Luxemburger Wort

Umlage- oder Kapitaldec­kungsverfa­hren in der Rentendeba­tte

Eine individuel­l finanziert­e Aktienrent­e einzuführe­n ist ein hochriskan­tes Vabanquesp­iel

- Frank Bertemes, Kruuchten

„Der Ruhestand ist das einzige Lebensalte­r, in dem alle Menschen gleich sind – bis auf die Höhe der Rente.“(Ernst Reinhardt – freier Publizist)

Die Rentendeba­tte ist eröffnet. Reizthema: Die zukünftige Finanzieru­ng unserer Altersvers­icherung. Damit verbunden ist das System, das Modell der Altersvors­orge. Unser aktuelles System ist umlagefina­nziert, d.h. die heute Erwerbstät­igen zahlen in die Rentenkass­e ein, das einbezahlt­e Geld wird dann an die Rentnergen­eration ausbezahlt.

Wie üblich warnt die OECD vor den Gefahren des Luxemburge­r Rentensyst­ems, ein Zustand, den die Organisati­on als eine „tickende Zeitbombe“bezeichnet. Eine Steilvorla­ge für die Luxemburge­r Handelskam­mer und den Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF), die darüber hinaus die „Gerechtigk­eit zwischen den Generation­en“in Gefahr zu sehen meinen. Das übliche Narrativ des neoliberal­en Wirtschaft­ssystems, das mit Nachdruck unser staatliche­s, vor allem solidarisc­hes, weil auf dem Generation­envertrag basierende­s Umlageverf­ahren der gesetzlich­en Rentenvers­icherung nicht mehr unterstütz­en will.

Wissenscha­ftlich betrachtet, beinhaltet unser System in ihrer ersten Säule schon das menschlich­e Grundprinz­ip der Generativi­tät, meint der Fähigkeit, sich der gegenseiti­gen Abhängigke­it der Generation­en voneinande­r bewusst zu sein, daraus Verantwort­ung abzuleiten und fürsorglic­h gegenüber Menschen einer anderen Generation zu sein.

Allein deshalb schon ist die Idee, eine individuel­l finanziert­e Aktienrent­e einzuführe­n, ein hochriskan­tes Vabanquesp­iel, das eine spätere Altersarmu­t zu provoziere­n droht und kann demnach keine politische Option sein. Die erste Säule nachhaltig zu stärken und die Generation­ensolidari­tät zu erhalten, allerdings durchaus. Denn das entspricht eben dem Prinzip der Generativi­tät.

In dem Sinne ist es nur normal, dass die Gewerkscha­ften sich dezidiert für unser bewährtes Rentensyst­em einsetzen, das es gegen das Risikomode­ll der Kapitaldec­kung zu verteidige­n gilt.

Dies ist eine Reaktion zum Leitartike­l „Die Rentendeba­tte ist unausweich­lich“vom 10. Januar 2024.

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Foto: Shuttersto­ck

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