Luxemburger Wort

Warum Donald Trumps „absolute Immunität“eine Luftnummer ist

Ein Berufungsg­ericht zeigt sich skeptisch, dass Donald Trump im Präsidente­namt juristisch unangreifb­ar war. Das Urteil ist für den Ex-Präsidente­n „überlebens­wichtig“

- Von Thomas Spang

Donald Trump zog es vor, der Gerichtsve­rhandlung wenige hundert Meter vom Schauplatz des Aufstands vom 6. Januar zu folgen, statt Wahlkampf im Winterstur­m von Iowa zu machen. Während seine Anwesenhei­t bei den Strafverfa­hren Pflicht ist, gab es für ihn vor dem Bundesberu­fungsgeric­ht des Districts of Columbia keinen zwingenden Grund, anwesend zu sein. Entspreche­nd wenig Beachtung schenkten die drei Richterinn­en dem Kläger, der behauptet, der Strafproze­ss gegen ihn wegen seiner Rolle bei dem Angriff auf Amerikas Demokratie sei unzulässig, weil er „absolute Immunität“im Präsidente­namt genossen habe. Richterin Tanya S. Chutkan hatte bei der für den 4. März angesetzte­n Hauptverha­ndlung den Pausenknop­f gedrückt, bis die Berufung Trumps entschiede­n ist.

Sonderermi­ttler Jack Smith hatte versucht, per Eilantrag den Supreme Court dafür zu gewinnen, die Berufungsi­nstanz zu überspring­en. Er fürchtet, dass Trump auf Zeit spielt, um ein rechtskräf­tiges Urteil vor den

Wahlen im November zu verhindern. Bei einem Wahlsieg könnte er versuchen, das Verfahren einstellen zu lassen oder sich selbst zu begnadigen. Das oberste Gericht teilte die Sorge nicht und verwies den Fall zurück an das Bundesberu­fungsgeric­ht.

Bei der Anhörung am Dienstag ließen die drei Richterinn­en wenig Sympathie für Trumps Argument erkennen. Analysten waren sich darin einig, dass der schweigend vor sich hin starrende Ex-Präsident vor eine juristisch­e Betonwand gefahren war. Zumal sich sein Anwalt John Sauer in so viele Widersprüc­he verstrickt­e, dass die beanspruch­te „absolute Immunität“nicht mehr haltbar schien.

„Außerorden­tlich furchterre­gende Zukunft“

Mit einer kunstvoll formuliert­en Frage hatte Richterin Florence Pan den Kern des Problems offengeleg­t. Sie wollte von Sauer wissen, ob ein Präsident strafrecht­lich nicht belangt werden könne, wenn er den Spezialstr­eitkräften der „Navy Seals 6“den Auftrag erteilte, einen politische­n Rivalen zu ermorden? Erst müsste dieser vom Senat „impeacht“werden, antwortete Sauer, sonst nicht. Damit hatte sich das Argument der „absoluten Immunität“erledigt.

Für den Sonderermi­ttler meinte dessen Vertreter James Pearce, die USA gingen einer „außerorden­tlich furchterre­genden Zukunft“entgegen, wenn Präsidente­n politische Rivalen umbringen könnten und damit davonkämen, indem sie vor einem Impeachmen­t zurückträt­en. Die Lesart der Verfassung durch den Kläger sei grundfalsc­h.

Selbst die von George W. Bush nominierte Richterin Karen Henderson konnte Trump nicht folgen. Es sei paradox zu sagen, dass die verfassung­smäßige Ausübung seines Amtes „erlaubt, gegen die Strafgeset­ze zu verstoßen“. Spannend ist nach Ansicht von Experten nicht die Frage, wie das Gericht in der Sache entscheide­t, sondern ob überhaupt.

Der „kleine Supreme Court“könnte den Fall auch mit dem Argument an Chutkan zurückschi­cken, dass der Zeitpunkt für eine Berufung verfrüht sei. Damit würde die Immunitäts­frage auf die Zeit nach einer Verurteilu­ng vertagt. Trump hofft dagegen auf ein Urteil, das ihm erlaubte, das oberste Gericht anzurufen. Dieses beschäftig­t sich bereits mit der Frage, ob der mutmaßlich­e Anführer des Aufstands überhaupt kandidiere­n darf.

Trump droht Biden

Falls der Supreme Court die Berufung nicht aufgreift, könnte es beim Beginn der Hauptverha­ndlung im März bleiben. Andernfall­s dürfte der bisherige Zeitplan kaum mehr zu halten sein. Trump hätte in der Sache verloren, wäre aber taktisch seinem Ziel näher gekommen, das Verfahren zu verschlepp­en.

„Das war ein monumental­er Tag“, wertete der Spitzenrei­ter der Republikan­er bei den Vorwahlen die Anhörung bei einer Pressekonf­erenz in seinem ehemaligen Hotel an der Pennsylvan­ia Avenue. „Als Präsident müssen sie Immunität haben.“Alles andere würde die Büchse der Pandora öffnen. „Joe ist reif für eine Anklage“, drohte er dem Amtsinhabe­r mit Vergeltung.

Ohne faktische Grundlage behauptete Trump, er werde nur verfolgt, weil er in den Umfragen vor dem Präsidente­n liege. Wenn er die Wahlen deswegen verliere, würden die USA im „Chaos“versinken. „Das ist eine schlechte Sache“. Sagte es und brach zum nächsten Prozess an diesem Donnerstag in New York auf. Dort wollte Trump bei dem Betrugsver­fahren das Schlussplä­doyer in eigener Sache halten. Dabei geht es um nicht weniger als die Zukunft seines Unternehme­ns.

Am Wochenende wollte Trump dann ein wenig Wahlkampf im eiskalten Iowa machen, wo am Montag erstmals die Wähler bei den innerparte­ilichen Caucuses das Wort haben.

Ohne faktische Grundlage behauptete Trump, er werde nur verfolgt, weil er in den Umfragen vor dem Präsidente­n liege.

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Karikatur: Florin Balaban

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