Luxemburger Wort

Deutsche Handballer haben keine Angst vor Rekordkuli­sse

Viele Zuschauer, viele Fragezeich­en. Die DHB-Auswahl weiß nicht, was beim EM-Auftakt im Düsseldorf­er Fußballsta­dion auf sie zukommt. 53.000 Fans bei einem Spiel gab es noch nie

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Mit großen Augen betraten Deutschlan­ds Handballer am Montagaben­d die Düsseldorf­er Fußballare­na. Bundestrai­ner Alfred Gislason inspiziert­e akribisch jede Ecke des Feldes, Johannes Golla und Jannik Kohlbacher filmten mit ihrem Handy die leeren Ränge des EMStadions. Die Kulisse beeindruck­te. „Ich glaube, das wird überwältig­end, wenn wir hier einlaufen und wenn die Nationalhy­mne gespielt wird“, sagte Kapitän Golla.

Wenn die DHB-Auswahl heute (20.45 Uhr) gegen die Schweiz ihre MedaillenM­ission eröffnet, wird jeder Platz besetzt sein. 53.000 Menschen wollen das Stadion in einen Handball-Tempel verwandeln und die deutsche Mannschaft zum Sieg tragen. „Niemand weiß, was da so richtig auf uns zukommt und darauf müssen wir vorbereite­t sein. Es wird schon krass werden“, sagte Spielmache­r Juri Knorr.

Der europäisch­e Handballve­rband EHF spricht von einem „Meilenstei­n“in der Geschichte des Sports. Die Weltrekord­kulisse mit noch einmal fast 10.000 Zuschauern mehr als vor zehn Jahren beim Tag des Handballs in Frankfurt soll für alle Beteiligte­n ein unvergessl­iches Ereignis werden. Für die Mannschaft, die Fans und auch für Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier, der sich die Show nicht entgehen lassen will. 250 Lautsprech­er, 50 Verstärker, 500 bewegliche Lampen und 30 Lasersyste­me sollen für ein einmaliges Erlebnis sorgen.

Von Bammel, Hemmungen oder gar Angst spricht im DHB-Team vor dem Spektakel-Spiel mit Event-Charakter niemand. Dass der Auftritt mit vielen Fragezeich­en verbunden ist, leugnen die Handballer aber nicht. „Es wird schon spannend sein, zu sehen, wie lange es dauert, bis die Reaktion der Zuschauer bei uns auf dem Feld unten ankommt“, sagte Golla. Wie es ist, auf ein Tor zu werfen, hinter dem statt einer Betonwand noch viel freier Raum ist, können die DHB-Profis auch nur erahnen.

Nicht mehr Stimmung als in Köln

Umso besser, dass sie in Gislason einen Trainer haben, der die Umstände in seiner gewohnt unaufgereg­ten, isländisch­en Art relativier­t. „Ich sage meinen Spielern immer, dass es ein Handballsp­iel ist und das Handballfe­ld wird genauso groß sein wie in anderen Hallen. 40 mal 20 Meter“, sagte der 64-Jährige und meinte weiter: „Ich glaube nicht, dass mehr Stimmung sein wird als in einer vollen Kölner Arena, aufgrund der Weite.“Sicher ist nur, dass die DHB

Auswahl die Stimmung auf den Rängen mit ihrer Leistung auf dem Parkett steuern kann. „Für die Interaktio­n zwischen Mannschaft und Zuschauern müssen die Spieler in Vorleistun­g gehen. Der Funke muss vom Parkett auf die Tribüne überspring­en“, sagte Gislason und forderte: „Wir müssen uns auf unseren Handball konzentrie­ren und gut spielen. Dann kommt die Stimmung von selbst.“

Ein guter Start ins Turnier ist nicht nur wichtig, um selbstbewu­sst in die weiteren Vorrundens­piele gegen Nordmazedo­nien und Frankreich zu gehen und sich eine optimale Ausgangsla­ge für die Hauptrunde zu erkämpfen. Ein fulminante­r Auftaktsie­g kann auch eine Handball-Euphorie im Land entfachen, die das Team beflügelt. „Klar setzen wir auf den Heim-Faktor“, sagte Rückraumsp­ieler Julian Köster.

Der Traum vom nächsten Wintermärc­hen im eigenen Land lebt. 17 Jahre nach WM-Gold in Köln und acht Jahre nach dem EM-Titel in Polen sind Deutschlan­ds Handballer heiß auf den nächsten Coup. Die Favoriten sind mit Dänemark, Schweden oder Frankreich andere. „Aber mit Millionen deutschen Fans im Rücken ist vieles möglich. Ziel ist ganz klar, Europameis­ter zu werden“, sagte Torhüter Andreas Wolff, der schon beim Triumph in Polen dabei war.

Ein Sieg gegen die Schweiz ist dafür Pflicht. Gislason warnte jedoch vor einer Unterschät­zung der Eidgenosse­n um den 40 Jahre alten Andy Schmid. „Das ist ein schwierige­r Gegner. Die Mannschaft setzt sich überwiegen­d aus Spielern zusammen, die in der Bundesliga spielen. Wir müssen geduldig sein“, sagte der Bundestrai­ner. Und auch Wolff weiß: „Das wird kein Selbstläuf­er.“dpa

Für die Interaktio­n zwischen Mannschaft und Zuschauern müssen die Spieler in Vorleistun­g gehen.

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Fotos: dpa Alfred Gislason trainiert die deutsche Nationalma­nnschaft seit 2020.
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Die Düsseldorf­er Fußball-Arena wird zum Handball-Tempel.

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