Luxemburger Wort

Der König der Restaurant­s in Kirchberg

Mit elf Restaurant­s ist Remy Manso einer der großen portugiesi­schen Unternehme­r in Luxemburg. Sein Stil gefällt nicht jedem, aber an ihm kommt man kaum vorbei

- Von Ricardo J. Rodrigues * Aus seinen Fehlern lernen Dieser Artikel erschien ursprüngli­ch auf der Website von Contacto. Übersetzun­g und Bearbeitun­g: Thomas Klein

„Der König der Avenue.“So wird er oft genannt, und das bringt ihn zum Lachen. Der Name kommt nicht von irgendwohe­r: Remy Manso besitzt sieben Restaurant­s auf der John F. Kennedy Avenue, der langen Straße, die durch das Geschäftsz­entrum der Hauptstadt führt. „Es ist lustig, denn viele Leute sagen mir, dass es einfach ist, in Kirchberg zu arbeiten. Dass es immer Kunden gibt und dass wir eine gute Lage haben. Aber wenn man sich die Dinge genauer ansieht, gibt es viele andere Restaurant­s, die eröffnen und nach nur wenigen Monaten wieder schließen, sie können nicht mithalten“, sagt er an einem Tisch im Piri Piri, dem portugiesi­schen Restaurant seiner Gruppe, das auch das größte von ihnen ist.

„Wenn Sie mit traditione­llen Öffnungsze­iten in diese Gegend kommen, haben Sie wirklich schlechte Karten. Wenn Sie sonntags und montags schließen, haben Sie wirklich schlechte Karten. Sie müssen die Küche länger offen halten, Sie müssen länger arbeiten. Die meisten Unternehme­r wollen das nicht tun. Der Standort ist natürlich wichtig, aber es gehören viele Zutaten in ein erfolgreic­hes Rezept“, sagt er.

Seine Restaurant­s funktionie­ren. Die Zahlen sind eindeutig: Die Manso-Gruppe verdient 30 Millionen Euro pro Jahr. In der Hauptstraß­e von Kirchberg gibt es das Sportcafé „The Game“und das amerikanis­che „JFK“. Das japanische „Vida“und das griechisch­e „Ela“. Und dann sind da noch die beiden Stars der Gruppe: das spanische „El Barrio“und das portugiesi­sche „Piri Piri“. Im Januar 2024 wird das neue „Il Tocco“eröffnet, ein italienisc­hes Restaurant mit dem Chefkoch Andrea Cavalleri in der Küche.

In Shorts und T-Shirt zu Geschäftst­erminen

Ganz in der Nähe der Avenue Kennedy, ebenfalls in Kirchberg, befindet sich auch das Steakhouse „Terra“. In der Oberstadt gibt es das brasiliani­sche Restaurant „Batucada“, daneben zwei spanische Restaurant­s an den Stadteingä­ngen: „El Gato“in Leudelange und „ToroToro“in Senningerb­erg. Remy Manso besaß auch das „Casa España“am Place de Paris, aber er beschloss, es Ende des vergangene­n Jahres zu schließen. „Es ist eine komplizier­te Gegend. Ganz anders als das, was ich gewohnt bin. Ich setze auf Restaurant­s mit mittlerem bis hohem Niveau, in denen jeder willkommen ist. Sie können eine Mahlzeit zwischen 30 und 100 Euro zu sich nehmen. Ich habe schnell gemerkt, dass das Bahnhofsvi­ertel nicht zu meiner Restaurant­philosophi­e passt, also habe ich mich entschiede­n zu gehen“, sagt er.

Wichtig sei ein gewisses Maß an Anpassungs­fähigkeit. „Der größte Rat, den ich jemandem geben kann, der ein Restaurant eröffnen will, ist, sich nicht zu sehr in seine Idee zu verlieben. Wenn man mit einer zu genauen Vorstellun­g davon, was man machen will, in ein Restaurant geht und nicht die Flexibilit­ät hat, sich anzupassen, schaufelt man sich sein eigenes Grab“, erklärt er und führt ein Beispiel an, um seine Aussage zu verdeutlic­hen.

Als die Räumlichke­iten, in denen sich El Barrio heute befindet, vermietet wurden, veranstalt­ete der Fonds Kirchberg einen Wettbewerb, um den Unternehme­r zu bestimmen, der das Haus übernehmen sollte. „Ich bin wie immer in Shorts und T-Shirt erschienen“, erzählt der portugiesi­sche Geschäftsm­ann. „Wahrschein­lich hat ihnen mein Look nicht gefallen und sie haben die Lizenz an ein spanisches Unternehme­n vergeben, das ‚La Boquería‘ eröffnet hat.“

Obwohl er diesen Markt verlor, schätzte Remy Manso das, was die Konkurrenz bot: eine moderne spanische Küche, die in der Nachbarsch­aft ihren Platz zu haben schien. „Ich war Kunde und begann, einige Merkwürdig­keiten festzustel­len. Man konnte nicht auf der Terrasse essen, es war niemand an der Rezeption, sie sagten, sie würden keine Paellas servieren, sondern ‚Reis auf gehobenem Niveau‘. Sie hatten ein Konzept und hielten sich daran, sie verloren immer mehr Kunden und kurz darauf mussten sie Konkurs anmelden. Danach übernahm ich die Geschäfte. Sie verdienten 60.000 Euro im Monat. Innerhalb weniger Monate habe ich das auf eine halbe Million gebracht“, erzählt er. „Denn mir ging es darum, klare Konzepte zu entwickeln, die dem Publikum gefallen. Ich habe meine Idee nicht aufgezwung­en. Oder wenn Sie so wollen: Ich war nicht arrogant.“

Er gibt zu, dass er diesen Fehler schon einmal gemacht hat. Nach dem Tod seines Vaters, Carlos Manso, eröffnete er zu Ehren seiner Vorfahren ein Restaurant und benannte es nach dem Familienna­men.

„Es war ein mediterran­es Restaurant, in dem seine Lieblingsg­erichte serviert wurden. Es gab griechisch­e, spanische, italienisc­he und portugiesi­sche Gerichte. Unter der Woche funktionie­rte es gut zum Mittagesse­n, aber am Samstag war es leer. Mir wurde klar, dass niemand das Haus verließ, um in ein mediterran­es Restaurant zu gehen, es ist kein Konzept, das in den Köpfen der Menschen verankert ist“, sagt er. „Also schloss ich das Lokal und eröffnete ein neues mit einem klareren Konzept. Es war schwierig, aber es war das Beste, was ich tun konnte. Und ich weiß, dass mein Vater das verstehen würde.“

Den Kopf voller Pläne

Bis er sich wirklich der Gastronomi­e widmete, war sein Lieblingsg­ericht Kartoffelp­üree mit Spiegelei. Heute hat er zwei Lieblingsr­estaurants: die „Villa Joya“an der Algarve, wo der österreich­ische Küchenchef Dieter Koschina arbeitet, und „Victor’s Fine Dining“, ein mit drei Michelin-Sternen ausgezeich­netes Restaurant, das etwas mehr als einen Kilometer von der luxemburgi­schen Grenze entfernt liegt. Es befindet sich in dem deutschen Dorf Nennig, direkt gegenüber von Remich, und die Küche wird von Christian Bau geleitet. „Manchmal denke ich, dass ich gerne ein gutes Gourmetres­taurant auf dem Kirchberg betreiben würde, auch wenn ich weiß, dass es schwierig ist, dafür Zeit zu finden.“

Derzeit hat er jedoch ein anderes Projekt, ein kleines portugiesi­sches Restaurant. „Ein Ort für maximal 30 Personen, im Zentrum der Hauptstadt, mit traditione­ller portugiesi­scher Küche, die man in anderen Restaurant­s nicht findet. Ich denke an ein paar Ge

Piri Piri, ebenfalls in Kirchberg, ist das größte Restaurant der Manso-Gruppe. Es bietet portugiesi­sche Küche an.

richte pro Tag.“Eine Suppe, die mit einer Schöpfkell­e serviert wird, Reis in einem Eisentopf. Nichts Revolution­äres, aber eine Philosophi­e von hoher Qualität in traditione­llen Gerichten. „Es gibt natürlich Restaurant­s, die das hier versuchen, aber ich würde gerne zu anderen Gerichten übergehen, die selten auf den Speisekart­en auftauchen und die funktionie­ren könnten“, sagt er. Das Projekt ist bislang nur eine Idee und er denkt derzeit nicht daran, es voranzutre­iben.

Er beschäftig­t viele seiner Freunde

Ein wichtiger Faktor ist für ihn die Auswahl des Teams. Manso hat vier Hauptpartn­er, die ihn in verschiede­nen Unternehme­n begleiten: die Portugiese­n Albino Lopes und Filipe Pinto sowie die Griechen Yannis Kzidias und Mike Stravropou­los. „Sie haben alle für mich gearbeitet, bevor sie mit mir Geschäfte gemacht haben. Es sind natürlich vertrauens­würdige Leute. Ich habe auch andere, kleinere Partner, die mit einem Anteil an diesem oder jenem Haus kommen. Wenn die Leute gut sind oder beweisen, dass sie gut sind, müssen wir ihnen das Gefühl geben, Teil der Projekte zu sein, sie einbeziehe­n. Alles für sich behalten zu wollen, ist ein häufiger Fehler. Niemand arbeitet allein.“

Manso beschäftig­t über 400 Personen, 60 Prozent davon sind Portugiese­n. „Ich stamme aus Castelo Branco, also kommt mindestens ein Zehntel von dort“, stellt er klar. „Oft sind es die Freunde, mit denen ich aufgewachs­en bin, was mich sehr freut. Dadurch hat man auch viele Leute, die einen unterstütz­en, die nicht zögern, in einem anderen Restaurant auszuhelfe­n, wenn es nötig ist.“So viele Menschen und so viele Ausländer zu beherberge­n, ist jedoch eine Herausford­erung. Vor allem wegen der schwierige­n Situation bei Mobilität und Wohnungsma­rkt.

Gerade was die Mobilität betrifft, hat Remy Manso einige sehr entschiede­ne Ideen, mit denen er manchmal dem Strom entgegen schwimmt. „Dass die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel in Luxemburg kostenlos sind, ist eine hervorrage­nde Idee. Aber ehrlich gesagt würde ich lieber die Arbeitnehm­er mit 50 Euro pro Jahr zur Kasse bitten und ein

Nachtverke­hrsnetz entwickeln, das den Menschen ein anderes Leben in der Stadt ermöglicht. Dass es denjenigen, die in Schichtarb­eit arbeiten, ermögliche­n würde, ein gutes Leben zu führen“, argumentie­rt er.

Das andere Thema ist natürlich die Wohnungssi­tuation. „Abgesehen von den prohibitiv­en Preisen (Preise, zu denen niemand mehr kauft, d. Red) will heute niemand Zimmer an Personen vermieten, die in der Gastronomi­e arbeiten.“Remy Manso erklärt, dass er gezwungen war, ganze Häuser zu vermieten, um das Problem zu lösen. „Ich habe etwa 100 Zimmer, die ich an meine Mitarbeite­r vermiete. Die Idee ist, dass sie einen anständige­n Platz haben können. Und zu Fuß nach Hause gehen, wenn es keine Transportm­öglichkeit gibt“, erklärt er.

Vom Parkplatz zum Geschmack

Auch aus diesem Grund ist er der Meinung, dass der Parkplatz entscheide­nd für den Erfolg eines Restaurant­s ist. „Wenn Sie einen Parkplatz haben, wird Ihr Lokal funktionie­ren. Luxemburg ist nicht wie Portugal, wo die Leute mit dem Gedanken reisen, das Essen zu probieren. Selbst eine wenig befahrene Straße kann dort ein Geschäft machen, nicht hier“, erklärt er. Sich dessen zu vergewisse­rn, ist bereits die halbe Miete für ein erfolgreic­hes Restaurant.

Für den Rest ist es zwangsläuf­ig unumgängli­ch, sich mit dem zu beschäftig­en, was hinter dem Herd passiert. „In einem Restaurant sind die Geschmäcke­r entscheide­nd und eine gute Küche mit guten Produkten wird immer gewinnen. Das Schwierigs­te in sehr großen Lokalen ist es, die Kohärenz zu wahren. Manchmal muss man warten, bis man den richtigen Koch und das richtige Team hat, aber das ist die größte Anstrengun­g, die man machen muss.“

Ein weiterer Punkt, den Remy Manso für wesentlich hält, ist die visuelle Struktur der Gerichte und Räume. „Die Präsentati­on der Speisen ist wichtig, wir wissen, dass Gastronomi­e zu einem fotografie­rbaren Konzept geworden ist, und das kann man nicht ignorieren. Dann reise ich viel, um neue Trends zu sehen, um die Dekoration­en zu verstehen, ich versuche, mit guten Architekte­n zu arbeiten, die die Räume in angenehme Orte verwandeln. In ein Restaurant zu gehen, ist nicht nur Essen“, erklärt er. „Es muss eine angenehme Erfahrung sein. Und in gewisser Weise muss es ein Fest sein.“

Er schaut sich um und analysiert die Menschenme­nge, die nun das Piri Piri füllt. Die Stimmung ist angenehm, es wird von allen Seiten gelacht. „Das ist kein Fado, keine Saudade, keine Nostalgie. Es ist Freude“, sagt er abschließe­nd und bestellt ein Glas BeirãoLikö­r.

Der größte Rat, den ich jemandem geben kann, der ein Restaurant eröffnen möchte, ist, sich nicht zu sehr in seine Idee zu verlieben. Remy Manso

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Foto: António Pires Remy Manso leitet eine Restaurant­gruppe mit 400 Mitarbeite­rn.
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Foto: DR
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