„Sechs Augen sehen mehr als zwei“
Die ehemalige Tophandballerin Chris Poos ist jetzt als Trainerin von Käerjengs Frauen erfolgreich. Besonders wichtig ist ihr die Arbeit im Team
Von einsamen Entscheidungen hält sie nichts. Chris Poos legt Wert auf die Meinung der Kolleginnen. „Wir sind ein Trainerteam“, betont die frühere Spitzenhandballerin, die seit Mitte September als Coach der Frauen des HB Käerjeng im Einsatz ist. Als Nachfolgerin des zurückgetretenen Boris Becirovic kümmert sie sich zusammen mit Buba Jurleta und Laura Vanoli um die Mannschaft des amtierenden Meisters der Axa League.
„Wir ergänzen uns gut, weil wir verschiedene Sichtweisen haben“, sagt Poos. Die Arbeit als gleichberechtigtes Trio ist ihrer Ansicht nach ein Vorteil, der den Spielerinnen zugutekommt. „Da ist nicht nur eine Trainerin, die alles im Blick haben muss, sondern drei. Sechs Augen sehen mehr als zwei“, erklärt die 55-Jährige.
Vanoli kümmere sich um die Fitness der Spielerinnen, Jurleta und sie selbst teilen sich „den Rest“, so Poos. Wobei sie als ehemalige Feldspielerin vor allem diese Sichtweise einbringe, Ex-Keeperin Jurleta jene der Torhüterin. Mit diesem Konzept sind sie bisher gut gefahren. Käerjeng ging als Tabellenführer ins Kalenderjahr 2024. An diesem Samstag (18 Uhr) will der 34-malige Meister die Pole Position gegen den stärksten Rivalen verteidigen. Käerjeng empfängt Verfolger HB Düdelingen zum Topspiel.
Das Hinrunden-Duell hatte Düdelingen 28:26 gewonnen. Käerjeng hatte damals eine schwere Zeit. Denn unmittelbar vor dem Ligastart hatte Trainer Becirovic überraschend aufgehört. Dabei hatte er sein Amt als Nachfolger von Zoran Radojevic erst kurz zuvor angetreten. Die bisherige Assistenztrainerin Jurleta übernahm. Poos war damals im Urlaub im Ausland und las die Nachricht online. „Weil Buba und ich gute Freundinnen sind, habe ich ihr geschrieben und viel Erfolg gewünscht“, erzählt Poos. Sie und Jurleta hatten früher viele Jahre zusammen in Niederkerschen gespielt.
Als die ehemalige Mannschaftskollegin sie um Hilfe bat, sprang Poos kurzfristig ein. Es musste schnell gehen. Die Europacupspiele beim griechischen Club Thessaloniki standen bevor, anschließend folgte das Liga-Duell gegen Düdelingen. „Die Veränderungen waren nicht einfach für die Mannschaft. Die Spielerinnen haben sich auch gefragt, warum der Trainer nach eineinhalb Monaten schon wieder weg war“, so Poos. Zuvor hatte die Mannschaft in fünf Jahren mit Radojevic zahlreiche Titel geholt. Becirovic hatte dann einen anderen Stil, Poos und Co. wiederum ihre eigene Ansicht vom Handball. „Die Spielerinnen mussten mich kennenlernen und ich musste sie kennenlernen.“
Inzwischen hat sich alles eingespielt, wie Tina Welter berichtet. „Wir trainieren gut. Ich glaube, die ganze Mannschaft ist zufrieden“, sagt die Außenspielerin. Poos kommuniziere sehr gut, gehe auf Vorschläge der Spielerinnen ein und führe auch Einzelgespräche. „Die Stimmung ist super“, so Welter.
Wendepunkt in Griechenland
Zunächst hatte sich Poos bereit erklärt, für die Europacupspiele zur Verfügung zu stehen. Auf der Griechenland-Reise konnte sie beobachten, wie die Spielerinnen miteinander umgingen und was ihren Charakter ausmacht. Sie sah die größte Stärke des Teams: „Die Mentalität, die Motivation und der Zusammenhalt, den die Spielerinnen haben.“
Poos wollte die Mannschaft nicht im Stich lassen, obwohl sie selbst beruflich stark eingespannt ist und wenig Zeit hat. Nach den ersten Spielen entschied das Trainerinnen-Team, bis zum Saisonende weiterzumachen. Auch der Verein liegt Poos am Herzen. Sie hatte außer in der Saison 1998/99, als sie für Trier in der zweiten Bundesliga antrat, ihre gesamte Handball-Karriere bei Käerjeng beziehungsweise dem Roude Léiw Bascharage verbracht.
Sie verfolgte den internationalen Handballsport auch nach dem Ende der aktiven Laufbahn intensiv, war bei Europameisterschaften und Olympischen Spielen als Zuschauerin vor Ort. „Frauenhandball ist in den letzten Jahren viel schneller geworden. Es ist Wahnsinn, wie sich das entwickelt hat“, so Poos.
Die Ex-Nationalspielerin freut sich, dass die Luxemburger Handballerinnen heute Möglichkeiten haben, die sie selbst als junge Frau nicht hatte. „Ich finde es fantastisch, dass der Verband momentan so viel in die verschiedenen Kader investiert, weil ich das zu meiner Zeit so vermisst habe“, sagt sie. „Damals war es kompliziert. Mal
Frauenhandball ist in den letzten Jahren viel schneller geworden. Es ist Wahnsinn, wie sich das entwickelt hat. Chris Poos