Umlage- oder Kapitaldeckungsverfahren in der Rentendebatte
Eine individuell finanzierte Aktienrente einzuführen ist ein hochriskantes Vabanquespiel
„Der Ruhestand ist das einzige Lebensalter, in dem alle Menschen gleich sind – bis auf die Höhe der Rente.“(Ernst Reinhardt – freier Publizist)
Die Rentendebatte ist eröffnet. Reizthema: Die zukünftige Finanzierung unserer Altersversicherung. Damit verbunden ist das System, das Modell der Altersvorsorge. Unser aktuelles System ist umlagefinanziert, d.h. die heute Erwerbstätigen zahlen in die Rentenkasse ein, das einbezahlte Geld wird dann an die Rentnergeneration ausbezahlt.
Wie üblich warnt die OECD vor den Gefahren des Luxemburger Rentensystems, ein Zustand, den die Organisation als eine „tickende Zeitbombe“bezeichnet. Eine Steilvorlage für die Luxemburger Handelskammer und den Internationalen Währungsfonds (IWF), die darüber hinaus die „Gerechtigkeit zwischen den Generationen“in Gefahr zu sehen meinen. Das übliche Narrativ des neoliberalen Wirtschaftssystems, das mit Nachdruck unser staatliches, vor allem solidarisches, weil auf dem Generationenvertrag basierendes Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr unterstützen will.
Wissenschaftlich betrachtet, beinhaltet unser System in ihrer ersten Säule schon das menschliche Grundprinzip der Generativität, meint der Fähigkeit, sich der gegenseitigen Abhängigkeit der Generationen voneinander bewusst zu sein, daraus Verantwortung abzuleiten und fürsorglich gegenüber Menschen einer anderen Generation zu sein.
Allein deshalb schon ist die Idee, eine individuell finanzierte Aktienrente einzuführen, ein hochriskantes Vabanquespiel, das eine spätere Altersarmut zu provozieren droht und kann demnach keine politische Option sein. Die erste Säule nachhaltig zu stärken und die Generationensolidarität zu erhalten, allerdings durchaus. Denn das entspricht eben dem Prinzip der Generativität.
In dem Sinne ist es nur normal, dass die Gewerkschaften sich dezidiert für unser bewährtes Rentensystem einsetzen, das es gegen das Risikomodell der Kapitaldeckung zu verteidigen gilt.
Dies ist eine Reaktion zum Leitartikel „Die Rentendebatte ist unausweichlich“vom 10. Januar 2024.