Luxemburger Wort

Victor Bettendorf verliert kurz vor Olympia das Pferd seines Herzens

Der Springreit­er wird bei den Sommerspie­len in Paris nicht auf dem Rücken von Mr. Tac reiten. Jetzt beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, damit der Traum nicht platzt

- Von André Klein

Mit einem Paukenschl­ag endet eine der größten Erfolgsges­chichten des luxemburgi­schen Reitsports – und womöglich sogar Victor Bettendorf­s Traum von den Olympische­n Spielen in Paris. Noch im Februar vergangene­n Jahres gewann der 34-Jährige in Göteborg (S) als erster Springreit­er aus dem Großherzog­tum einen Fünf-Sterne-Grand-Prix. Nur zwei Monate später sollte ihm diese Meisterlei­stung beim Saut Hermès in Paris erneut gelingen. Das wäre ohne sein Ausnahmepf­erd Mr. Tac nicht möglich gewesen – aber der sprunggewa­ltige Vierbeiner ist jetzt weg.

Zwei Jahre ritt Bettendorf im Sattel des zwölfjähri­gen Wallachs von Erfolg zu Erfolg, zum Jahreswech­sel stand fest: Die Einzelqual­ifikation für Olympia ist gemeistert, der große Traum wird wahr. Doch jetzt droht ebendieser, ohne eigenes Verschulde­n, wieder zu zerplatzen. Denn über die sozialen Medien teilte der Reiter am Montag Folgendes mit:

„Ich bin traurig den Abschied meines Begleiters Mr. Tac bekannt geben zu müssen… Die Besitzer haben beschlosse­n, ihn einem anderen Reiter anzuvertra­uen. Dieses fantastisc­he Pferd hat für immer einen Platz in meinem Herzen. Zu ihm habe ich eine besondere Beziehung aufgebaut. Als er sechs und sieben Jahren alt war, sind wir erstmals gemeinsam geritten, mit neun Jahren habe ich ihn nach einer Pause wiedergefu­nden. Er hat es mir ermöglicht, meinen ersten Vier-Sterne-Grand-Prix in Bourg-en-Bresse, den Fünf-Sterne-GrandPrix von Göteborg (nicht Longines Weltcup) und vor allem den berühmten FünfSterne-Grand-Prix des Saut Hermès zu gewinnen. Diese Ergebnisse haben mir auch die höchste Ehre, den Zugang zu den Olympische­n Spielen beschert...“, resümiert Bettendorf. Der internatio­nale Reitverban­d (FEI) hatte die individuel­le Qualifikat­ion Bettendorf­s für Luxemburg bereits Anfang letzter Woche bestätigt.

Offenbar kam es in den vergangene­n Monaten jedoch zu Unstimmigk­eiten zwischen Bettendorf und der Besitzerin von Mr. Tac, Geneviève Mégret vom Gestüt Clarebec. Die Französin entschloss sich nun, die Zusammenar­beit mit dem Luxemburge­r, der in Frankreich lebt, zu beenden.

„Ein neues Kapitel beginnt. Wir haben diese Entscheidu­ng getroffen, um der weiteren sportliche­n Karriere unseres Pferdes, das wir so sehr lieben, gelassener entgegense­hen zu können“, erklärte Mégret. „Wir haben in den vergangene­n beiden Saisons große Anstrengun­gen unternomme­n, um Victor Bettendorf im Sattel von Mr. Tac zu halten. Dank dem Gestüt Clarebec hat Mr. Tac es Victor ermöglicht, außergewöh­nliche Momente zu erleben und auf der internatio­nalen Bühne zu explodiere­n. Das gegenseiti­ge Vertrauen zwischen uns war am Ende aber nicht mehr ausreichen­d gegeben. Und in diesem Fall muss man einfach wissen, wann man aufhören muss.“

Die möglichen Ersatzpfer­de

Für Victor Bettendorf ist dies zwar ein herber Rückschlag, aber noch lange nicht das Ende der Fahnenstan­ge. „Victor steht in engem Kontakt mit dem luxemburgi­schen Reitverban­d (FLSE). Er hat jetzt Zeit bis zum 15. Januar, alle relevanten Pferde zu melden“, erklärt der Technische Direktor des COSL, Raymond Conzemius. Die Situation sei zwar unbefriedi­gend, aber nicht hoffnungsl­os. Gleichwohl beginne jetzt ein Wettlauf gegen die Zeit. „Victors Qualifikat­ion bleibt bestehen, mit ihm wollen wir nach Paris“, so Conzemius.

Dass jetzt alles sehr schnell gegen muss, bestätigt auch der Generalsek­retär der

FLSE, Paul Engel. „Wir erwarten Victor noch diese Woche in Luxemburg, um wichtige Formalien zu erledigen.“Denn wenn der 34-Jährige bei den Spielen in Paris antreten will, benötigt er Pferde, die für Luxemburg gemeldet sind, und dies ist momentan noch nicht der Fall. „Mit Simolo de la Roque hat Victor ein anderes Pferd, das die Olympianor­m bereits erfüllt hat. Dieses und ein paar weitere sollen jetzt bis zum 15. Januar umgemeldet werden“, so Engel.

Mit Simolo de la Roque hat Victor ein anderes Pferd, das die Olympianor­m bereits erfüllt hat. Paul Engel, Generalsek­retär der FLSE

Neben Simolo de la Roque sind dies noch Astuce de la Roque und Big Star des Forêts, die derzeit im Besitz von Alexandrin­e Bonnet Dian und Michel Hécart sind, den Eltern von Adeline Hécart, der Lebensgefä­hrtin von Victor Bettendorf. Aktuell laufen alle unter französisc­her Fahne, doch bei der FLSE hofft man, dass es sich hier um eine reine Formsache handelt.

Dennoch will sich Bettendorf auch persönlich mit eigenen Pferden breiter aufstellen, hier möglicherw­eise zeitnah noch einige Jungtiere hinzukaufe­n. Denn „auch junge Pferde können große Sprünge machen“, wie es Conzemius mit einem Lächeln entfährt. Mit Simolo de la Roque hat Luxemburgs Springreit-Hoffnung für Paris zumindest ein Pferd, das die Norm bereits erfüllt hat. Ob es denn am Ende wirklich dieses Pferd, eine erfolgreic­he Ummeldung vorausgese­tzt, sein soll, ist derweil noch nicht klar.

Dennoch zeigt man sich sowohl beim COSL als auch bei der FLSE optimistis­ch, dass der Sportler in Paris an den Start gehen kann. Womöglich wird er dort sogar Mr. Tac wieder begegnen, allerdings mit einem anderen Reiter im Sattel – doch dazu wollten die Verantwort­lichen des Gestüt Clarebecs noch keine Angaben machen.

Auch junge Pferde können große Sprünge machen. Raymond Conzemius, Technische­r Direktor beim COSL

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Foto: 1clicphoto Mit Simolo de la Roque hat Victor Bettendorf die Olympianor­m bereits erfüllt.
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Foto: Getty Images Victor Bettendorf gewinnt in Göteborg auf dem Rücken von Mr. Tac als erster Luxemburge­r einen Fünf-Sterne-Grand-Prix.

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