Chef des größten deutschen Vermieters Vonovia. „Der Gesetzgeber muss sich das genau überlegen.“
Lange Fristen in Großbritannien
Die bloße Erwähnung des britischen Systems für Baugenehmigungen sorgt bei vielen Immobilieninvestoren schon für Augenrollen. Die Entscheidung liegt in den Händen von kommunalen Verwaltungen, die durch Sparmaßnahmen personell ausgezehrt sind. Die Einbindung der Öffentlichkeit kann ambitionierte Projekte behindern. „Es gibt einige Kommunen, die es kapieren, und andere, die es nicht kapieren“, sagt Allnutt. „Diejenigen, die es nicht verstehen, sind in der Überzahl.“
Kommunen sollen über Baugenehmigungen in der Regel binnen acht Wochen entscheiden, bei Großprojekten läuft die Frist bis zu 13 Wochen. Doch im dritten Quartal wurde nur jeder fünfte Antrag für große Wohnprojekte im Rahmen dieser Frist entschieden.
Auch die Aussicht auf neue Regeln ist ein Thema. Die in den Umfragen führende Labour-Partei hat eine Reihe von Refor
men zur Bekämpfung der Wohnungsnot versprochen. Londons Bürgermeister Sadiq Khan forderte wiederholt eine Begrenzung von Mieterhöhungen in der Hauptstadt. Investoren sehen das als ein Hindernis für Neubauten.
Unruhen in Irland wegen Wohnraummangel
Irland leidet immer noch unter den Folgen der Immobilienblase, die während der Finanzkrise geplatzt ist. Mietsteigerungen sind dauerhaft auf zwei Prozent pro Jahr begrenzt. Damit bleibt der jüngste Inflationsanstieg nicht berücksichtigt, was die Investitionen in neuen Wohnraum erschwert. Die Wohnungsknappheit wird durch den Zustrom von Flüchtlingen verstärkt. Die jüngsten Unruhen in der Hauptstadt Dublin wurden auch auf den Mangel an leistbaren Wohnraum zurückgeführt.
Staatliche Mietpreiskontrolle stört Schweden
Schwedens anhaltende Immobilienkrise erinnert an den Crash in den 1990er Jahren, der eine ausgewachsene Finanzkrise auslöste. Die gestiegenen Finanzierungskosten haben die Immobilienpreise einbrechen lassen. Das Wohnraumangebot in Stockholm deckt die Nachfrage nicht annähernd. Hier stören sich die Investoren an staatlichen Mietpreiskontrollen.
Auch in Dänemark wurden Mieterhöhungen vor zwei Jahren bis einschließlich 2024 auf maximal vier Prozent jährlich begrenzt, eine Maßnahme der Regierung in Kopenhagen im Zusammenhang mit der immer noch hohen Inflation.
Abkehr vom Wohneigentum in Polen?
Vor dem Wahlkampf im letzten Jahr hat die damalige konservative polnische Regierung Beihilfen für Hypotheken für Erstkäufer von Wohnimmobilien eingeführt.
Dies trug dazu bei, die Immobilienpreise in den großen Städten um fast 20 Prozent in die Höhe zu treiben. Inzwischen ist das Geld ausgegangen und die neue Regierung unter Premierminister Donald Tusk will die Förderung frühestens in der zweiten Jahreshälfte wieder aufnehmen. Dabei sollen Einkommensgrenzen gelten.
Damit sind die Polen wieder den strukturellen Problemen des Marktes ausgesetzt — hohen Preisen, teuren Krediten und einem knappen Angebot. Diese Trends könnten zu einer allmählichen Abkehr vom Wohneigentum führen und das Land damit interessanter für ausländische Fonds machen. Der Immobilienentwickler Echo Investment, der mit Pimco zusammenarbeitet, sagte, er sehe „ein erhöhtes Interesse ausländischer Anbieter, in den Markt einzutreten“.
Ein Jahr für Baugenehmigung in Spanien
Seit dem Platzen der letzten Blase vor mehr als einem Jahrzehnt ist der Wohnungsbau in Spanien rückläufig. Bauherren beklagen, dass es über ein Jahr dauern kann, bis Genehmigungen erteilt werden, was die Gesamtkosten in die Höhe treibt.
„In Spanien muss man sich darüber im Klaren sein, wie lange es dauern kann, eine Baugenehmigung zu erhalten“, sagt John German, der das Wohnungsbaugeschäft von Invesco in Europa leitet. „Selbst wenn das Grundstück als Bauland ausgewiesen ist, kann es ein Jahr oder länger dauern, bis man eine Baugenehmigung erhält.“
Portugal versucht unterdessen, den Wohnungsmarkt abzukühlen, indem es Visa-Programme und steuerliche Maßnahmen abdreht, die wohlhabende Ausländer anlocken sollten, im Ergebnis aber vor allem exorbitante Preisanstiege ausgelöst und Wohneigentum für die meisten Einheimischen unerschwinglich gemacht haben. iz/Bloomberg
: Der Wohnungsbau braucht dringend und schnell einen Schub und keine weitere Verunsicherung. Felix Pakleppa, Geschäftsführer des Zentralverbands der Deutschen Bauindustrie (ZDB)