Luxemburger Wort

Top-Ensemble Capella de la Torre eröffnet Konzertrei­he

Das Festival rund um die Alte Musik von Renaissanc­e und Barock lockt mit einer außergewöh­nlichen Marionette­n-Operninsze­nierung

- Von Daniel Conrad

Einmal mehr sind es die Entdeckung­en, die Rosch Mirkes bei seinen Reisen auftut: „Ich hätte erst nicht für möglich gehalten, was das für ein schöner Genuss sein kann“, schwärmt der Mastermind hinter den Rencontres Musicales de la Vallée de l‘Alzette (RMVA). Die seit 2001 bestehende Luxemburge­r Musikreihe rund um die Alte Musik aus den Stilepoche­n Renaissanc­e und Barock wird 2024 mit einem ungewöhnli­chen Projekt bereichert. Marionette­n, gespielt von den Spezialist­en des Ensembles Buchty a Loutky, kommen für die HändelOper „Acis & Galatea“zum Einsatz.

„Acis & Galatea“? Das ist jetzt kein gängiger Händel-Klassiker. „Man kennt die großen Händel-Opern, aber das hier ist wirklich eine Entdeckung im Kleinen. Insbesonde­re auch, weil sie durch das Marionette­nspiel eine ganz besondere Atmosphäre und auch großen Witz bekommt, den man rein von der Handlungsb­eschreibun­g gar nicht erwarten würde. Und das hat mich bei meinem ersten Besuch der Inszenieru­ng so gefesselt, dass ich die Truppe gefragt habe, ob sie vielleicht nach Luxemburg kommen würde.“

Mirkes’ Bitte wurde erhört. Und mit dem Mierscher Kulturhaus steht dann ausnahmswe­ise keine Kirche wie sonst bei den RMVA als Aufführung­sort im Fokus, sondern ein voll ausgerüste­tes Kulturzent­rum. In dem lässt sich solch eine Inszenieru­ngsform auch dank der Logisitik wie Licht und Bühneneinr­ichtung perfekt umsetzen. „Das Mierscher Kulturhaus hat uns über die Jahre immer wieder als Spielstätt­e Raum geboten. Und ich freue mich, dass wir dann auch das Vertrauen mit so einem Projekt unterstrei­chen können“, betont Mirkes.

Diese und andere Preziosen des Musikschaf­fens zwischen 1500 und 1700, aufgeführt von profession­ellen Ensembles und starken Solisten, bleiben das Markenzeic­hen der Reihe. „Aber natürlich müssen wir schon schauen, wie wir planen. Eine Reihe wie die RMVA überlebt nur, wenn sie dauerhaft eine hohe Qualität bietet. Das zeigt sich eben nicht nur an Namen wie dem Counterten­or Alex Potter oder jungen Aufsteiger-Ensembles, sondern auch in der Repertoire-Wahl. Solche Werke sind sonst kaum zu hören, bieten Musikerfah­rungen, die anders sind. Auch wenn das Genre als Nische verstanden wird, braucht es bei diesen Erfahrunge­n auch eine gewisse Zugänglich­keit für ein breites Publikum. Solche Projekte wie die Marionette­n-Inszenieru­ng von Händels Oper locken vielleicht dann einen ganz anderen Kundenkrei­s. Und das erscheint mir wichtig über das Festival an sich hinaus“, sagt Mirkes.

Ebenso ungewöhnli­ch: der Ansatz des diesjährig­en Eröffnungs­konzerts am 14. Januar. Die Capella de la Torre ist zu Gast – und nicht nur die Auszeichnu­ngen für deren Arbeit werben für ihr Projekt. Ihr Programm ist mit „The Elements“überschrie­ben. Dabei tauchen die Musikerinn­en und Musiker in die Gedankenwe­lt einer Zeitenwend­e ein. „Die Theorie, die Welt sei aus vier Elementen zusammenge­setzt, wird ursprüngli­ch dem griechisch­en Philosophe­n Empedokles von Akragas (495-435 v. Chr.) zugeschrie­ben. Sie sollte, in der Wis

Eine Reihe wie die Rencontres Musicales de la Vallée de l‘Alzette überlebt nur, wenn sie dauerhaft eine hohe Qualität bietet. Rosch Mirkes, Verantwort­licher Leiter RMVA

senschaft schnell anerkannt und von Platon (428-348 v. Chr.) mit weiteren Details versehen, für mehr als zwei Jahrtausen­de Gültigkeit behalten. Der Grund dafür ist, dass die Vier-Elementen-Lehre außerorden­tlich plausibel, weil intuitiv einsehbar ist: Erde, Wasser und Luft bieten allen Geschöpfen Lebensraum und Nahrung; ihnen gegenübers­teht die alles verändernd­e Energie des Feuers“, schreibt die Truppe zum Ausgangspu­nkt.

Die Phase zwischen dem 15. und 17. Jahrhunder­t sei dann eine Zeit des Umbruchs im Geistesleb­en überhaupt gewesen – „weil mittelalte­rliches und antikes Denken noch ebenso präsent sind wie die neuen Ideale der Renaissanc­e, heidnische Mythen ebenso gelten wie christlich­er Glaube und Ritus.“Und das präge sich dann auch in der Musik aus, die das Ensemble unter den vier Elementen zusammentr­ägt und zu Gehör bringt.

Auffällig in dieser RMVA-Saison: Es singt kein Chor oder Vokalensem­ble. Mirkes hat unter anderem seine Leitungsfu­nktionen bei dem Ensemble Vocal du Luxembourg aufgegeben. „Da lagen früher natürlich Zusammenar­beiten nahe. Und ja, 2024 ist kein Chor dabei. Aber dafür sind bei den Planungen für die nächste Saison schon so weit, dass ich zumindest verraten kann, dass sich Chorfans auf ein wirklich weltberühm­tes Ensemble freuen dürfen. Solche Profis nach Luxemburg zu bekommen, ist auch für andere Veranstalt­er nicht leicht. Umso mehr freut es mich, wenn wir den Namen öffentlich bekannt geben können.“

Die Festivalte­rmine und mehr

Sechs Konzerte reihen sich diesmal unter dem Dach der RMVA zusammen. Allesamt besetzt mit waschechte­n Spezialist­en des Genres.

14. Januar, Lintgen, 17 Uhr, Kirche St. Pierre: Capella de la Torre, „The Elements“, Programm mit Musik des 15. bis 17. Jahrhunder­ts rund um historisch­es Wissen und Denken zur Schöpfung und zum Menschen.

28. Januar, Lorentzwei­ler, 17 Uhr, Kirche St. Laurent: Ludus instrument­alis mit dem Vokalsolis­ten Tobias Berndt (Bass), Arien und Kantaten von Erlebach, Bruhns, Goldberg und Bach.

4. Februar, Walferding­en, 17 Uhr, Dreifaltig­keitskirch­e: Ensemble Continuum mit dem Counterten­or Alex Potter, u.a. Vokalmusik der Zeitenwend­e um 1600.

18. Februar, Mersch, 17 Uhr, Kulturhaus: Ensemble Delectus Cantionum (Collegium Marianum und Buchty a Loutky), Oper Acis & Galatea als Marionette­ntheater.

3. März, Colmar-Berg, 17 Uhr, Kirche St. Michel: RedHerring baroque, Werke u.a. von Couperin, Lully und Marais.

17. März, Steinsel, 17 Uhr, Kirche St. Pierre: Les Muffatti – Brussels baroque orchestra, Werke von Johann Sebastian Bach.

Das Abo (erhältlich per E-Mail an info@rmva.lu) für alle sechs Konzerte kostet 144 Euro, vier Konzerte nach Wahl sind zum Preis von 108 Euro zu haben. Einzeltick­ets gibt es jeweils für 30 Euro (15 Euro erm., Kulturpass möglich) unter anderem über www.ticketregi­onal.lu. Alle weiteren Infos finden sich unter:

www.rmva.lu

 ?? ??
 ?? Foto: Anna-Kristina Bauer ?? Die Capella de la Torre rückt die vier klassische­n Elemente in den Blick.
Foto: Anna-Kristina Bauer Die Capella de la Torre rückt die vier klassische­n Elemente in den Blick.
 ?? Foto: Peter B. Kossok ?? Einer der Vokalsolis­ten der Saison: der Bass Tobias Berndt.
Foto: Peter B. Kossok Einer der Vokalsolis­ten der Saison: der Bass Tobias Berndt.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg