Warum Donald Trumps „absolute Immunität“eine Luftnummer ist
Ein Berufungsgericht zeigt sich skeptisch, dass Donald Trump im Präsidentenamt juristisch unangreifbar war. Das Urteil ist für den Ex-Präsidenten „überlebenswichtig“
Donald Trump zog es vor, der Gerichtsverhandlung wenige hundert Meter vom Schauplatz des Aufstands vom 6. Januar zu folgen, statt Wahlkampf im Wintersturm von Iowa zu machen. Während seine Anwesenheit bei den Strafverfahren Pflicht ist, gab es für ihn vor dem Bundesberufungsgericht des Districts of Columbia keinen zwingenden Grund, anwesend zu sein. Entsprechend wenig Beachtung schenkten die drei Richterinnen dem Kläger, der behauptet, der Strafprozess gegen ihn wegen seiner Rolle bei dem Angriff auf Amerikas Demokratie sei unzulässig, weil er „absolute Immunität“im Präsidentenamt genossen habe. Richterin Tanya S. Chutkan hatte bei der für den 4. März angesetzten Hauptverhandlung den Pausenknopf gedrückt, bis die Berufung Trumps entschieden ist.
Sonderermittler Jack Smith hatte versucht, per Eilantrag den Supreme Court dafür zu gewinnen, die Berufungsinstanz zu überspringen. Er fürchtet, dass Trump auf Zeit spielt, um ein rechtskräftiges Urteil vor den
Wahlen im November zu verhindern. Bei einem Wahlsieg könnte er versuchen, das Verfahren einstellen zu lassen oder sich selbst zu begnadigen. Das oberste Gericht teilte die Sorge nicht und verwies den Fall zurück an das Bundesberufungsgericht.
Bei der Anhörung am Dienstag ließen die drei Richterinnen wenig Sympathie für Trumps Argument erkennen. Analysten waren sich darin einig, dass der schweigend vor sich hin starrende Ex-Präsident vor eine juristische Betonwand gefahren war. Zumal sich sein Anwalt John Sauer in so viele Widersprüche verstrickte, dass die beanspruchte „absolute Immunität“nicht mehr haltbar schien.
„Außerordentlich furchterregende Zukunft“
Mit einer kunstvoll formulierten Frage hatte Richterin Florence Pan den Kern des Problems offengelegt. Sie wollte von Sauer wissen, ob ein Präsident strafrechtlich nicht belangt werden könne, wenn er den Spezialstreitkräften der „Navy Seals 6“den Auftrag erteilte, einen politischen Rivalen zu ermorden? Erst müsste dieser vom Senat „impeacht“werden, antwortete Sauer, sonst nicht. Damit hatte sich das Argument der „absoluten Immunität“erledigt.
Für den Sonderermittler meinte dessen Vertreter James Pearce, die USA gingen einer „außerordentlich furchterregenden Zukunft“entgegen, wenn Präsidenten politische Rivalen umbringen könnten und damit davonkämen, indem sie vor einem Impeachment zurückträten. Die Lesart der Verfassung durch den Kläger sei grundfalsch.
Selbst die von George W. Bush nominierte Richterin Karen Henderson konnte Trump nicht folgen. Es sei paradox zu sagen, dass die verfassungsmäßige Ausübung seines Amtes „erlaubt, gegen die Strafgesetze zu verstoßen“. Spannend ist nach Ansicht von Experten nicht die Frage, wie das Gericht in der Sache entscheidet, sondern ob überhaupt.
Der „kleine Supreme Court“könnte den Fall auch mit dem Argument an Chutkan zurückschicken, dass der Zeitpunkt für eine Berufung verfrüht sei. Damit würde die Immunitätsfrage auf die Zeit nach einer Verurteilung vertagt. Trump hofft dagegen auf ein Urteil, das ihm erlaubte, das oberste Gericht anzurufen. Dieses beschäftigt sich bereits mit der Frage, ob der mutmaßliche Anführer des Aufstands überhaupt kandidieren darf.
Trump droht Biden
Falls der Supreme Court die Berufung nicht aufgreift, könnte es beim Beginn der Hauptverhandlung im März bleiben. Andernfalls dürfte der bisherige Zeitplan kaum mehr zu halten sein. Trump hätte in der Sache verloren, wäre aber taktisch seinem Ziel näher gekommen, das Verfahren zu verschleppen.
„Das war ein monumentaler Tag“, wertete der Spitzenreiter der Republikaner bei den Vorwahlen die Anhörung bei einer Pressekonferenz in seinem ehemaligen Hotel an der Pennsylvania Avenue. „Als Präsident müssen sie Immunität haben.“Alles andere würde die Büchse der Pandora öffnen. „Joe ist reif für eine Anklage“, drohte er dem Amtsinhaber mit Vergeltung.
Ohne faktische Grundlage behauptete Trump, er werde nur verfolgt, weil er in den Umfragen vor dem Präsidenten liege. Wenn er die Wahlen deswegen verliere, würden die USA im „Chaos“versinken. „Das ist eine schlechte Sache“. Sagte es und brach zum nächsten Prozess an diesem Donnerstag in New York auf. Dort wollte Trump bei dem Betrugsverfahren das Schlussplädoyer in eigener Sache halten. Dabei geht es um nicht weniger als die Zukunft seines Unternehmens.
Am Wochenende wollte Trump dann ein wenig Wahlkampf im eiskalten Iowa machen, wo am Montag erstmals die Wähler bei den innerparteilichen Caucuses das Wort haben.
Ohne faktische Grundlage behauptete Trump, er werde nur verfolgt, weil er in den Umfragen vor dem Präsidenten liege.