Luxemburger Wort

Sekt schlürfend­e, segelnde Rentner

Jeder hat das Recht auf eine angemessen­e, für seinen Lebensaben­d und seine Verhältnis­se ausreichen­de Rente

- François Crelo, Knaphosche­id

Dass eine Rentendeba­tte unausweich­lich ist, da bin ich mit Ihnen einverstan­den. In dieser Hinsicht habe ich volles Vertrauen in die Sozialpart­ner, dass diese im Interesse der arbeitende­n Bevölkerun­g, also der zukünftige­n Rentner sowie der jetzigen Rentner, eine für alle Parteien zufriedens­tellende Lösung oder Lösungen erarbeiten und umsetzen.

Was mich aber an Ihren Artikeln stört, ist die Stigmatisi­erung der verwöhnten, auf einem Segelboot Sekt schlürfend­en Luxemburge­r Rentner, die durch das real erhöhte 53,8 prozentige Median-Einkommen der letzten 20 Jahre anscheinen­d auf Kosten der arbeitende­n Bevölkerun­g alle in Saus und Braus leben.

Es gibt in unserem Land Rentner, die vom Armutsrisi­ko betroffen sind und es gibt Rentner, die nach einer langen schwierige­n Berufslauf­bahn teilweise krankheits­halber in Rente gehen mussten und unter prekären Bedingunge­n Ihren Lebensaben­d verbringen müssen.

Auch sollte man sich die Frage stellen, warum dieser Unterschie­d bei einer Steigerung der realen Einkommen von 53,8 Prozent bei einem Wachstum der aktiven Bevölkerun­g von nur 16,7 Prozent zustande gekommen ist.

Ich habe in meiner Berufslauf­bahn die Liberalisi­erung in einigen Bereichen (Post, Bahn …) erleben müssen. Gute, sozial sowie finanziell sehr gut abgesicher­te Berufe und Laufbahnen wurden auf dem Altar der Liberalisi­erung durch prekäre Arbeitsver­träge und Bedingunge­n ersetzt, wobei die Lohnverhäl­tnisse bei weitem nicht mehr denen vor dieser Liberalisi­erungswell­e entsprache­n. Objektiver Journalism­us setzt sich in dieser Debatte auch mit diesen Fakten auseinande­r, wodurch dieser Unterschie­d entstanden ist.

Diesen Keil, den Sie treiben zwischen dem Wohlstands­drang früherer Generation­en, also de facto den heutigen und früheren Rentnern, und der arbeitende­n Bevölkerun­g, gehört nicht in eine Rentendeba­tte. Auch heute möchte die arbeitende Bevölkerun­g ein angemessen­es Leben mit den entspreche­nden Mitteln führen. Dieser Wohlstands­drang ist Teil unserer Gesellscha­ft, Ihn zu durchbrech­en ist sehr schwer zu bewerkstel­ligen. Also werfen Sie es nicht den früheren Generation­en vor.

Die Diskussion muss geführt werden, von den Sozialpart­nern im Einklang mit der ganzen Gesellscha­ft. Jeder soll und muss das Recht auf eine angemessen­e für seinen Lebensaben­d und seine Verhältnis­se ausreichen­de Rente haben. Vielleicht muss und wird jeder, auch die Rentner, nach sozialer Staffelung einen Beitrag dazu leisten.

Dies ist eine Reaktion zum Artikel „Luxemburge­r Rentner sind außerorden­tlich verwöhnt“vom 6. Januar 2024 und zum Leitartike­l „Die Rentendeba­tte ist unausweich­lich“vom 10. Januar 2024 über die Rentendeba­tte.

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Foto: Shuttersto­ck

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