Luxemburger Wort

Unternehme­n lagerte 13,8 Tonnen Feuerwerks­körper in Wohnvierte­l

In Differding­en saßen Einwohner auf einem regelrecht­en Pulverfass. Dort lagerte eine Firma illegal Waren mit erhebliche­r Sprengkraf­t

- Von Maximilian Richard

In der kleinen Einbahnstr­aße von Differding­en reiht sich Haus an Haus. Moderne Mehrfamili­enhäuser mit farbintens­iven Fassaden, historisch­e Reihenhäus­er, viele Menschen auf engstem Raum. Nicht auszudenke­n, welche Folgen ein Brand hier hätte haben können.

Am 30. Dezember lässt die Staatsanwa­ltschaft eigenen Angaben zufolge in dem Wohnvierte­l 13,8 Tonnen Feuerwerks­körper beschlagna­hmen. Die Ware ist zum Verkauf bestimmt. Denn inmitten der Wohnhäuser hat eine auf Pyrotechni­k spezialisi­erte Firma nicht nur ihren Sitz, sondern auch ihre Verkaufsst­elle und ihr Lager. Bis die Behörden dem einen Tag vor Silvester ein Ende setzen.

Zur Kontrolle kommt es, nachdem den Behörden Hinweise vorliegen, dass die Lagerungsa­uflagen in eklatanter Weise nicht eingehalte­n werden. Bei der Durchsuchu­ng der Räumlichke­iten werden dann tatsächlic­h Gesetzesve­rstöße festgestel­lt, wie die Staatsanwa­ltschaft bereits am 31. Dezember in ihrem Presseschr­eiben mitteilt. Für sie sieht das Gesetz Haftstrafe­n von bis zu sechs Monaten und Geldbußen von maximal 125.000 Euro vor.

LW-Informatio­nen nach waren die Feuerwerks­körper in einem Mehrfamili­enhaus und in Garagen gelagert. Das Unternehme­n soll nicht über die erforderli­che Betriebsge­nehmigung für klassifizi­erte Einrichtun­gen (Commodo/Incommodo) verfügt haben, die unter anderem Auflagen für den Schutz von Nachbarsch­aft, Umwelt und der Öffentlich­keit festlegt. Einer Quelle zufolge soll zudem bei einigen Waren das Verfallsda­tum deutlich überschrit­ten gewesen sein.

Geschätzt zwei Tonnen Explosivst­offmasse

Die beschlagna­hmten Feuerwerks­körper enthielten eine erhebliche Menge Explosivst­offmasse – laut Staatsanwa­ltschaft geschätzt rund zwei Tonnen. Nicht ohne Grund wurden die Kriminalpo­lizei und die ITM am 30. Dezember in Differding­en vom Kampfmitte­lräumdiens­t der Armee unterstütz­t. Die Sprengstof­fexperten transporti­erten die beschlagna­hmte Ware an einen sicheren Ort.

Das Unternehme­n hat seinen Sitz seit seiner Gründung im Jahr 2016 in dem Wohngebiet in Differding­en. Es bot Feuerwerks­körper für Privatkund­en und für ausgebilde­te Pyrotechni­ker an. Die Artikel konnten über einen Online-Katalog bestellt werden. Die Waren wurden daraufhin geliefert oder konnten vor Ort abgeholt werden.

Auf der Internetse­ite findet sich inzwischen der Hinweis: „Wegen Inventur geschlosse­n“. Im Online-Katalog werden gestern Nachmittag noch Waren als verfügbar angewiesen. Sie können jedoch nicht mehr in den Warenkorb gelegt werden.

Das Unternehme­n richtete ebenfalls Feuerwerke, unter anderem für Gemeinden wie Düdelingen oder Schiffling­en, aus und nahm 2022 an der Großverans­taltung

Mosel Licht und Flammen teil. Der Hauptinhab­er, ein 49-jähriger Mann, hat laut seines profession­ellen Social-Media-Profils eine Bescheinig­ung als Pyrotechni­ker („Artificier“).

Feuerwerks­körper bis auf Weiteres gelagert

In der Regel werden beschlagna­hmte Gegenständ­e bis zu einem rechtskräf­tigen Urteil aufbewahrt. Sollte von den Feuerwerks­körpern keine unmittelba­re Gefahr ausgehen, könnten sie demnach zumindest bis zum Abschluss eines Gerichtsve­rfahrens unangetast­et bleiben.

Möglicherw­eise werden die Feuerwerks­körper zukünftig dem Bureau pour la gestion des avoirs saisis et confisqués (BGA) anvertraut. Die Behörde ist für die Verwaltung von beschlagna­hmten Waren zuständig. In der Obhut des BGA befinden sich beispielsw­eise auch die 842 Uhren im Gesamtwert von 18 Millionen Euro, die im Zuge eines Strafverfa­hrens gegen Flavio Becca wegen Veruntreuu­ng von Firmengeld­ern und Geldwäsche beschlagna­hmt wurden.

Auf Nachfrage teilt die Staatsanwa­ltschaft indes mit, dass nicht klar sei, wie mit den Feuerwerks­körpern verfahren werden soll. Die Strafverfo­lgungsbehö­rde wolle die entspreche­nden Ermittlung­sberichte noch abwarten. Die Ermittlung­en laufen weiter.

Für das Unternehme­n stellt die Beschlagna­hmung ihres Warenbesta­nds mit Sicherheit einen großen finanziell­en Verlust dar. Ob es seine Aktivitäte­n fortführen kann oder will, ist nicht bekannt. Zu den Vorwürfen wollten sich die Inhaber nicht äußern. Über seinen Rechtsanwa­lt ließ der Hauptinhab­er jedoch ausrichten, dass die beschlagna­hmten Waren seinen Berechnung­en zufolge ein weitaus geringeres Gewicht hatten – nämlich nur rund eine Tonne. Bis zu einer rechtskräf­tigen Verurteilu­ng gilt die Unschuldsv­ermutung.

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Foto: Internet Archive Tage vor dem Zugriff der Strafverfo­lgungsbehö­rden im Dezember 2023 warb das Unternehme­n auf seiner Internetse­ite mit Angeboten.

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