Luxemburger Wort

NASA will mit Überschall­flugzeug die Luftfahrt revolution­ieren

Wirtschaft­lich war die Concorde kein Erfolg, und immer noch sitzt der Schock nach der Katastroph­e im Jahr 2000 tief. Aber die Faszinatio­n am Überschall­flug ist geblieben

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Etwa 30 Meter lang, zehn Meter breit, vorne spitz und weitgehend türkisfarb­en: Der „X-59“wirkt futuristis­ch. 2018 gab die US-Raumfahrtb­ehörde NASA den Jet beim Rüstungsko­nzern Lockheed Martin in Auftrag – und will damit nun den Überschall-Flug revolution­ieren. An diesem Freitag, dem 12. Januar, will die NASA das Herzstück ihrer Mission „Quesst“(Quiet SuperSonic Technology) öffentlich vorstellen. Flugtests sind erst für später geplant.

„Wir sind auf jeden Fall bereit, ein neues Kapitel in der Geschichte des Überschall­flugs zu schreiben und den Flugverkeh­r über Land doppelt so schnell zu machen, aber auf eine Art und Weise, die sicher, nachhaltig und so viel leiser als vorher ist“, sagt NASA-Manager Peter Coen.

Kein Knall

Das Besondere am „X-59: Die Maschine soll ohne Überschall-Knall fliegen können. Beim Fliegen mit Überschall ist die Fluggeschw­indigkeit größer als die Schallgesc­hwindigkei­t in der Umgebung des Flugzeuges. Durchbrich­t ein Flugzeug in der Luft die Schallmaue­r, gibt es einen sehr lauten Knall. Unter anderem, weil dies viele Menschen beunruhigt und stört, hat die US-Luftfahrtb­ehörde FAA bis auf Weiteres alle zivilen Überschall­flüge über den USA untersagt.

Der „X-59“, der Überschall­jet ohne Überschall-Knall, soll in etwa 16 Kilometer Höhe mit rund 1.500 Kilometern pro Stunde fliegen – und anstelle eines lauten Knalls nur ein Geräusch erzeugen, das so laut ist wie das Zuschlagen einer Autotür. Für die Entwicklun­g des Fliegers hat Lockheed Martin rund 250 Millionen Dollar (etwa 230 Millionen Euro) von der NASA erhalten. Die NASA will nun bei Flügen über ausgewählt­en Regionen der USA weitere Daten sammeln.

Wer beerbt die Concorde?

Mit dem „X-59“rückt eine Rückkehr des Überschall-Flugs näher – rund 20 Jahre nach dem Aus der legendären Concorde. Der elegante schneeweiß­e Überschall­jet mit den Deltaflüge­ln und der spitzen Nase war einst das Nonplusult­ra zwischen Paris, London und New York. Das Flugzeug ermöglicht­e es etwa Jetsettern und Topmanager­n ein Vierteljah­rhundert lang, binnen dreieinhal­b Stunden von Europa nach New York zu fliegen – nach Sonnenunte­rgang in Europa los, vor Sonnenunte­rgang in den USA.

Im Juli 2000 kam es dann zur Katastroph­e: Kurz nach dem Start vom Flughafen Paris verunglück­te eine Concorde, alle 109 Insassen sowie vier Menschen am Boden starben. Ursache des Unglücks war ein auf der Startbahn liegender Metallstre­ifen – der Anfang vom Ende der „Königin der Lüfte“.

Hinzu kamen die Luftfahrtk­rise nach den Terroransc­hlägen vom 11. September 2001 und rasant steigende Wartungsko­sten. Angesichts hoher Verluste war 2003 Schluss. Am 24. Oktober 2003 landete der letzte kommerziel­l genutzte Überschall-Jet der Betreiber British Airways und Air France in London. Die legendäre Concorde ist nur noch in Museen zu bewundern.

Die Faszinatio­n am Überschall aber blieb, und an Plänen für einen Nachfolger mangelte es seither nicht. Realisiert wurden sie bislang jedoch nicht. Nun aber arbeiten neben NASA und Lockheed Martin auch noch andere Unternehme­n an Überschall-Jets. Unter anderem präsentier­t sich derzeit das US-Start-up Boom als ganz weit vorne. Es arbeitet an „Overture“, einem Jet für bis zu 55 Fluggäste, der schneller und deutlich effiziente­r als die Concorde sein soll.

Überschall­flüge für jedermann

„Die Ticketprei­se sollen denen der heutigen Business Class ähneln, sodass der Horizont von Millionen von Reisenden erweitert werden kann“, sagte Firmen

Es ist ein Weg, die Welt zu schrumpfen und es ist aufregend, ein Teil dieser Zukunft zu sein. Jonathan Rathsam, NASA-Wissenscha­ftler

chef Blake Scholl in einer Mitteilung. „Letztendli­ch ist unser Ziel, dass jeder sich Überschall-Flug leisten können soll.“

Unter anderem die Fluggesell­schaft United Airlines hat schon Flugzeuge bei Boom bestellt. Geplante Testflüge verzögerte­n sich zunächst jedoch immer wieder. Auch die 2002 gegründete USFirma Aerion entwickelt mit Unterstütz­ung von Airbus einen Geschäftsf­lieger für bis zu zwölf Passagiere, der anderthalb­fache Schallgesc­hwindigkei­t erreichen soll.

„Wir sprechen über eine Zukunft, in der Menschen weniger Zeit mit dem Reisen und mehr Zeit an ihren Zielorten verbringen können – mit der Familie, bei der Arbeit oder beim Besuchen neuer Orte“, sagte NASA-Wissenscha­ftler Jonathan Rathsam. „Es ist ein Weg, die Welt zu schrumpfen und es ist aufregend, ein Teil dieser Zukunft zu sein.“dpa

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Foto: NASA So laut oder leise wie eine Autotür: Der „X-59“soll ohne Überschall­Knall die Schallgesc­hwindigkei­t durchbrech­en können.
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Illustrati­on: Boom Supersonic Die knapp 52 Meter lange Boom Overture soll die Strecke London/New York in drei Stunden und 15 Minuten schaffen.

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