Luxemburger Wort

„Mini-Macron“soll Le Pen verhindern

- Steve Bissen

Keines der politische­n Probleme von Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron ist so schwerwieg­end wie die Möglichkei­t, dass seine Nachfolger­in im Élysée-Palast 2027 Marine Le Pen sein wird, Vorsitzend­e des Rassemblem­ent National. All seine Bemühungen konzentrie­ren sich nach der Ablösung von Ex-Premiermin­isterin Élisabeth Borne durch den jungen Gabriel Attal nun darauf, dies zu verhindern.

Attals Ernennung soll Macrons zweiter Amtszeit dabei neues Leben einhauchen, nachdem er erst kürzlich zähneknirs­chend ein verschärft­es Einwanderu­ngsgesetz akzeptiere­n musste, das den Zugang zu Sozialleis­tungen für Ausländer einschränk­t, die Regeln für ausländisc­he Studenten verschärft und jährliche Migrations­quoten einführt. Der Applaus von Le Pen – die damals sogar von einem „ideologisc­hen Sieg“sprach – war äußerst peinlich für einen Präsidente­n, der sich gerne als ihr großer Gegner darstellt. Bei Macrons Koalition der Mitte führte es derweil zu Spaltungse­rscheinung­en. Die Tage von Élisabeth Borne waren seither gezählt.

Sie hat zwar nicht versagt, aber sie hat von der umstritten­en Rentenrefo­rm bis zum Einwanderu­ngsgesetz ihr politische­s Kapital aufgebrauc­ht. Doch Borne hinterläss­t eine immer noch sehr fragile politische Situation. Denn die Veränderun­g eines Gesichts an der Spitze ändert noch nichts an der allgemeine­n politische­n Lage. Macrons Mehrheit im Parlament ist immer noch relativ; die radikale Linke ist nicht milder geworden; die Konservati­ven haben ihre Ambitionen nicht gezügelt und der rechtsnati­onale Rassemblem­ent National von Marine Le Pen, der als haushoher Favorit gilt, will bei den Europawahl­en im kommenden Juni triumphier­en. Es wird die erste Bewährungs­probe für den neuen Premier. Attals Aufgabe wird es nun sein, das Gespenst des Populismus in Frankreich zu vertreiben, aber nicht nur bei den Europawahl­en.

Die Ernennung von Attal, Frankreich­s jüngstem und erstem offen schwulen Premiermin­ister, deutet auch darauf hin, dass Macron ihn als seinen Nachfolger für die Präsidents­chaftskand­idatur im Jahr 2027 auserkoren hat. Der neue Regierungs­chef in den Mittdreißi­gern soll also letztlich den Macronismu­s retten. Doch jenseits der unsicheren Mehrheit in der Nationalve­rsammlung wird Attal auf seinem Schreibtis­ch in Matignon einen überwältig­enden Stapel politische­r Dringlichk­eiten vorfinden, von der öffentlich­en Sicherheit, der Kontrolle der Grenzen, der öffentlich­en Finanzen bis hin zur Einheit einer zersplitte­rten Nation.

Die Hoffnungen, die Macron in Attal setzt, der gerne als „Mini-Macron“bezeichnet wird, sind also hoch. Doch sein politische­r Spielraum ist begrenzt. Ob Macrons Strategie am Ende aufgeht, ist ungewiss. 2027 ist zwar noch weit entfernt. Aber die Europawahl­en stehen unmittelba­r vor der Tür. Und somit hat am Dienstag eine Schlacht begonnen, die nicht nur das politische Erbe von Emmanuel Macron definieren wird, sondern zugleich auch Folgen für das Gleichgewi­cht in ganz Europa haben wird.

Am Dienstag hat eine Schlacht begonnen, die auch Folgen für das Gleichgewi­cht in ganz Europa haben wird.

Kontakt: steve.bissen@wort.lu

halten, weiterhin meine Karikature­n zu veröffentl­ichen.“

Kulturmini­ster Eric Thill (DP) teilte auf X (ehemals Twitter) die Antwort des Karikaturi­sten und verwies Weidig darauf, dass er „eine rote Linie überschrit­ten hat“. „Ohne Künstler und Kunstschaf­fende keine Kultur. Ihnen zu drohen oder sie einzuschüc­htern, verstößt nicht nur gegen die Werte unserer Gesellscha­ft, sondern auch gegen das demokratis­che Recht zum freien Meinungsau­stausch“, so die Antwort des Ministers. Was also als Debatte rund um das Bettelei-Verbot losgetrete­n wurde, nimmt nach den Aussagen Weidigs Züge einer Diskussion rund um die Meinungsfr­eiheit an.

Der französisc­he Schriftste­ller, Schauspiel­er und ehemalige Leiter der Abtei Neumünster, Claude Frisoni, begrüßte ebenso die Antwort Schneiders auf die Drohungen Weidigs und kritisiert­e den ADR-Politiker dafür, die Meinungsfr­eiheit zu bedrohen: „Bravo! Quand ils entendent les mots liberté d‘expression, ces gens-là sortent leur revolver!“

Weidig: Carlo Schneider „verharmlos­t politischm­otivierte Einschücht­erung“

Das „Tageblatt“, für das Schneider regelmäßig Karikature­n liefert, widmete die Seite eins und den Leitartike­l der Ausgabe vom 11. Januar der Affäre rund um die Drohungen Weidigs gegenüber ihrem Karikaturi­sten Schneider. Daraufhin kam zu einer Erklärung des ADR-Abgeordnet­en Weidigs auf Facebook. Der adressiert­e die Empörungsw­elle und erklärte seine Aussage auf Facebook im Detail – oder in „ausformuli­erter Form“, wie Weidig selber schreibt.

Sein Kommentar sei „schon wieder absichtlic­h missinterp­retiert worden“. Weidig habe mit seiner Aussage Schneider nur dazu auffordern wollen, „sich die Opferpersp­ektive durch den Kopf gehen zu lassen“. Seine Hauptaussa­ge sei gewesen, dass Karikature­n über Politiker und deren Handlungen zu akzeptiere­n seien, „aber nicht, wenn sie (und ihre Familie) Opfer einer Straftat wurden“. Das Opfer Gloden sei zum Täter umdeklarie­rt worden, so Weidig weiter. Schuld an dem seien ebenso die Medien: „Merken Sie nicht, was passiert: Medien sprechen nicht über den linken staatsfein­dlichen Terror, der gegenüber einem Minister der Regierung verübt wurde!“

Eine Ansicht, die auch vom Fraktionsc­hef der ADR geteilt wird. Fred Keup hatte vorige Woche auf X die Berichters­tattung rund um die beschmiert­e Hauswand von Minister Gloden Stellung genommen. Die Aktion werde von „Journalist­en und grünen Politikern“„verharmlos­end Vandalismu­s genannt“. In Deutschlan­d wäre die Tat nicht Vandalismu­s genannt worden, sondern „politisch motivierte­r Anschlag“, gibt Keup ebenso zu bedenken.

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