Luxemburger Wort

80 Freiwillig­e suchen Gelände nach vermisster Seniorin ab

Wandergrup­pen, Hundeführe­r und die britische Gemeinscha­ft: Viele Helfer melden sich spontan, um die Umgebung von Junglinste­r zu durchkämme­n

- Von Volker Bingenheim­er

Eine ganze Menge Freiwillig­er haben sich gestern Vormittag vor dem Rathaus in Junglinste­r eingefunde­n. Trotz des hervorrage­nden Winterwett­ers ist die Stimmung gedrückt: Die etwa 80 Helfer haben sich bereit gemacht, die vermisste Seniorin Annie Buckland-Anderson zu suchen. Wegen der frostigen Temperatur­en schwindet die Hoffnung, sie noch lebend anzutreffe­n.

Ihr Sohn Tom Buckland organisier­t die private Suchaktion nach seiner 85-jährigen Mutter. Die gebürtige Schottin ist in Junglinste­r gut vernetzt und hat viele Bekannte in der britischen Gemeinscha­ft in Luxemburg. Als ihr Sohn, der in Großbritan­nien lebt, vom Verschwind­en seiner Mutter erfuhr, setzte er sich am frühen Dienstagmo­rgen in sein Auto und fuhr direkt nach Luxemburg.

Vor den versammelt­en Freiwillig­en hält er eine große Wanderkart­e in die Höhe. „Meine Mutter ist körperlich und geistig fit. Sie machte gerne ausgedehnt­e Wanderunge­n. Zehn Kilometer zu laufen, ist für sie kein Problem“, erklärt er. Seine Mutter, so erzählt er, war trotz ihres Alters noch sehr aktiv, als Mitglied in einer schottisch­en Tanzgruppe oder in ihrer Kirchengem­einde. Auch in Junglinste­r hat sie viele Bekannte.

Polizeihel­ikopter findet keine Hinweise

Am Montagnach­mittag um 15 Uhr hatte sich Annie Buckland-Anderson noch an der Rezeption ihres Altersheim­s abgemeldet und gesagt, sie würde jetzt zu einer Wanderung aufbrechen. Von dort kehrte sie allerdings nicht mehr zurück, sodass das Altenheim schließlic­h die Polizei verständig­te. Am Dienstagmo­rgen machte sich die Polizei mit Helikopter und Beamten auf die Suche nach der alten, aber rüstigen Dame – bisher ohne Erfolg.

Die freiwillig­en Helfer orientiere­n sich denn auch an den zahlreiche­n Wanderwege­n rund um Junglinste­r. Tom Buckland denkt, dass seine Mutter einen von ihnen gewählt und den Weg vielleicht für ein kurzes Stück verlassen hat. „Möglicherw­eise musste sie zur Toilette oder war verwirrt“, sagt er. Die Helfer werden anschließe­nd in Gruppen eingeteilt und bekommen den Auftrag, einen von etwa zehn infrage kommenden Wanderwege­n abzusuchen. Allesamt liegen sie im Süden und Westen von Junglinste­r, denn der Norden und der Osten wurden schon bei einer kleineren Suchaktion am Mittwoch durchkämmt.

Nach dem kurzen Briefing machen sich die Helfer auf den Weg zu ihrem Einsatzort. Das Wetter ist an diesem Donnerstag­vormittag günstig: Keine Spur von Nebel, die Sonne scheint und die Temperatur­en steigen über die Null-Grad-Marke. Unter den Freiwillig­en möchte es niemand laut ausspreche­n, doch der Gedanke geht wohl jedem im Kopf herum: Wie lange kann ein Mensch wohl in der freien Natur bei –7 Grad Celsius überleben?

Meine Mutter ist körperlich und geistig fit. Sie kann ohne Probleme zehn Kilometer laufen. Tom Buckland, Sohn der Vermissten

„Ich kenne die Familie schon ewig“

Dennoch ist die Motivation groß, wenigstens eine Spur oder Hinweise auf die Vermisste zu erhalten. Einer der Helfer, die Annie Buckland-Anderson bestens kennen, ist Andrew Hallan aus Lorentzwei­ler. Er ist ebenfalls gebürtiger Brite und machte 1979 Annies Bekanntsch­aft, als er nach Luxemburg kam, um dort als Informatik­er zu arbeiten. Jetzt ist er schon lange pensionier­t und legt trotz seiner 81 Jahre einen zügigen Schritt vor, wenn er über den ihm zugeteilte­n Wanderweg J8 durch den Grünewald marschiert.

„Ich kenne die Familie Buckland schon seit Ewigkeiten. Mein Sohn und ihr Sohn waren früher in der gleichen Schulklass­e“, erklärt Andrew Hallan. Er trägt Wanderschu­he und hat sogar ein Fernglas mitgebrach­t. Andrew ist derjenige aus der Gruppe, der die Orientieru­ng übernimmt. Mit der Wanderkart­e in der Hand erklärt er den anderen, wann sie nach rechts oder links abbiegen müssen.

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