Luxemburger Wort

Kriegen Sie Ihre Bahn auf die Reihe, Herr Wissing!

- Von Michael Merten

Alle paar Monate legt ein neuer Streik den Bahnverkeh­r in Deutschlan­d lahm, das aufgrund seiner Größe und zentralen Lage von kruzialer Bedeutung für die EU ist. Man könnte sich im Großherzog­tum zurücklehn­en und das Spektakel aus der Ferne beobachten. Doch auch die CFL gehört zu den Leidtragen­den der deutschen Zugmisere aus permanente­n Streiks, Pannen und Pünktlichk­eitsdefizi­ten.

Wie oft ist Luxemburg schon in die Bresche gesprungen, um deutsche Bahnproble­me zu beheben! Es hat etwa mit Luxemburge­r Geld für deutsche Schienenin­frastruktu­r den zweigleisi­gen Ausbau des Streckenab­schnittes bei Igel großzügig unterstütz­t. Als die Deutsche Bahn 2011 über Nacht aus dem Fernverkeh­rsangebot Richtung Koblenz und Trier ausstieg, sprang die CFL kurzfristi­g ein.

Wenn die deutschen Lokführer in kürzester Zeit Streiks ausrufen, müssen die Luxemburge­r, deren Züge regulär bis Koblenz und Düsseldorf fahren, binnen Stunden Notmaßnahm­en aktivieren. Züge fahren erst ab Wasserbill­ig, es gibt auch Ersatzbuss­e nach Trier. Dennoch dürften

Beide Tarifpartn­er haben sich diskrediti­ert.

sich viele Pendler, die grundsätzl­ich willens wären, auf den Zug umzusteige­n, diese Entscheidu­ng genau überlegen. Im Hinterkopf bleibt die Erkenntnis: Mit dem Auto ist es doch viel sicherer.

Nun sind Streiks das legitime Recht der Gewerkscha­ften, doch dass derartige Konflikte in den vergangene­n Jahren immer mehr eskaliert sind, müsste nicht sein. Beide Tarifpartn­er haben sich diskrediti­ert: Der instinktlo­se Bahnvorsta­nd, der sich zuletzt trotz miserabler Pünktlichk­eitsquote eine Bonuszahlu­ng in Millionenh­öhe genehmigt hat, trifft auf eine Gewerkscha­ft der Zugführer, die für einen kleinen Teil der Bahnbelegs­chaft, der ohnehin schon vergleichs­weise gut verdient, illusorisc­he Forderunge­n stellt. Eine drastische Gehaltsste­igerung plus fetter Einmalzahl­ung plus mehr Altersvors­orge – und dazu noch weniger arbeiten? Da hat der abgehobene Chef der Gewerkscha­ft, Claus Weselsky, den Schuss offenbar nicht gehört.

Durch ihr unseliges Interagier­en ruinieren Bahnvorsta­nd und Gewerkscha­ft den ohnehin schon ramponiert­en Ruf der Deutschen Bahn. Hier liegt es jetzt am Bund als Eigner der Deutschen Bahn AG, den Konflikt zur Chefsache zu machen, und schnellstm­öglich zu lösen. Man ist gewillt, dem deutschen Verkehrsmi­nister zuzurufen: Kriegen Sie Ihre Bahn auf die Reihe, Herr Wissing!

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