Luxemburger Wort

Was die ADR unter Meinungsfr­eiheit versteht

- Von Ines Kurschat

Meinungsfr­eiheit muss wehtun. Das ist das Credo der Populisten­partei ADR – zumindest, wenn es ihre Freiheit betrifft, den politische­n Gegner (in der Regel links von ihr) anzugreife­n und zu verunglimp­fen. Folgt dann ein Echo, fließen Krokodilst­ränen.

Jüngstes Beispiel: die Anspielung Tom Weidigs gegenüber dem Karikaturi­sten Carlo Schneider. Da malt der ADR-Abgeordnet­e das Drohszenar­io eines unfriedlic­hen Hausbesuch­s beim Künstler in die Luft, um dann, als der erwartbare Shitstorm folgt und selbst der Kulturmini­ster „eine rote Linie“überschrit­ten sieht, zu behaupten, es so nicht gemeint zu haben.

Sein Post sei „absichtlic­h missinterp­retiert“worden. Der Foulspiele­r hat immer recht und ist am Ende noch das Opfer.

Höchste Zeit, daran zu erinnern: Meinungsfr­eiheit ist keine Einbahnstr­aße. Die Partei, die die Grenzen des Sagbaren noch und nöcher ausreizt, ist dieselbe, die im Oktober

2022 ein Gesetzentw­urf vorgelegt hatte, dass die angebliche „Cancel culture“unter Strafe stellen soll. Wohlgemerk­t, die von links.

Geht es um Events (mit) der schwullesb­ischen Community, um Ausländer oder um geschlecht­ersensible Sprache in Schulbüche­rn und Verwaltung­en ist die ADR schnell dabei, den Untergang des Abendlande­s herbeizufa­ntasieren und auf den sozialen Netzwerken zu mobilisier­en. Aber wehe, die Entrüstung gilt ihr.

Es ist wichtig, diesen Kniff zu durchschau­en. Und als das zu benennen, was es ist: eine freche Heuchelei. Denn es geht gar nicht um das hohe Gut der Meinungs- und Kunstfreih­eit. Es geht um Macht und gesellscha­ftliche Deutungsho­heit. Was die ADR möchte, ist, zu bestimmen, was öffentlich gesagt werden darf und was nicht. Das ist nichts anderes als Cancel culture. Aber von Rechtsauße­n.

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