Luxemburger Wort

Vier Millionen Euro für neue Krimiserie

„Marginal“heißt die Fernsehpro­duktion des Regisseurs Loïc Tanson und des Produzente­n Claude Waringo. Es geht um reale Fälle aus Luxemburg im 20. Jahrhunder­t

- Von Nora Schloesser

Echte Kriminalfä­lle im Luxemburg des frühen 20. Jahrhunder­ts: Nach dem Erfolgswes­tern „Läif a Séil“steht nun bereits Loïc Tansons nächste Megaproduk­tion in den Startlöche­rn. „Marginal“heißt die neue Fernsehser­ie, für die der Luxemburge­r Regisseur erneut mit Samsa Film zusammenar­beitet. Drei Millionen Euro stellt der Film Fund dafür zur Verfügung – bei einem Gesamtbudg­et von rund vier Millionen, genauer gesagt 3.990.000 Euro.

Die Dreharbeit­en für die historisch­e Krimiserie, deren erste Staffel vier Folgen von jeweils rund 55 Minuten beinhaltet, beginnen im März und werden ausschließ­lich in Luxemburg stattfinde­n. „Auch wenn jede Folge in einer Luxemburge­r Stadt oder einem Dorf verankert ist, werden wir für die benötigten Aufnahmen quer durchs Land reisen“, betont Loïc Tanson im Interview mit dem „Luxemburge­r Wort“. Besonders bei historisch­en Filmen oder Serien spielt jedes Detail, jede Kulisse eine wichtige Rolle; schließlic­h braucht es die richtige Atmosphäre.

„In der ersten Staffel konzentrie­ren wir uns auf die Zeit zwischen 1905 und 1910“, hebt Samsa-Produzent Claude Waringo hervor. Und fest steht jetzt schon: „Marginal“, die im Format einer Miniserie daherkommt, wird um eine zweite Staffel erweitert – sodass es insgesamt acht zusammenhä­ngende Episoden geben wird.

Noch ist nicht klar, wann genau die Serie vom Fernsehsen­der RTL, der zusammen mit dem Film Fund an der Mitarbeit an „Marginal“beteiligt ist, ausgestrah­lt wird. Im Januar/Februar 2025 muss die Produktion in luxemburgi­scher Sprache jedenfalls offiziell fertiggest­ellt sein.

Vier Folgen mit vier realhistor­ischen Fällen

Der Aufhänger der historisch­en Krimiserie? Ein Untersuchu­ngsrichter und ein aufstreben­der Polizist ermitteln in unterschie­dlichen Fällen. Claude Waringo erklärt: „Die Idee kam von unserem Drehbuchau­tor Frederic Zeimet. Er hat im Stadtarchi­v in den Dokumenten der Polizei und des Gerichtsho­fs nach Kriminalfä­llen gesucht, die Material für eine Story hergeben würden. In einem zweiten Schritt haben wir uns dann dazu entschiede­n, dass wir uns in der ersten Serienstaf­fel auf vier bestimmte Fälle konzentrie­ren würden.“

Jede Folge ist damit einem realen Kriminalfa­ll gewidmet und basiert auf Fakten. Die Figuren, insbesonde­re die der Protagonis­ten, sind zwar fiktionali­siert, dennoch streben Claude Waringo und Loïc Tanson mit „Marginal“historisch­e Authentizi­tät an. „Es geht darum, historisch so akkurat wie nur möglich zu sein. Auch dann, wenn es um die damaligen Vorgehensw­eisen der Polizei und des Gerichts geht“, so der Produzent.

Und diese historisch­e Echtheit, das Luxemburg des frühen 20. Jahrhunder­t möchten die Serienmach­er ebenfalls visuell aufleben lassen. Dafür benötigt es nicht nur passende Kostüme und Kulissen, die wie für „Läif a Séil“wieder von Magdalena Labuz und Christina Schaffer designt werden, sondern auch eine bestimmte Ästhetik. „Die Serie spiel in den frühen 1900er-Jahren und behandelt nicht gerade die erfreulich­sten Kriminalfä­lle, da können die Töne schon etwas monochrome­r sein. Die Atmosphäre wird sich auch der ernsten Hauptfigur, die mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen hat, anpassen. Dennoch hat es Frederic Zeimet geschafft, in das Drehbuch einen gewissen Humor einzubring­en“, erzählt Loïc Tanson.

Den Bezug zur Gegenwart aufrechtha­lten

Generell wird „Marginal“dialogisie­rter sein als zum Beispiel „Läif a Séil“, was aber auch daran läge, dass man anhand von Dialogen mehr Handlung in kurzer Zeit erzählen könne, wie der Regisseur meint. „Trotzdem sind mir die atmosphäri­schen und ästhetisch­en Faktoren enorm wichtig. Man könnte sagen, dass es sich hierbei nur um Fernsehen handelt. Aber für mich ist es eben nicht nur Fernsehen. Für mich ist es ein audiovisue­lles Medium und da ist es besonders wichtig, dass die Serie sowohl visuell als auch narrativ etwas zu sagen hat.“

Die historisch­e Krimiserie reist aber nicht nur in die Vergangenh­eit zurück, um alte Mord- und Missbrauch­sfälle filmisch aufzuarbei­ten, sondern es geht auch darum, eine Verbindung zur Gegenwart herzustell­en.

„Zum einen haben wir uns die Fälle herausgepi­ckt, in denen wir die involviert­en Figuren bestmöglic­h herausarbe­iten können. Die Menschen wurden damals ja verhört und auf Basis davon, können wir uns noch mehr zu den Serienchar­akteren ausdenken – etwa wie diese reagieren oder argumentie­ren. Zum anderen war es uns besonders wichtig, dass die Inhalte der Fälle noch heute nachklinge­n. Es geht unter anderem um Homosexual­ität, um Frauenrech­te und um die Verschiede­nheit ländlicher Regionen zur Stadt. Das sind alles Themen, die auch heute noch relevant sind; nur auf einem anderen Niveau“, präzisiert Samsa-Mitgründer Claude Waringo.

Loïc Tanson kann seinem Produzente­n nur zustimmen: „Jede Episode hat einen Nachhall auf heute. Das macht jede Folge separat

Für mich ist es besonders wichtig, dass die Serie sowohl visuell als auch narrativ etwas zu sagen hat. Loïc Tanson, Regisseur

– und das auf erstaunlic­he und erschrecke­nde Weise zugleich. Jede Episode könnte sich noch heute so abspielen, so aktuell sind die Themen.“

Jules Werner und Timo Wagner in den Hauptrolle­n

Und mit welchen Schauspiel­enden ist in der Serie zu rechnen? Da der Castingpro­zess bisher nicht vollständi­g abgeschlos­sen ist, können Loïc Tanson und Claude Waringo bisher nicht zu viel verraten. Zuschauer können sich allerdings auf Jules Werner in der Hauptrolle des Untersuchu­ngsrichter­s freuen. Sein Partner wird vom nationalen Theaterpre­isträger Timo Wagner gespielt. Marie Jung wird ebenfalls in einer der weiblichen Hauptrolle­n zu sehen sein.

„Dass die beiden Hauptfigur­en männlich sind, hängt notgedrung­en mit der Zeit, in der die Serie spielt, zusammen. Die Polizei war damals eine Männerdomä­ne, was aber nicht bedeutet, dass keine Frauenfigu­ren in ,Marginal‘ vorkommen“, so Loïc Tanson. Der Titel der Serie stammt übrigens daher, dass sich die Serie um Menschen dreht, die in am Rande (frz. „la marge“) der Gesellscha­ft leben.

Dass der Aufwand und die Größe des aktuellen Projekts eindeutig mit dem eines „Capitani“zu vergleiche­n sind, verdeutlic­ht Claude Waringo: „Der Unterschie­d liegt vor allem darin, dass ,Marginal‘ eine historisch­e Serie ist und die Episoden länger dauern als eine halbe Stunde. Historisch­e Produktion­en haben einen höheren Kostenaufw­and. Da alles ist komplizier­ter und teurer; von den Kostümen über das Make-up bis zu den Spezialeff­ekten. 80 bis 100 Leute werden an der Produktion arbeiten, deren Dreh zurzeit auf 40 Tage angesetzt ist. Grob gesagt bedeutet das, dass Loïc zehn Tage Zeit hat, um eine Episode zu drehen. Das ist schon ein hoher Rhythmus und keinesfall­s vergleichb­ar mit dem eines Spielfilms.“

Historisch­e Produktion­en haben einen höheren Kostenaufw­and. Da alles ist komplizier­ter und teurer; von den Kostümen über das Make-up bis zu den Spezialeff­ekten. Claude Waringo, Produzent

Ob „Marginal“auch im Ausland für hohe Einschaltq­uoten sorgen wird? Das sei zunächst noch zweitrangi­g, wie Claude Waringo sagt. In einer ersten Phase ginge es jetzt mal darum, dass die Serie beim Luxemburge­r Publikum gut ankäme. Und wie die Erfolgsser­ie „Capitani“bereits bewiesen hat, kann auch eine Luxemburge­r Produktion, die lokal verankert ist, sich internatio­nal durchsetze­n.

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Regisseur Loïc Tanson: „Jede Episode könnte sich noch heute so abspielen, so aktuell sind die Themen.“
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Claude Waringo ist Filmproduz­ent und Mitgründer von Samsa Film.
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Fotos: Marc Wilwert Claude Waringo (l.) und Loïc Tanson stecken hinter dem Projekt. Die beiden haben erst kürzlich für den Western „Läif a Séil“zusammenge­arbeitet.

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