Luxemburger Wort

Palästina zwischen Krieg und Asien-Cup

Das Turnier soll für ein wenig Abwechslun­g sorgen, doch die Fußballer denken rund um die Uhr an ihre Heimat

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Der erste Blick der Nationalsp­ieler Palästinas geht immer auf das Handy, auch im fernen Katar. „Vor dem Training, nach dem Training, im Bus oder im Hotel – jeder verfolgt ständig die Nachrichte­n“, sagt Nationaltr­ainer Makram Daboub über seine kaum zu lösende Mission. Am Wochenende starten Palästinas Fußballer als klarer Außenseite­r in den Asien-Cup, doch mit dem Kopf ist jeder Spieler rund um die Uhr in der Heimat.

Denn die Nachrichte­n auf dem Handy sind keine guten. Erst am Wochenende wurde Hani Al-Masdar, ehemaliger Trainer der Olympia-Auswahl Palästinas, im Gaza-Streifen durch Granatspli­tter getötet. Auch die Bilder aus dem stark beschädigt­en Yarmouk Stadium in Gaza-Stadt, das der israelisch­en Armee derzeit als Internieru­ngslager dient, sind verstörend.

Seine Spieler lebten im „ständigen Gefühl der Angst um ihre Familien“, erzählte der Tunesier Daboub der Nachrichte­nagentur AFP vor dem Turniersta­rt. Wie genau sich sein Team auf Fußball konzentrie­ren soll, weiß auch er nicht. Doch irgendwie gelingt es: Bei der Generalpro­be am Dienstag holte die Nummer 99 der FIFA-Weltrangli­ste in Doha immerhin ein 0:0 gegen SaudiArabi­en. Ernst wird es am Sonntag, wenn es zum Auftakt der Asien-Meistersch­aft gegen den dreimalige­n Titelträge­r Iran geht. Die Vorbereitu­ng wurde allerdings massiv von jenem Konflikt beeinträch­tigt, der seit dem Angriff der palästinen­sischen Hamas auf israelisch­em Boden am 7. Oktober 2023 unzählige Opfer gefordert hat. Der Ligabetrie­b im Westjordan­land und Gaza-Streifen ruht seither, die Teilnahme an einem Turnier in Malaysia fiel kurzfristi­g aus, das WM-Qualifikat­ionsspiel gegen Australien im November (0:1) fand in Kuwait statt, die Trainingsl­ager wiederum in Algerien und SaudiArabi­en.

„Meine Spieler leiden“

„Meine Spieler leiden“, sagt Daboub, dessen Team sich zu einem großen Teil aus Akteuren aus der Diaspora zusammense­tzt. Aus Chile, Indonesien, Schweden, Belgien, Thailand, Ägypten und Indien kommen die Spieler, die ein großes Ziel verbindet: Bei der dritten Asien-Meistersch­aft soll es endlich mit dem ersten Sieg klappen, weitere Gegner in der Gruppe sind die Vereinigte­n Arabischen Emirate und Hongkong.

Und: Der Fußball soll zumindest für ein wenig Abwechslun­g sorgen – sowohl in der Heimat als auch in der Mannschaft. Spieler wie Mahmoud Wadi und Muhammad Saleh seien direkt von dem Konflikt betroffen, so Daboub: „Sie sind Profis in Ägypten, aber ihre Familien sind in Gaza und ihre Häuser wurden zerstört“, einige ihrer Verwandten seien „getötet oder vertrieben“worden. Auch Angehörige anderer Spieler hätten fliehen müssen.

Gewonnen habe sein Team aber eigentlich schon jetzt, sagt Daboub. Alleine „das Hissen der palästinen­sischen Flagge“bei internatio­nalen Wettbewerb­en sei wichtig, betonte er. Dies sei „eine Bestätigun­g der palästinen­sischen Identität“und verdeutlic­he, dass die Menschen dort „Freiheit und ein besseres Leben verdient“hätten. sid

Sie sind Profis in Ägypten, aber ihre Familien sind in Gaza und ihre Häuser wurden zerstört. Makram Daboub, Nationaltr­ainer

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Foto: AFP Der Tunesier Makram Daboub coacht die Nationalma­nnschaft Palästinas.

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