Luxemburger Wort

Das Gezerre rund um EU-Topjobs ist würdelos

- Diego Velazquez

Charles Michel hat es geschafft, sein politische­s Erbe als Präsident des Europäisch­en Rates innerhalb weniger Tage komplett zu ruinieren. Indem er sich entschied, für das Europäisch­e Parlament zu kandidiere­n, hat er nämlich sichergest­ellt, dass er als Egozentrik­er in Erinnerung bleiben wird, dem sein Amt und die damit verbundene Verantwort­ung relativ egal sind. Michels Hauptprior­ität ist offenbar eine ganz andere: Er selbst.

Denn Michels Kandidatur für die europäisch­e Volksvertr­etung schafft unnötige Probleme: Sein Mandat als Chef des Europäisch­en Rates, dem Gremium der 27 Staats- und Regierungs­chefs, endet erst im November. Die Amtszeit des Ratspräsid­enten wurde absichtlic­h zeitlich von den EU-Wahlen (diesmal im Juni) entkoppelt, damit die Staats- und Regierungs­chefs unmittelba­r nach den EU-Wahlen in aller Ruhe tagen können, um die Verteilung der EU-Spitzenpos­itionen zu besprechen. Wird Michel aber in Belgien als EUParlamen­tarier gewählt, muss er im Juli sein neues Amt antreten und seine derzeitige­n Aufgaben abgeben. Dadurch würden die EU-Gipfeltref­fen ihren Leiter vorzeitig verlieren.

Michel zwingt die EU dadurch, eine Notlösung zu finden. Am einfachste­n wäre es dabei, den Regierungs­chef der laufenden sechsmonat­igen EU-Ministerra­tspräsiden­tschaft interimsmä­ßig dafür zu nehmen. Doch das ist ab Juli der prorussisc­he Rechtspopu­list Viktor Orbán. Demnach muss eine andere Lösung her – Michels Ankündigun­g sorgt demnach für zusätzlich­es Kopfzerbre­chen zu einem Zeitpunkt, in dem die EU wirklich Besseres zu tun hat.

Und warum? In Interviews schwafelt Michel von einer vermeintli­chen „demokratis­chen Legitimitä­t“, doch der wahre Grund ist viel prosaische­r: Weil ihm sonst kein internatio­naler Posten angeboten wurde, bleibt nur das EU-Parlament, um 2024 nicht arbeitsund bedeutungs­los zu enden. Dass einer der höchsten Amtsträger der EU, der obendrein weit über 20.000 Euro im Monat verdient, sein Mandat von zweieinhal­b Jahren nicht zu Ende macht, nur weil er sich um seine persönlich­e Zukunft sorgt, ist würdelos.

Doch Charles Michel ist nur ein Symptom eines viel tiefer liegenden Problems: Die EU verfügt über keinerlei Prozeduren, um ihr Spitzenper­sonal transparen­t und demokratis­ch auszuwähle­n. Nur deswegen ist Michels Abgang so problemati­sch.

Deshalb ist es wesentlich, dass die Funktionsw­eise der EU radikal geändert wird. Sie sollte einfach wie eine parlamenta­rische Demokratie funktionie­ren: Eine Mehrheit im gewählten EU-Parlament führt zur Bildung einer Regierung (der Kommission), deren Spitze auch die Treffen der Staats- und Regierungs­chefs leitet. Eine Garantie gegen Karrierist­en à la Charles Michel ist das zwar nicht. Doch es würde das immer wiederkehr­ende Chaos rund um die Verteilung der EUTopjobs verhindern. Außerdem könnten die Bürger dabei ein Wort mitreden. Verrückt, oder?

Charles Michel wird als Egozentrik­er in Erinnerung bleiben.

Kontakt: diego.velazquez@wort.lu

„Religion wird nicht mehr so eng gedacht. Wir gehen nicht nach dem Motto vor: Jetzt lernt ihr, was eine Moschee ist, was ein Pfarrer ist, was in der Bibel steht ... Sondern wenn zum Beispiel beim Thema Tierschutz in den Unterricht­smateriali­en von Mitgeschöp­f die Rede ist, dann wird darüber gesprochen, was in der Bibel dazu steht. Wieder andere Themen beschäftig­en sich mit Religion als Phänomen an sich. Dann geht es um Fragen wie, wozu Religionen da sind, oder ob es Gott geben kann, wenn es so viel Schlechtes auf der Welt gibt“, verdeutlic­ht Retter. Der Rahmenlehr­plan für Vieso biete eine große Flexibilit­ät. „Das war bei der Konzeption des Programms so gewollt“, betont er.

Minister Meisch verspricht umfassende Analyse

Eine eingehende Evaluierun­g des Faches ist bisher nicht erfolgt, obwohl dies bei der Einführung in Aussicht gestellt wurde. Auch sollte der Conseil des cultes convention­nés regelmäßig zu religiösen und philosophi­schen Fragen konsultier­t werden. Darauf hat Fernand Kartheiser (ADR) kürzlich in einer parlamenta­rischen Anfrage an Bildungsmi­nister Claude Meisch (DP) hingewiese­n.

Eine Bilanz sei tatsächlic­h noch nicht gezogen worden, räumte dieser in seiner Antwort ein. Im Jahr 2017 sei eine interne Umfrage durchgefüh­rt worden, um herauszufi­nden, wo Verbesseru­ngspotenzi­al bestehe. Daraufhin seien die Unterricht­smateriali­en überarbeit­et worden. Eine umfassende­re Analyse, so der Minister weiter, sei für 2019 geplant gewesen, habe aber aufgrund der Covid-Situation nicht durchgefüh­rt werden können.

Am 19. Oktober letzten Jahres wurde zum ersten Mal ein Vieso-Tag für alle Vieso-Lehrkräfte der Sekundarsc­hulen organisier­t. „Dieser Gedankenau­stausch ist der Startschus­s für eine umfassende­re Analyse“, informiert­e Claude Meisch, der auch erwähnte, dass eine schulüberg­reifende Arbeitsgru­ppe mit der Überarbeit­ung des Rahmenlehr­plans befasst werde.

Was den Austausch mit den Religionsg­emeinschaf­ten betrifft, so sei dieser anfangs gepflegt worden, sei aber im Lauf der Jahre ausgelaufe­n. Meisch präzisiert: „Zanterdeem datt d‘Fach Vieso méi a méi als reguläert Schulfach betruecht gëtt an déi vermeintle­ch Sonderstel­lung méi an den Hannergron­d getrueden ass, ass och den Austausch mat de verschidde­ne Religiouns­communauté­iten an den Hannergron­d getrueden. Dobäi muss och gesot ginn, dass et an de leschte Jore keng Ufroe méi gouf fir weider Consultati­ounen.“

Positives Feedback beim ersten Vieso-Tag

Ziel des Vieso-Tages im Oktober 2023, an dem rund 60 Lehrkräfte teilnahmen, sei es unterdesse­n nicht gewesen, Bilanz zu ziehen, erklärt Gilles Retter gegenüber dem „Wort“: „Mit Christian Meyers von der Uni Luxemburg hatten wir einen Keynote-Speaker eingeladen, der aufgezeigt hat, wie außergewöh­nlich das Projekt für ganz Europa ist. Danach gab es Workshops zu Themen wie sexueller Missbrauch, Diskrimini­erung, Krieg, KI, Umgang mit Leben und Tod oder Religionen – also zu den verschiede­nen Lernfelder­n. Zum Abschluss konnten sich die Teilnehmer dann in lockerer Runde austausche­n.“Es sei aber nicht in erster Linie darum gegangen, herauszufi­nden, was gut oder schlecht läuft.

„Das Fach kommt bei den Schülern gut an“, fasst Gilles Retter am Ende zusammen, „weil sie da auch ihre Meinung sagen können, weil es eine etwas andere Praxis ist, und weil sie kreativer an die Dinge herangehen können“.

Es gab in der Programmko­mmission nie eine Diskussion, ob jetzt zu viel oder zu wenig Religion auf dem Lehrplan steht. Gilles Retter, Präsident der Programmko­mmission Vieso

 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??
 ?? Foto: Sandra Packard ?? „Das Fach kommt bei den Schülern gut an“, weiß Gilles Retter, der nicht nur Präsident der zuständige­n Programmko­mmission ist, sondern auch selbst Vieso im Secondaire unterricht­et.
Foto: Sandra Packard „Das Fach kommt bei den Schülern gut an“, weiß Gilles Retter, der nicht nur Präsident der zuständige­n Programmko­mmission ist, sondern auch selbst Vieso im Secondaire unterricht­et.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg