Vom Tanzen und Zittern
Im Sommer sind es 50.000 Bienen pro Volk, im Winter nur noch 20.000. Der Imker Nicolas Schröder erklärt, wie es die Insekten bis zum Frühling schaffen
Winter ist, wenn die Bienen aufhören zu tanzen. „Wenn eine Arbeiterin eine Futterquelle gefunden hat, dann zeigt sie das den anderen Bienen durch einen Rundtanz oder einen Schwänzeltanz an“, erklärt der erfahrene Bienenmann Nicolas Schröder. Seine Bienenstöcke stehen in einem alten Steinbruch in der Nähe der Izigerstee. Wenn es keine Nahrungsquellen mehr gibt, gibt es keinen Grund zum Tanzen und die Sommerbienen hören auf zu arbeiten.
50.000 Arbeiterinnen gehören zu einem Bienenvolk, sie werden nicht alt. Maximal sechs Wochen lang lebt eine Sommerbiene. Spätestens im Oktober verenden sie, sie werden für den Winter nicht gebraucht. Ab Oktober werden die Winterbienen geboren, „10.000 bis 20.000 pro Volk“, so Schröder. Das Leben im Winter sei – trotz Frost – weniger anstrengend als jenes im Sommer. „Eine Winterbiene lebt bis zu sechs Monate.“
Der Honig, den die Arbeiterinnen zusammengesammelt haben, dient eigentlich dazu, das Bienenvolk während der kalten Zeit zu ernähren. Da der Imker es ebenfalls auf den Honig abgesehen hat, füttert er nach der Honigernte sein Volk mit einer Zuckerlösung. Nicolas Schröder kann sich noch an die Bienenvölker seines Opas erinnern. „Er war Landwirt in Ospern und hielt auch Bienen.“Als kleiner Junge war es Nicolas’ Aufgabe, dieses Zuckerwasser anzurühren.
Bis zu 100 Kilogramm Zucker seien auf Omas Holzofen verarbeitet worden. „Es war immer eine Riesensauerei“, erinnert er sich. „Diese Fütterung muss abgeschlossen sein, bevor die Winterruhe einsetzt“, betont er. Denn die Bienen müssen den Zucker erst verarbeiten, ehe er ihnen als Nahrung dienen kann. „Im Winter verkleinert sich das Volk“, fährt er fort.
Bienen halten keinen Winterschlaf
„Die Winterbienen halten sich nur im Bienenstock auf“, erklärt der Imker. Ihre Aufgabe ist es nicht, das Volk mit Honig zu versorgen, dafür waren die Sommerbienen verantwortlich. Die Winterbienen dienen als Art Heizung für ihre Königin. „Die Bienen haben im Winter mit tiefen Temperaturen kein Problem“, erklärt Schröder. Sie rücken näher zusammen und zittern sich warm. Die Bienen halten keinen Winterschlaf, sie halten eine
Winterruhe. Sie leben von ihren Vorräten und haben nur noch eine Aufgabe. „Wenn es dann kälter wird, dann ziehen sich die Bienen um ihre Königin zusammen und bilden eine Traube“, sagt Nicolas Schröder. Die Königin pausiere die Eiablage und das ganze Volk wartet darauf, dass der Frühling wieder beginnt. „Die Temperatur im Innern dieser Traube kann bis zu 25 Grad erreichen“, erklärt Nicolas Schröder. Die Bienen an der Außenseite der Traube werden regelmäßig abgelöst und können sich dann im Inneren ihrerseits aufwärmen.
Nicolas Schröders Bienen brauchten diese Heizung erst nach Weihnachten anzuwerfen, erst mit dem Kälteeinzug im Januar hat bei den Bienen die Winterruhe eingesetzt. „Ich habe noch vor zwei Wochen die Stöcke gegen Varroa-Milben behandelt“, sagt der Imker und kontrolliert umgehend den Erfolg der Behandlung. Nur bei genauem Hinsehen kann er unter dem Bienenstock eine abgestorbene Milbe entdecken. Sein Volk ist gesund, freut er sich.
Ganz vorsichtig öffnet er den Kasten und legt sofort seine Hand auf. „Man spürt die Hitze der Bienen“, sagt er. „Mit dem Nachtfrost und den Minustemperaturen haben die Bienen kein Problem.“Problematisch werde es eher, wenn die Temperatur über zehn Grad steigt, so wie es in diesem Winter bereits öfters der Fall gewesen ist.
„Die Bienen verlassen dann den Bienenstock für einen Reinigungsflug, sie entleeren ihre Kotblase und nehmen Wasser auf“, sagt er. Solche Ausflüge kosten Energie. In der freien Natur jedoch finden sie keine Nahrung, so können milde Winter den Bienenvölkern schaden.
Dieser Reinigungsflug erinnert Nicolas Schröder an seine Kindheit auf dem Land. Oftmals hätte die Nachbarin an jenen Tagen die Bettwäsche zuerst eingekocht, um sie dann im Garten in der Sonne zu bleichen. Der junge Nicolas versuchte noch, sie davon abzuhalten, wenn die Bienen zum Reinigungsflug aufbrachen. Denn die reinweiße Wäsche hatte Opas Bienen angelockt. „Die Nachbarsfrau hatte so mehr Arbeit“, erzählt er. Als Entschädigung habe sie vom Großvater das erste Glas Honig der Saison erhalten.
Ab der Wintersonnenwende, dem kürzesten Tag des Jahres, bereitet sich das Volk auf die anstehende Saison vor. „Gegen Ende Januar beginnt die Königin wieder mit der Eiablage“, sagt Nicolas Schröder. Die Brut braucht höhere Temperaturen, gegen Ende der kalten Jahreszeit müssen die Winterbienen noch einmal ihre Reserven anzapfen.
„Nach sechs Monaten sterben die Winterbienen“, erklärt Nicolas Schröder. Sie werden den Sommer nicht mehr erleben. „Die erste Bienennahrung des Jahres sind die Pollen von den Haselsträuchern“, so Schröder. So richtig losgeht es mit dem Beginn der Ostblüte. Bis dass die Kirschen blühen, durchlebt das Bienenvolk die schwierigste Zeit. Die jungen Arbeiterinnen sind dann schon geschlüpft und werden von den alten Winterbienen gepflegt. Bis dass die neue Generation übernimmt, vergehen einige lange Wochen.
Mit dem Nachtfrost und den Minustemperaturen haben die Bienen kein Problem. Nicolas Schröder