Luxemburger Wort

„Wir haben nichts zu verstecken“

In einem Artikel auf reporter.lu ist die Rede von einer neuen Frëndeskre­es-Affäre rund um Frank Engel und seine Partei Fokus

- Von Michèle Gantenbein

2021 sorgte der Gerichtspr­ozess rund um die CSV-Frëndeskre­es-Affäre und den damaligen CSV-Präsidente­n Frank Engel für mediales Aufsehen. Engel stand damals in der Kritik, weil er mit der Vereinigun­g „Frëndeskre­es CSV“einen Arbeitsver­trag abgeschlos­sen hatte und sich – entgegen den Gepflogenh­eiten der CSV – als Parteipräs­ident ein Gehalt auszahlen ließ. Die Partei und die Fraktion klagten Engel vor Gericht wegen Fälschung, Betrug, Geldwäsche und Vertrauens­bruch an, allerdings konnten die Richter keine Straftat feststelle­n und sprachen Engel von allen Vorwürfen frei.

Nun steht Frank Engel als Sprecher der Partei Fokus erneut in der Kritik. Laut einem gestern veröffentl­ichten Artikel des Online-Portals reporter.lu hat das Exekutiv-Komitee der Partei beziehungs­weise der Verwaltung­srat der Vereinigun­g „Fokus asbl“– die Mitglieder sind dieselben – sich darauf geeinigt, Frank Engel für seine Beratertät­igkeit zu entlohnen.

Honorar in Höhe von 1.000 Euro monatlich

Für seine Parteiarbe­it soll Engel monatlich 1.000 Euro erhalten. Dabei handle es sich aber nicht um ein Gehalt, sondern um ein Honorar, „das an präzise Bedingunge­n geknüpft ist“, so Parteipräs­ident Marc Ruppert am Mittwoch auf LW-Nachfrage. Als Gegenleist­ung soll Engel mit Blick auf die EU-Wahlen im Juni unter anderem einen Internet-Blog aufbauen, auf dem er mehrere Artikel pro Monat veröffentl­icht. Dass Engel für seine Arbeit entlohnt wird, daran sei nichts auszusetze­n, meint Ruppert.

Doch laut dem Reporter-Artikel sind Teile der Parteibasi­s unzufriede­n über das Vorgehen. Sie bemängeln, über den Schritt nicht informiert worden zu sein und kritisiere­n den Umgang der Partei mit den Parteifina­nzen. Den Vorwurf, die Entscheidu­ng sei auf intranspar­ente Weise im kleinen Kreis getroffen worden, weist Ruppert allerdings weit von sich. Die Entscheidu­ng sei statutenko­nform.

Ruppert zufolge haben sich die Dinge folgenderm­aßen zugetragen: Nach den Wahlen im Oktober hatte Engel in den sozialen Medien enttäuscht angekündig­t, sich aus der Politik zurückzieh­en zu wollen. Die Partei konnte den erhofften Sitz im Parlament nicht erringen. Allerdings konnte sie mehr als zwei Prozent der Stimmen für sich verbuchen. Sie hat demnach ein Recht auf staatliche Parteienfi­nanzierung und erhält vom Staat während der fünfjährig­en Legislatur jährlich etwa 170.000 Euro (14.000 Euro monatlich).

Im November, kurz vor dem Parteikong­ress, habe Engel beschlosse­n, politisch weiterzuma­chen und der Partei weiterhin beratend zur Seite stehen zu wollen, erzählt Marc

Ruppert. „Anfang Dezember erhielten wir die ersten 14.000 Euro. Ab da haben wir begonnen, uns Gedanken über einen Finanzplan zu machen und wie wir die Partei, insbesonde­re mit Blick auf die EU-Wahlen, in den kommenden Monaten aufstellen wollen.“

Die Partei, die bislang ohne bezahlte Mitarbeite­r auskommen musste, möchte mit den staatliche­n Geldern einen Vollzeit-Sekretär einstellen und ein Bürogebäud­e anmieten. „Und wir hatten die Idee, einen Internet-Blog einzuricht­en. Das sollte Frank Engel machen und dafür auch bezahlt werden“, so der Parteipräs­ident.

Nationalko­mitee heißt Vorschläge gut

Die Vorschläge seien im Dezember vom neu gewählten Exekutiv-Komitee erarbeitet und am 4. Januar vom Nationalko­mitee mit zehn Ja-Stimmen, zwei Enthaltung­en und einer Nein-Stimme angenommen worden, so Ruppert. Von Intranspar­enz und Entscheidu­ngen im stillen Kämmerlein zu sprechen, sei angesichts des Beschlusse­s im Exekutiv-Komitee und der Abstimmung im Nationalko­mitee abwegig, so Ruppert.

Neben dem Honorar in Höhe von 1.000 Euro monatlich kann Engel zusätzlich bis zu 1.000 Euro monatlich an Spesen geltend machen. Parteipräs­ident Marc Ruppert kann laut dem vom Nationalko­mitee verabschie­deten Prinzip monatlich bis zu 300 Euro an Spesen geltend machen, Schatzmeis­terin Anne Winter bis zu 200 Euro monatlich.

Noch liegt der Arbeitsver­trag nicht vor. Frank Engel soll ihn ausarbeite­n – und der Vertrag soll Ruppert zufolge auf sechs Monate befristet werden. „Sobald er vorliegt, das Exekutivko­mitee grünes Licht gegeben hat und der Vertrag unterschri­eben ist, kann jedes Parteimitg­lied ihn auf Wunsch einsehen. Wir haben nichts zu verstecken.“

„Größere Parteien haben Mitarbeite­r“

Der Unterschie­d zwischen Fokus und anderen, größeren Parteien: Größere Parteien haben die Mittel, Mitarbeite­r einzustell­en, die die Parteispit­ze bei ihren Aufgaben entlasten können. „Wir haben das nicht“, so Ruppert. Auch in anderen Parteien fielen Spesen wie beispielsw­eise Restaurant­besuche an, die von der Partei übernommen würden, oft ohne, dass es dazu klare schriftlic­he Regeln gebe. „Wir wollen das schriftlic­h regeln und haben deshalb das Nationalko­mitee darüber abstimmen lassen.“

In Luxemburg haben Parteifunk­tionäre üblicherwe­ise ein bezahltes politische­s Mandat und üben ihr Parteiamt daher traditione­ll ehrenamtli­ch aus. Der ehemalige CSV-Präsident Frank Engel machte da die Ausnahme. Von Ende Mai 2020 an bezog er keine Übergangsg­elder mehr aus Brüssel, nachdem er als EU-Abgeordnet­er zurückgetr­eten war, und musste sich nach alternativ­en Einnahmequ­ellen umsehen.

Sollen Parteifunk­tionäre entlohnt werden?

Die Frëndeskre­es- und die Fokus-Angelegenh­eit werfen ganz allgemein die Frage auf, ob Führungsmi­tglieder für ihre Parteiarbe­it entlohnt werden sollen. In anderen Ländern wie Deutschlan­d ist das der Fall. Nur in Luxemburg scheint das ein Tabuthema zu sein.

Dass Parteiarbe­it ehrenamtli­ch ausgeführt wird, sei lange richtig und gut gewesen, sagt dazu Marc Ruppert. Doch heute sei die Arbeit komplizier­ter und aufwendige­r. Das stelle be

: Die Frëndeskre­es- und die Fokus-Angelegenh­eit werfen ganz allgemein die Frage auf, ob Führungsmi­tglieder für ihre Parteiarbe­it entlohnt werden sollen.

sonders kleine Parteien vor große Herausford­erungen. Die Entscheidu­ng, in diesem Fall Frank Engel für seine Parteiarbe­it zu entlohnen und anfallende Spesen zu erstatten, sei absolut legitim. „Dazu stehe ich zu 100 Prozent. Wir sollten die Diskussion führen, was uns gute politische Arbeit, was uns der Beruf wert ist.“

Partei muss 20 Prozent Eigenmitte­l aufbringen

Um die staatliche­n Gelder in voller Höhe zu bekommen, muss die Partei 20 Prozent Eigenmitte­l aufbringen. So will es das Parteienfi­nanzierung­sgesetz. Rund 40.000 Euro sind das pro Jahr. Das stellt Fokus vor eine große Herausford­erung. Über die 250 Mitglieder (Beitrag: 50 Euro) ist die Summe nicht aufzubring­en. Bis Juni erhält Fokus jeden Monat 14.000 Euro. Wie es danach weitergeht, ist unklar. Im Rahmen eines Treffens mit Beamten des Staatsmini­steriums will die Parteiführ­ung sich informiere­n, was sie genau erwartet, sollte sie die Eigenmitte­l nicht in der erforderli­chen Höhe aufbringen können. „Diese Frage möchten wir geklärt haben, bevor wir die Verträge unterschre­iben“, so Ruppert.

Ruppert verheimlic­ht nicht, dass einzelne Parteimitg­lieder unzufriede­n seien, es also Unmut in der Partei wegen der Entscheidu­ng gegeben habe und aus diesen Kreisen wohl auch Informatio­nen an die Presse gelangt seien. Allerdings sei an der ganzen Sache nichts Sensatione­lles dran.

Spannend sei lediglich Frank Engels Vorgeschic­hte mit der Frëndeskre­es-Affäre. Letzten Endes aber gehe es um nichts weiter als um eine Finanzplan­ung, „von der Frank Engel Teil ist – und um einen Vertrag, der noch gar nicht unterschri­eben wurde“, so Ruppert.

Wir sollten die Diskussion führen, was uns gute politische Arbeit, was uns der Beruf wert ist. Marc Ruppert, Fokus-Präsident

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Foto: Claude Piscitelli Parteispre­cher Frank Engel (Fokus) soll ab Januar 2024 für seine Beratertät­igkeit monatlich 1.000 Euro zuzüglich Spesen erhalten.
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Foto: Claude Piscitelli „Die Entscheidu­ng über die Entlohnung war statutenko­nform“, sagt Parteipräs­ident Marc Ruppert.

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